Folge 3: Veilchen – heimliche Zuneigung
Veilchen gelten als Inbegriff für Bescheidenheit und Demut, blühen sie doch sprichwörtlich im Verborgenen.
Das Duftveilchen, Viola odorata, ist eigentlich in Mitteleuropa nicht zu Hause. Es stammt aus den Mittelmeerländern, wo es stellenweise sehr weit verbreitet ist. Die Menschen in dieser Region lieben die Veilchen so sehr, dass sie ihnen Veilchenfeste gewidmet haben. Die Griechen besaßen eigene Veilchengärten. Wegen des herrlichen Duftes und seiner dunklen Blüten ernannten sie es zur Blume der Liebe. Sie verglichen das dunkle Blau mit den Augen der Geliebten. Aus diesem Grunde schenkt man Veilchen gern seinem Schatz, um ihm die erste sich regende Zuneigung zu zeigen. Eine Tochter des himmeltragenden Gottes Atlas, die wegen ihrer Schönheit bekannt war, wurde vom Sonnengott mit seinen Strahlen verfolgt. Doch sie gab sich spröde, verschmähte ihn und floh vor ihm. Als ihre Kräfte nachließen und sie dem Sonnengott nicht mehr ausweichen konnte, rief sie Zeus um Hilfe und bat ihn um Rettung. Er hatte Mitleid und verwandelte das verschüchterte und verzweifelte Mädchen in eine Blume, das Veilchen. Als unscheinbares Blümchen verkroch es sich in das Gebüsch des Waldes, wo es vor den Strahlen des Sonnengottes sicher war. Dort findet man es auch heute noch als eine Schönheit, die im Verborgenen blüht.
Lieblicher Duft kündigt im Frühjahr von weitem das heimische Duft – oder Märzveilchen an. Die beliebteste und am meisten kultivierte Sorte ist “Königin Charlotte” Sie ist die Lieblingsblume vieler Dichter und Schriftsteller. Bei ihr öffnet sich vom September bis Oktober nochmal ein reichhaltiger Flor.
Vergebens schnuppern wird man dagegen, wenn sich Hundsveilchen (V. canina) breit gemacht haben. Diese duften zwar nicht, zeigen aber ähnlich anmutige Blüten. Nach altem Volksglauben soll man Sommersprossen bekommen, wenn man an einem Hundsveilchen riecht. Als Hundsveilchen bezeichnet man auch andere, ebenfalls in Gärten und Wäldern vorkommende Arten, etwa Hainveilchen (V. riviniana), Waldveilchen (V. reichenbachiana) oder Rauhaarveilchen (V. hirta). All diese Veilchen siedeln sich spontan auch an zusagenden Stellen im Garten an. Sie verlangen einen durchlässigen, frischen bis leicht feuchten, humosen und nährstoffreichen Boden.
Duftveilchen und Hundsveilchen besitzen harntreibende, hustenlindernde, auswurffördernde, schweißtreibende und abführende Eigenschaften. Verwendet werden die Blüten (ohne Stiel), die Blätter, die man im Frühjahr erntet und die Wurzel, die im Frühjahr oder Herbst ausgegraben wird. Alles wird getrocknet und in Form von Kräutertee bei Beschwerden der Atemwege eingesetzt.
Aus den Blüten und Blättern des Duftveilchens lässt sich Marmelade herstellen, man kann sie aber auch roh in Salaten verwenden oder in kandierter Form zum Garnieren von Kompott oder Eiskrem. Außerdem werden Veilchenpastillen aus dem Extrakt dieser Pflanze hergestellt. Im Mittelalter nutzte man es zur Behandlung von Augenentzündungen, Hauterkrankungen und sogar Melancholie.
Rainer Proksch
Gartenfachberater der Fachkommission des SLK