Weisheiten und Bräuche, rund um Natur und Garten: Zauberpflanze Waldmeister

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Folge 7: Zauberpflanze Waldmeister (Galium odoratum)

Waldmeister ist unter vielen Namen bekannt, so u. a. Duftlabkraut, Halskräutlein, Mäschtee, Maikraut, Waldmanntee, Sternleberkraut, Woodroff (engl.)

Der Waldmeister (früher Asperula odorata) vertrieb der Sage nach angeblich die Hexen. Kühe, die nicht fressen wollten, kurierte man mit einer Handvoll Waldmeister, der mit Salz gewürzt war. Als Heilpflanze verwendet wirkt Waldmeister krampflösend. Bei Schlafstörungen und Unruhezuständen schütten sie sich eine Tasse Waldmeistertee aus dem Kraut auf. Man verwendet 1 Gramm Waldmeister auf ca. 100 ml Wasser. Sie werden sanft einschlafen und schön träumen. In sogenannten „Mottenkissen“ eingenäht vertreibt die Pflanze wesentlich wohlriechender als Mottenkugeln die Tierchen aus dem Kleiderschrank. Waldmeister kann auch als Duftpflanze in eine Potpourri – Mischung eingebracht werden, oder als Räucher-pflanze in einer Räuchermischung gemeinsam mit Huflattich und Minze.   

Der Waldmeister blüht von Ende April bis in den Juni. Wenn Waldmeister besonders stark duftet, steht Regen bevor. Das ist oftmals eine sicherere Vorhersage als der Wetterbericht in den Medien. Aufgrund all dieser Eigenschaften reiht sich der Waldmeister in die Zauberkräuterwelt ein.

Vom Wackelpudding kennt jeder den Duft und den Geschmack. Frischen Waldmeister liefert uns der Kleingarten. Im Mai wird er zuweilen auf Märkten und in manchen Gemüsegeschäften angeboten. Getrocknet kann man ihn nicht kaufen, obwohl Waldmeister erst nach seinem Tod wahrhaft auflebt. „Wenn die Pflanze dahingewelkt ist, spendet sie den Hauch ihres Opfers: prickelnden, in Wein geborenen Maienduft …“(Schnack). Noch heute entfaltet getrockneter Waldmeister, in einer schon 854 von einem Benediktinermönch erwähnten Waldmeisterbowle, wirkungsvoll seinen Zauber. Die Pflanzenstiele dürfen die Bowle dabei nicht berühren.

Wenn die honigduftenden Blüten erscheinen, sollte die Ernte abgeschlossen sein, weil sonst der Cumarin-Gehalt zu hoch wird. Das im Waldmeister enthaltene Cumarin-Glykosid kann in großen Mengen genossen zu Kopfschmerzen, Benommen-heit und zu Schwindelanfällen führen. Vor allem dann, wenn man ihn zu lange im Wein ziehen lässt. Nach neuesten Erkenntnissen ist die enthaltene Menge in der Pflanze jedoch so gering, dass sie nicht krebserregend ist. Man sollte trotz dieser Erkenntnis nicht mehr als 3 Pflanzen pro Liter Bowle verwenden.

Die Likörindustrie nutzt Waldmeister als Aromastoff für Wermut, Magenbitter und Kräuterliköre.

Waldmeister kann als Bodendecker unter Sträuchern und Bäumen im Garten kultiviert werden, die ihm aber das notwendige Licht gönnen, das er zum Wachstum braucht. Als frischer Teppich breitet er sich dicht aus, auch ein Begehen ist möglich Er braucht lockeren, humosen und leicht feuchten Boden. Durch Teilung des Bestandes kann man ihn auf neuen Flächen ansiedeln. Die Pflanze selbst vermehrt sich durch Stockteilung und bedeckt rasch große Flächen. Krankheiten und Schädlinge sind kaum bekannt. Trockene, vollsonnige Standorte und schlecht drainierte Böden behindern das Wachstum und führen zu Ausfällen des Bestandes.

Rainer Proksch
Gartenfachberater der Fachkommission des SLK

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