Bedeutung und Verbindlichkeit der Kleingartenordnung (KGO)

§ Sie fragen – wir antworten

Es ist offenkundig, so heißt es in einem Leserbrief, dass einige Gartenfreunde den Inhalt der Kleingartenordnung (KGO) nicht kennen, ihre Bedeutung für ihr Kleingartenpachtverhältnis (KleingPV) und den Kleingärtnerverein (KGV) unterschätzen, indem sie die  in der KGO enthaltenen Regeln umgehen oder demonstrativ missachten. Insofern wäre es sinnvoll, zur Entwicklung und Vertiefung des Bewusstseins bei unseren Gartenfreunden, diese Problematik (erneut) aufzugreifen.

Die KGO zählt zu den wichtigsten Vereinsordnungen! Und das unabhängig davon, ob die Rahmen-KGO des Stadtverbandes Leipzig der Kleingärtner e.V  (SLK) direkte Gültigkeit in der vom KGV betriebenen Kleingartenanlage (KGA) hat oder durch den KGV – d.h. auf Beschluss der Mitgliederversammlung – unter Berücksichtigung der Besonderheiten der KGA modifiziert wurde (siehe Ziff. 1 der KGO).

Mit den in ihr enthaltenen Grundsätzen der Nutzung fremden (!) Grund und Bodens zu gärtnerischen und Erholungszwecken – und dies in einer Gemeinschaft von Gartenfreunden (!)  – und den in ihr bestimmten Verhaltensregeln, ist sie von großer Bedeutung für das Funktionieren und die Sicherheit der KGA, für den Vereinsfrieden, den Frieden in der gesamten Kleingärtnergemeinschaft, den Frieden mit den unmittelbaren Nachbarn und der Öffentlichkeit.

Insofern kann die KGO  auch als Leitfaden für ein wechselseitig korrektes, konstruktives  und kameradschaftliches Miteinander zwischen den Gartenfreunden und ihrem Vereinsvorstand angesehen werden.

Auf ihre Bedeutung für vereinsfremde Personen (Besucher, Gäste, Passanten etc.) soll an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden (siehe hierzu Beiträge im LGF 06/2012 sowie 07/2012 – Besucherordnung).

Um diese hohe inhaltliche Aufgabenstellung zu erreichen, entschieden sich der SLK und die in ihm organisierten KGV nach dem 03.10.1990 für eine relativ detaillierte KGO und in größeren Abständen für deren Überarbeitung.

Im bundesweiten Vergleich sind auch andere Positionen anzutreffen, wobei die Wirksamkeit einer solchen darauf beruhenden KGO anzuzweifeln ist: So heißt es im Vorwort: „Um alles in der Gartenordnung schriftlich zu regeln, müsste diese weit mehr als 10 Seiten aufweisen. Vernünftige Menschen brauchen nicht dutzendweise Verbote. Machen sie nur das, was sie von ihrem Parzellennachbarn auch erwarten, dann sollte ihre Freizeitgestaltung in einer friedlichen und angenehmen Atmosphäre nichts mehr im Wege stehen.“

Die in den KGV des SLK geltende KGO ist kein Verbotskatalog, sondern aus dieser ergeben sich für beide Vertragsparteien – KGV als Verpächter und dem Pächter – eine Reihe von Rechten und Pflichten, die ihre Grundlage im Kleingartenpachtvertrag haben. Insofern verschafft sie durch ihre Vielfalt auch Sicherheit für die vom Pächter zu treffenden Entscheidungen. Zu erwähnen ist,  dass auch die aktuelle KGO (wie alle vorangegangenen) dem Pächter ausreichend Spielräume für eine seinen Wünschen und Vorstellungen entsprechende Gestaltung der Pachtsache, ihre Bewirtschaftung und kleingärtnerische Nutzung gibt. Dies allerdings im Rahmen der rechtlich zulässigen und moralisch ethischen Grundregeln eines gesitteten menschlichen Umgangs miteinander.

Es ist Auffassungen zu widersprechen, wonach für die Dauer des  KleingPV der Inhalt (nur) jener KGO für den Pächter verbindlich ist, die bei Abschluss des Kleingartenpachtvertrages Gültigkeit hatte. Richtig ist: Für jeden Pächter ist die KGO in der jeweils gültigen Fassung verbindlich.

Zwischen dem Kleingartenpachtvertrag und der KGO besteht ein inhaltlich rechtlicher Zusammenhang. Mit dem Abschluss des Pachtvertrages über einen Kleingarten erkennt der Pächter die gesetzlichen Grundlagen des Vertrages (insbesondere BKleingG, BGB) und die das KleingPV berührenden weiteren bundesrechtlichen Vorschriften sowie die einschlägigen landes- und kommunalrechtlichen Vorschriften in der jeweils gültigen Fassung an.

Zugleich verpflichtet sich der Pächter bei Vertragsabschluss, die auf das KleingPV bezogenen Beschlüsse des KGV und des SLK (dessen Mitglied der KGV ist und an dessen Zustandekommen er maßgeblich mitgewirkt hat) als für ihn verbindlich anzuerkennen.

Notwendig ist auch zu betonen, dass die KGO für den Pächter nur Verhaltensregeln, Rechte und Pflichten ausschließlich für die Dauer seines KleingPV oder bei fehlendem Pachtinteressenten für ein im Anschluss daran abgeschlossenen zeitlich befristeten Nutzungsvertrag begründen kann.

Die Befolgung der KGO ist keine Ermessensfrage und ihre Nichtbefolgung – dies sollte sich jeder Pächter bewusst sein (!) – kann für ihn  zu ernsthaften Rechtsfolgen, so auch zur Kündigung des KleingPV und ggf. zu Schadensersatzforderungen seitens des KGV als Verpächter führen.

Nicht unerwähnt sollten auch mögliche negative Rechtsfolgen für den KGV als Betreiber der KGA bleiben. Bestimmte Verstöße gegen die KGO durch eine Vielzahl von Pächtern können den Gesamteindruck der KGA so verändern, dass dieser in eine Schieflage mit den sich daraus ergebenden rechtlichen Konsequenzen für den KGV (Aberkennung der kleingärtnerischen Gemeinnützigkeit) gerät!

Es liegt in der Verantwortung des Pächters (!), sich Kenntnisse vom Inhalt der aktuellen KGO zu verschaffen und  sich bei Unklarheiten dazu ggf. Rat und Aufklärung beim Vorstand des KGV zu holen. Der Vorstand sollte bei Häufung von rechtlich relevanten Verstößen gegen die KGO den Vereinsmitgliedern/Pächtern Informationsveranstaltungen u.ä. anbieten.

Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger

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