Notvorstand

§ Sie fragen – wir antworten

In welcher Situation ist die Bestellung eines Notvorstandes geboten und möglich?

Vorbemerkung: Es ist anzutreffenden Positionen zu widersprechen, wonach die Rechtsfähigkeit des Kleingärtnervereins (KGV) in einer Notsituation durch die Tätigkeit eines Notvorstandes über einen längeren Zeitraum bzw. durch aufeinanderfolgende Berufungen eines Notvorstandes erhalten werden kann.

Die Rechtslage ist eindeutig: Der KGV muss (!) einen Vorstand haben (§ 26 Abs.1 BGB). Der Vorstand ist der gesetzliche Vertreter des KGV. Ihm obliegt die gerichtliche und außergerichtliche Vertretung des KGV. In die Kompetenz des Vorstandes fällt zugleich die Geschäftsführung. Das heißt, der Vorstand hat all jene Pflichten zu erfüllen und kann dabei all jene Rechte wahrnehmen, wie sie sich für ihn aus Gesetz, kommunalen Regelungen, Vereinssatzung, Beschlüssen der der Mitgliederversammlung (MV), seiner Mitgliedschaft in einem Verband, aus Verträgen usw. ergeben.

Als Leitungsorgan des KGV ist er, wenn die Vereinssatzung nicht die Zuständigkeit der MV bestimmt, für alle Belange des Vereins und der von ihm betriebenen Kleingartenanlage (KGA) zuständig. Letzteres schließt in sich die Pacht von fremdem Grund und Boden und die Verpachtung von Kleingärten (Kg) ein.

Jedes (!) Vereinsmitglied und jeder Pächter eines Kg sollte sich darüber im Klaren sein: Ohne KGV und ohne seinen handlungsfähigen Vorstand, das sei in aller Deutlichkeit gesagt, gibt es keinen gesicherten Fortbestand der KGA.

Die Praxis zeigt, dass bei fehlender Bereitschaft zur Übernahme eines Vorstandsamtes bei Neuwahlen, Tod oder schwerer Erkrankung von Vorstandsmitgliedern oder in Fällen der Amtsniederlegungen für den KGV eine Situation entsteht, die ein unverzügliches, geschlossenes und zielgerichtetes Handeln aller Vereinsmitglieder erforderlich macht.

Würde nach realistischer Einschätzung der aktuellen Sachlage die sofortige Einberufung einer (außerordentlichen) MV erwartungsgemäß zu keinem positiven Ergebnis hinsichtlich der Besetzung der Vorstandsämter führen, stellt sich mit aller Konsequenz die Frage nach der Auflösung des KGV nach § 41 BGB oder einer unverzüglichen (!) Beantragung der Notbestellung eines Vorstandes beim für den Sitz des KGV zuständigen Amtsgericht (Vereinsregister). Diese Beantragung kann von jedem Vereinsmitglied, jedem Mitglied des Vorstandes, jedem Vertragspartner/Gläubiger gestellt werden. Eine Beantragung kann auch durch den Verband gestellt werden, in dem der KGV Mitglied ist.

Nach dem Willen des Gesetzgebers muss für einen derartigen Antrag ein dringender Fall vorliegen (§ 29 BGB).  Er liegt dann vor, wenn nach gründlicher Prüfung der Sach- und Rechtslage auf der Basis der Inhalte der Vereinssatzung eindeutig ist, dass der Verein keinen gesetzlichen Vertreter mehr hat und demzufolge nach außen nicht mehr vertreten ist bzw. vertreten werden kann. Ein sofortiges/ unverzügliches rechtswirksames Handeln ist einerseits erforderlich, andererseits aber nicht möglich.

Es fehlt die für eine ordnungsgemäße Vertretung des Vereins gegenüber Dritten durch die Vereinssatzung bestimmte Zahl der Vorstandsmitglieder bzw. der ihr durch die Vereinssatzung bestimmter Status ist nicht gegeben. Es drohen Schäden für den KGV.

Bezogen auf das Kleingartenpachtverhältnis heißt dies, dass bei fehlenden vertretungsbefugten Vorstandsmitgliedern – in der Regel der 1. oder der 2 Vorsitzende und ein weiteres Vorstandsmitglied – keine rechtswirksamen Abmahnungen von Pächtern, keine rechtswirksamen Kündigungen von Kleingartenpachtverträgen und keine rechtswirksamen Kleingartenpachtverträge abgeschlossen werden können.

Die Bestellung eines Notvorstand dient nicht der Beilegung interner Auseinandersetzungen oder Meinungsverschiedenheiten, sondern ist als vorläufige Not- und Eilmaßnahme gedacht, um die Arbeits- und   Rechtsfähigkeit des KGV zu gewährleisten.

Dr. Wolfgang Rößger

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