Bei Erkundungen in der Natur begegnet man oft einem gelben Schild mit einer stilisierten schwarzen Eule darauf. Wie und warum kam die Eule auf das Schild? “Erfunden” wurde die Naturschutzeule im Jahr 1950 von Kurt Kretschmann, der damals Naturschutzbeauftragter des Brandenburger Landkreises Oberbarnim war. Auf der Suche nach einem einprägsamen Zeichen zur Kennzeichnung von Broschüren und Naturdenkmälern wählte er die Waldohreule als prägnantes Symbol. Später arbeitete Kurt Kretschmann mit am neuen DDR-Naturschutzgesetz und das Schild mit der Eule wurde zum offiziellen Schutzzeichen.
In der Bundesrepublik wählte der Hamburger Naturschutzbeauftragte Karl Duwe 1955 den Seeadler zum Naturschutzsymbol der Bundesrepublik (ein auf der Spitze stehendes Dreieck, ähnlich einem Verkehrszeichen, mit grünem Rand und dem Flugbild des Seeadlers auf weißem Grund).
Nach der Vereinigung wurde zur Freude der ostdeutschen Naturschützer auf der 36. Umweltministerkonferenz 1991 die Eule als gesamtdeutsches Zeichen zur Vereinheitlichung der Naturschutzgebiete empfohlen. So hat die Eule als Zeichen der Weisheit über den Adler als Zeichen der Macht gesiegt.
Nun machen wir uns schlau über die Waldohreule, dem kleineren Abbild des Uhus. Mit einer Länge von 35 bis 37 cm und einer Spannweite von 84 bis 95 cm ist die Waldohreule etwa so groß wie die Schleiereule. Männchen und Weibchen sind äußerlich kaum zu unterscheiden. Das Weibchen wiegt mit durchschnittlich 300 g etwa 50 g mehr als das Männchen. Besondere Merkmale der Waldohreule sind die orange-gelben Augen und die langen Federohren, die jedoch im Flug und im Ruhezustand ganz angelegt werden können. Entgegen der landläufigen Meinung haben die auffälligen Ohrpinsel, denen die Waldohreule ihren Namen verdankt, nichts mit dem Gehör zu tun, sondern sind reines „Schmuckwerk”. Mit den echten Ohren seitlich am Kopf hört sie selbst das leiseste Quieken einer weit entfernten Wühlmaus. Zur Verstärkung der Hörleistung dient vielmehr der bei der Waldohreule auffällige Gesichtsschleier.
Die Oberseite der Waldohreule ist gelblichbraun mit graubrauner Sprenkelung und Marmorierung. Das Bauchgefieder ist hell rostgelb mit kräftigen dunklen Längsstreifen und feiner Querbänderung. Die hellen Flügelspitzen haben mehrere dunkle Querbänder. Allgemein überwiegen bei den Weibchen dunkle, rostbraune Farbtöne. Die Männchen sind dagegen in ihrer Grundfärbung etwas heller. Die Färbung des Gefieders dient der Tarnung; ruhende Vögel im Geäst sind kaum zu entdecken.
Zum Jagen ist sie auf offenes Gelände angewiesen, braucht zum Ruhen und zur Brut aber Hecken, Baumgruppen und Feldgehölze. Gern besiedelt sie Waldränder; in geschlossenen Waldbeständen dagegen ist sie kaum anzutreffen. Während des Winters finden sich oft in städtischen Parks größere Ansammlungen von Waldohreulen in Schlafgemeinschaften von bis zu 30 Tieren. Ihre Ruheplätze sind oft unweit von Häusern in Baumgruppen und von Parks sowie Friedhöfen. Die Bildung sogenannter Waldohreulen-Wintergesellschaften dauert ungefähr von November bis März. Die dämmerungs- und nachtaktiven Eulen sitzen tagsüber aufrecht und in schlanker Gestalt auf Ästen von Bäumen, oft dicht an den Stamm geschmiegt. Sie vertrauen dabei auf ihr tarnfarbenes Gefieder. So ein Schlafplatz befand sich bis vor einigen Jahren u. a. in Mitten der Wohnbebauung im Leipziger Triftweg. Dort dienten zwei Weiden als Tagesschlaf- und Ruheplatz, wo sich jährlich zwischen 15 und 18 Waldohreulen aufhielten. Leider ist dieser Platz zwischenzeitlich verwaist. Sollten Ihnen solche Wintereinstandsplätze bekannt sein, dann sind wir Ihnen dankbar, wenn Sie uns darüber informieren (0341-358 14 30).
Die Waldohreule nutzt bevorzugt verlassene Nester von Greifvögeln und Krähen als Nistmulde. Sie baut also keine eigenen Nester. Da Jäger früher von unten durch Krähen- und Elsternester schossen, um diese Rabenvögel kurz zu halten, wurden auch Waldohreulen oft ihre Opfer. Heute sind solche Jagdmethoden verboten.
Der Brutbeginn der Waldohreule liegt normalerweise zwischen Ende März und Mitte April. Das Weibchen brütet bereits ab dem ersten Ei und legt mit einem durchschnittlichen Legeabstand von zwei Tagen im Schnitt vier bis sechs Eier. Ist aufgrund eines Mäusejahres das Beuteangebot sehr reichlich vorhanden, kann das Gelege ausnahmsweise auch bis zu acht Eier umfassen. Die Eier sind reinweiß und haben eine rundliche Form. Das Weibchen brütet alleine. Das Männchen ist für die Nahrungsbeschaffung und für die Revierverteidigung zuständig. Bei der Revierverteidigung wird das Männchen vom Weibchen unterstützt. Die Brutdauer beträgt bis zu 28 Tage. Die Nestlingsdauer ca. 20 Tage und danach werden die Jungen noch bis zu acht Wochen mit Nahrung versorgt. Selbständig gewordene Jungeulen legen auf der Suche nach neuen geeigneten Lebensräumen gelegentlich mehrere hundert Kilometer zurück. Aufgrund von Beringungsfunden konnte man nachweisen, dass Wanderungen aus mitteleuropäischem Gebiet bis nach Portugal vorkommen. Die bisher maximal belegte Wanderungsstrecke von Jungeulen beträgt 2.140 Kilometer! Typischer ist jedoch eine Wiederansiedelung in einem Radius von 50 bis 100 Kilometern um den Horst.
Waldohreulen ernähren sich überwiegend von Wühl- und Feldmäusen. Der Anteil der Feldmäuse kann dabei bis zu 80 % betragen. Rund 100 der kleinen Nagetiere verzehrt eine einzige Waldohreule im Monat, wobei nicht berücksichtigt ist, dass sie auch ihre Jungen fast ausschließlich mit Mäusen großzieht. Hin und wieder gehören auch Insekten, Regenwürmern und schlafende Vögel zur Nahrung. Am häufigsten erbeutet werden dabei Sperlinge und Grünfinken. Dieses kann man gut anhand des Waldohreulen-Gewölles erkennen, indem man es zerlegt.
Als Gewölle oder Speiballen werden die vor allem von Eulen und Greifvögeln – aber auch von vielen anderen Vogelarten – ausgewürgten unverdaulichen Nahrungsreste bezeichnet. In diesen Gewöllen sind je nach Vogelart Fischgräten, Skelettteile, Teile von Schneckenhäusern, Muscheln und Krebspanzer als auch Chitinteile von Insekten enthalten. Bei Greifvögeln und Eulen sind diese meist in Säugetierhaare oder Federn eingehüllt. Da sich die Eulen dieser Gewölle meist an bestimmten Plätzen zu entledigen pflegen, kann man an solchen Stellen laufend die Gewölle aufsammeln und dann zu Hause sorgfältig untersuchen. Aufgrund von Tausenden und Abertausenden in der Vergangenheit durchgeführten Gewölle-Untersuchungen sind wir heute bestens über die Ernährung unserer Eulen und Greifvögel informiert.
Zu ihren Besonderheiten gehören das lautlose Fliegen und die Eulen können ihren Kopf ca. 270 Grad drehen. In der Dunkelheit sehen sie sehr gut. Das Gehör der Waldohreulen ist besonders gut ausgeprägt. Sie orten ihre Nahrung (Winter) unter Schnee und Laub zielgenau!
Aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit an lokale Wald- und Beutetierverhältnisse gilt die Waldohreule allgemein nicht als bedroht. Sie ist nahezu in ganz Europa vorwiegend als Standvogel zu finden.
Klaus Rost