Aus der Vogelwelt: Waldkauz

Bild von Dušan Smetana auf Pixabay

Unter den 47 Arten, welche seit 1971 im jährlichen Rhythmus zum Vogel des Jahres gewählt wurden, befanden sich bisher nur drei Arten, der Steinkauz (1972), die Schleiereule (1977), der Uhu (2005) und nun der Waldkauz, welche zu den lautlosen Jägern der Nacht gehören.

Während in den Anfängen der Jahresvogelwahl der Fokus auf der Vogelart selbst lag, da deren Bestand sehr im Abnehmen begriffen war, ist der Bestand der derzeitig ausgewählten Arten relativ stabil. Mit den in den letzten Jahren ausgewählten Arten soll auf die Veränderung der Lebensräume der betreffenden Arten hingewiesen werden. Deshalb heißt es in der Begründung des NABU:


„Stellvertretend für alle Eulenarten haben wir für 2017 den Waldkauz zum Jahresvogel gewählt. Mit ihm wollen wir für den Erhalt alter Bäume mit Höhlen im Wald oder in Parks werben und eine breite Öffentlichkeit für die Bedürfnisse höhlenbewohnender Tiere sensibilisieren“.

Der Waldkauz ist an seinem großen runden Kopf und seinen schwarzen Augen zu erkennen. Alle anderen Eulen, mit Ausnahme des Habichtskauzes und der durch den herzförmigen Schleier unverwechselbaren Schleiereule, haben eine gelbe oder orangefarbene Iris.

Der Waldkauz kommt in zwei Spielarten vor. Bei der einen überwiegt braun, bei der anderen grau. Es ist interessant, dass auch Junge aus einem Gelege unterschiedlich gefärbt sein können. Das einfache grau- oder braunweiße, rindenartige Federkleid gewährleistet eine ausgezeichnete Tarnung in den Zweigen der Bäume, in denen der Waldkauz tagsüber ruht. Die beiden Geschlechter sind gleich gefärbt, dabei ist das Weibchen etwas größer als das Männchen. Die Füße sind bis an das nackt bleibende Ende der Zehen befiedert.

Die Dunenjungen sind weißlich, die Jungvögel ober- wie auch unterseits quergebändert, während die Altvögel auf der Unterseite eine deutliche Längsfleckung aufweisen. Der Waldkauz ist mit seinen 40 cm etwas größer als die Waldohreule, aber mit seinem Gewicht bis zu 600 g fast doppelt so schwer. Auch fehlen ihm die Federohren.

Der Waldkauz ist in ganz Europa außer in Irland, Island und dem Norden von Skandinavien zahlenmäßig stark verbreitet. Der Bestand des Waldkauzes in Deutschland beträgt laut dem Atlas deutscher Brutvogelarten 43.000 bis 75.000 Brutpaare und wird langfristig als stabil eingeschätzt.

Seine Heimat verlässt er auch im strengsten Winter nicht. Auch wenn sein Name anderes vermuten lässt, ist er keinesfalls nur im Wald zu Hause, obwohl er sich in lichten Laub- und Mischwäldern am wohlsten fühlt. Längst ist er auch in städtischen Parkanlagen, Gärten oder auf Friedhöfen mit altem Baumbestand und geeigneten Bruthöhlen zuhause. Dabei kommt er uns Menschen recht nah, wenn er auch eher zu hören als zu sehen ist. Tagsüber versteckt er sich in Höhlen oder dichten Baumkronen. In milden Wintern nistet er bereits im Februar, sonst jedoch meistens im April.

Er nistet in Baumhöhlen oder in einem am Waldrand aufgehängten Nistkasten. Dabei sind folgende Maße zu beachten: Die lichte Bodenfläche sollte 30 x 30 cm betragen und die Höhe ca. 45 cm. Das Dach sollte eine leichte Neigung bekommen und der Dachüberstand sollte 5 cm betragen. Das Einflugloch von 15 cm Durchmesser komplettiert den Kasten. Da der Waldkauz kein eigentliches Nest baut und somit kein Nistmaterial einträgt wird eine Mischung aus Rindenmulch und Sägespänen (2 bis 3 cm dick) als Einstreu verwendet. Bewohner der Nistkästen sind auch Dohlen und Hohltauben. Stehen derartige Nistgelegenheiten nicht zur Verfügung, bezieht er auch dunkle Nischen in Gebäuden. Aber auch Horste von Greifvögeln, selbst Krähennester, werden gelegentlich bezogen.

Waldkäuze sind gewöhnlich in der dem Schlupf folgenden Fortpflanzungsperiode geschlechtsreif. Sie verpaaren sich auf Lebenszeit und sind grundsätzlich monogame Vögel.

Bei Verlust eines Partners bleibt der überlebende Vogel unabhängig vom Geschlecht im Brutrevier und verpaart sich mit einem der richtungslos herumstreichenden Waldkäuze neu.

Das Weibchen legt im Abstand von 2 bis 3 Tagen 3 bis 5 weiße Eier, die es meistens allein in 28 bis 30 Tagen ausbrütet. Das Männchen bringt während dieser Zeit dem Weibchen die Nahrung ans Nest und löst es, wenn auch selten, beim Brüten ab. Da das Weibchen mit dem Brüten bereits nach Ablage des ersten Eies beginnt, schlüpfen auch die Jungen nicht gleichzeitig. In den ersten zehn Tagen nach dem Ausschlüpfen der ersten Jungen verlässt das Weibchen das Nest überhaupt nicht.

Das Männchen versorgt die ganze Familie vor allem mit kleinen Säugetieren, aber auch mit anderen Wirbeltieren, wie Fledermäusen, Lurchen, Amphibien und mit Insekten. Später jagt auch das Weibchen, das sich tagsüber in der Nähe des Nestes aufhält und die Jungen bewacht.

Während dieser Zeit trägt das Weibchen auch Sorge für die Sauberkeit der Höhle, indem sie Geschmeiß und Gewölle der Jungen hinunterschluckt. Manchmal füttert es die Jungen auch am Tag mit der nachts gejagten Beute. Beim Atzen (Füttern) wird die Nahrung in kleine Stücke gerissen und diese werden den Jungen zugereicht. Dabei sind die Augen geschlossen und die Orientierung erfolgt ausschließlich nach den Taststoppeln an der Schnabelwurzel. Das gleiche Verhalten beim Kröpfen der Beute kann auch bei erwachsenen Eulen beobachtet werden. Sie schließen die Augen und beginnen die in den Zehen gehaltene Beute mit dem Schnabel sowie mit dem Bart abzutasten und dann erst, vom Kopf an zu kröpfen. Der Grund dafür ist wohl in der Tatsache zu suchen, dass sie als weitsichtige Vögel die Sehschärfe nicht auf so kurze Entfernungen einstellen können.

Das Gewölle (Speiballen) des Waldkauzes ist 4 bis 6 cm lang und 2 bis 3 cm dick, grau gefärbt und hat eine recht unregelmäßige Form. Es verrät, dass die Nahrung zu etwa 70% aus Nagetieren besteht, während auf Vögel 14%, auf Amphibien 11% und auf Insekten etwa 5% entfallen. Die tägliche Nahrungsmenge entspricht dem Gewicht von 3 Wühlmäusen. In manchen Jahren bilden je nach Aufkommen Wühlmäuse und Mäuse mehr als 90% der Beute des Waldkauzes.

Unter den Vögeln als Nahrung befinden sich Sperlinge, Star, Grünfink, Goldammer, Buchfink, Amsel, Wacholderdrossel, häufige Meisenarten, aber auch Rauchschwalbe, Mehlschwalbe und Mauersegler. Das Gewicht der Beutetiere kann bis 350 g betragen.

Nach 28 bis 36 Tagen verlassen die Jungen das Nest, halten sich aber noch in seiner Umgebung auf und werden von den Altvögeln gefüttert. In diesem Alter werden die Jungen als „Ästlinge“ bezeichnet. Im Alter von etwa 50 Tagen unternehmen die jungen Waldkäuze ihren ersten Flug. Drei bis vier Monate werden die Jungen von den Eltern betreut und mit Nahrung versorgt, bevor sie im August selbstständig sind, abwandern und sich in einem Umkreis von zumeist nicht mehr als 50 km ansiedeln. In Jahren mit sehr geringem Nahrungsangebot brütet der Waldkauz erst gar nicht.

Die Verluste der Jungvögel sind hoch. 50 Prozent überleben nicht das erste Jahr. In späteren Lebensjahren liegt die Sterberate bei 25 Prozent. Es kommt zu hohen Verlusten vor allem an Mittelspannungsfreileitungen sowie im Bahn- und Straßenverkehr. Viele Waldkäuze stürzen in Kamine oder Lüftungsschächte und können nicht mehr hinausklettern. Als natürliche Feinde kommen Marder, Bussard und Habicht in Betracht.

Der älteste mitteleuropäische Waldkauz wurde 18 Jahre und 7 Monate alt (Vogelwarte Sempach), ein Gefangenschaftsvogel wurde 27 Jahre und 4 Monate alt. Alle Eulen wie auch der Waldkauz stehen unter besonderen Schutz. Sie unterliegen nicht dem Jagdrecht.

Klaus Rost

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