Aus der Vogelwelt: Mittelspecht und Kleinspecht

Mittelspecht - Bild von Zdeněk Krejčí auf Pixabay
Mittelspecht - Bild von Zdeněk Krejčí auf Pixabay

Nachdem in einer vorangegangenen Ausgabe über die Spechte im Allgemeinen und den Buntspecht im Speziellen berichtet wurde, stehen heute der Mittel- und Kleinspechte im Blickpunkt.
Mittelspechte sehen den Buntspechten sehr ähnlich und werden auch oft mit ihnen verwechselt. Allerdings sind Mittelspechte kleiner (etwa 20 cm) und vor allem sehr viel seltener als Buntspechte. Sein Durchschnittsgewicht liegt bei 58 Gramm. Auch Mittelspechte haben einen roten Schädel, der bei den Weibchen allerdings etwas matter und fast ein bisschen orange wirkt.
Vom Buntspecht unterscheidet er sich vor allem durch den hellen, rundlich wirkenden Kopf, die ausgedehnte rote Kopfplatte sowie den kürzeren Schnabel. Der rote Scheitel reicht bei den Männchen weiter in den Nacken als bei den Weibchen.

Mittelspechte leben in Laubwäldern mit Eichenanteil, in Auwäldern, alten Obstanlagen, aber auch in stillen Parks. Die höchste Brutdichte haben Mittelspechte in stark gestuften Wäldern, das heißt in Wäldern, in denen es Bäume in unterschiedlicher Höhe gibt. Er beansprucht dann eine Reviergröße von 40 bis 60 ha. Seine Höhlen liegen vor allem in Stämmen und Ästen alter Bäume, oft an Nebenästen starker Eichen mit einem Stamm- bzw. Astdurchmesser von 25 Zentimeter.

Im Rahmen einer Jahresbrut werden, meist im April, im Schnitt fünf bis sechs Eier abgelegt. Die Bebrütung beginnt nachdem das letzte Ei gelegt ist. Entsprechend schlüpfen die Jungspechte alle an einem Tag und einer durchschnittlichen Brutdauer von zwölf Tagen. Im Nest halten sich die Jungvögel, bevor sie flügge werden, gut drei Wochen auf. Flügge Jungvögel haben ein blasseres Federkleid als die Altvögel.

Das Aufzuchtfutter, meist Ameisen und Käfer, wird von Blättern und Zweigen abgelesen. Im Normalfall entfernen sich die Mittelspechte bei der Futterbeschaffung nur 100 bis 150 Meter vom Nest. Der Speiseplan der Mittelspechte ist üppig: Insekten, Larven, Raupen, Samen und Nüsse. im Juni und Juli können Kirschen eine wichtige Beikost sein, die auch an die Jungen verfüttert wird. Im Herbst und Winter spielen Nüsse und Koniferensamen eine gewisse, wenn auch untergeordnete Rolle.

Mittelspechte trommeln nicht, dafür haben sie einen quäkenden Gesang („wäd-wäd-wäd”). Charakteristisch für den Mittelspecht ist auch sein flatternder Balzflug mit aufgestelltem Schwanz. Durch den Rückgang alter Eichenbestände und die Zunahme von Fichtenbeständen wird dem Mittelspecht immer mehr der Lebensraum entzogen. Mittelspechte treten als Standvögel auf und sind ausgesprochen ortstreu.

Seinen Namen hat der Kleinspecht nicht ohne Grund: Mit 14 cm ist er der kleinste hier lebende Specht. Sein Gewicht liegt zwischen 20 und 25 Gramm. Zum Vergleich: der Feldsperling ist bis 14 Zentimeter groß und wiegt 20 bis 24 Gramm. Die Flügelspannweite geht von 24 bis 28 cm. Sein auffälligstes Merkmal ist, wie auch bei den anderen Buntspechtarten, sein schwarz-weiß kontrastiertes Gefieder. Der Rücken und die Flügel sind quergebändert. Auf der Brust ist er weißlich gefärbt, und trägt schwarze Längsstreifen. Die obere Seite des Schwanzes ist schwarz, die untere Seite weiß mit schwarzen Flecken. Die beiden Geschlechter unterscheiden sich nur durch die Färbung des Scheitelflecks. Bei männlichen Kleinspechten ist er rot, bei den Weibchen ist er bräunlich bis schwarz gefärbt.

Sein Lebensraum ist die halboffene Landschaft der Ebene mit Feldgehölzen, Parks und Obstanlagen. Gern hält sich der Kleinspecht in lichten Au- und Mischwäldern auf, aber auch in Villen- und Hausgärten mit alten Bäumen sowie Obstgärten mit Hochstämmen. In dichten, geschlossenen Wäldern fehlt er.

Die Höhle, meist für jede Brutperiode neu gezimmert, ist 10 bis 18 cm tief und 10 bis 12 cm breit. Im Durchschnitt hat das kreisrunde Flugloch einen Durchmesser von 32 mm. Männchen und Weibchen bauen gemeinsam an der Höhle, wobei der Anteil des Weibchens geringer ausfällt. Als Höhlenbäume werden weiche und morsche Laubhölzer wie Erle, Birke, Pappel, Buche, Espe, Rüster, aber auch Weide, Kastanie, Ahorn und alte Obstbäume bevorzugt genutzt.

Kleinspechte werden am Ende ihres ersten Lebensjahres geschlechtsreif. Sie führen eine Saisonehe. Wiederverpaarungen alter Brutpartner sind auf Grund der Standorttreue der Art jedoch häufig. Ein loser Partnerkontakt bleibt häufig auch während der Wintermonate bestehen.
Ein Vollgelege besteht aus 4 bis 6, in Ausnahmefällen aus bis zu 9 reinweißen, anfangs durch den durchscheinenden Dotter rosa behauchten, kurzovalen Eiern. Die im Tagesabstand gelegten Eier werden ab dem vorletzten von beiden Partnern fest bebrütet, wobei wie bei fast allen Spechten das Männchen während der Nachtstunden auf dem Gelege sitzt. Nach durchschnittlich 11 Tagen schlüpfen die Jungen und werden von beiden Eltern gehudert und gefüttert. Die Nestlingszeit beträgt ungefähr 20 Tage, ab dem 14. bis 15. Tag erscheinen die Nestlinge zur Futterübergabe am Einflugloch. In dieser Zeit bis zum Ausfliegen sind die Jungvögel akustisch sehr auffällig. Gegen Ende der Nestlingszeit reduzieren die Eltern die Fütterungen merklich, landen oft mit Futter im Schnabel in der Nähe der Nisthöhle und ermutigen so die Nestlinge zum Ausfliegen. Nach dem Ausfliegen werden die Jungvögel noch etwa zwei Wochen von den Eltern, manchmal in zwei Gruppen aufgeteilt, betreut. Danach zerstreut sich der Familienverband.

Der Kleinspecht ist ein Strichzieher. Das heißt, er wandert bei ungünstigen Wetterverhältnissen entlang einer Linie von seinem Revier weg. Bei strengen Wintern kann der Vogel auch mal bis zum Schwarzen Meer oder ins südliche Mitteleuropa ziehen.

Für die meisten Vogelarten ist jetzt der Höhepunkt der Brutzeit: Die Jungen der ersten Jahresbruten werden flügge; vielfach werden Zweitbruten begonnen. Die Spätbrüter haben jetzt Eier im Nest. Mit den zunehmenden Temperaturen suchen die Vögel häufiger die Wasserstelle auf. Da sie nicht nur zum Trinken, sondern auch zum Baden benutzt wird, muss möglichst mehrmals am Tag frisches Wasser nachgefüllt werden.

Aber auch auf jede unabgedeckte Wasserstelle (auch Pool) soll ein Schwimmbrett aufgelegt werden, um die Vögel, insbesondere die noch unerfahrenen Jungvögel, vor dem Ertrinken zu bewahren. Dazu eignet sich schon ein Stück Schaumpolystyrol, das auf der Wasseroberfläche schwimmen kann. Ich wünsche Ihnen erfolgreiche Beobachtungen an Ihrer Vogeltränke.

Klaus Rost

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