Aus der Vogelwelt: Eulen (2): Schleiereule, Sumpfohreule

Im Gegensatz zur Waldohreule ist die Schleiereule (Tyto alba) ein Gebäudebrüter und wohl auch die schönste unserer Eulen. Mit 33 bis 38 cm ist sie etwa so groß wie die Waldohreule. Männchen und Weibchen sind äußerlich nicht zu unterscheiden. Das Weibchen wiegt mit durchschnittlich 340 g nur wenig mehr als das Männchen (315 g).

Charakteristisch für die Schleiereule sind die schwarzen Augen und der typische herzförmige Gesichtsschleier, nach dem sie ihren Namen hat und durch dessen Form und Farbe sie leicht von allen anderen Eulen zu unterscheiden ist.

So wird sie auch nach Farbe oder Aussehen als Gold-, Perl-, Herz-, Perücken-, Flammen- oder Feuereule, weiße Eule bzw. Krageneule bezeichnet, während Turm-, Kirch- oder Scheuneneule auf ihren Aufenthaltsort Bezug nehmen.

Die Schleiereule lebt meist in Dauerehe. Sie brütet in Gebäuden in ruhigen, dunklen Nischen, wie in Dachböden, Scheunen, Kirchtürmen und Ruinen. Auch findet sie hier, in der Nähe der menschlichen Behausungen, mehr Mäuse, Wühlmäuse und Kleinvögel. Der Nutzen der Schleiereule für den Menschen Ist gerade deshalb so außerordentlich, weil sie inmitten der Wohnorte schädliche Nager jagt. Diese machen 70% ihrer Nahrung aus. Um satt zu werden, braucht sie täglich 3 bis 4 Mäuse.

Normalerweise Ende Februar/Anfang März, wenn mildere Temperaturen den kommenden Frühling anzeigen, zu einer Zeit also, wo der Waldkauz bereits brütet, beginnen die Schleiereulen mit der Balz. Schleiereulen bauen genau so wenig wie die meisten anderen Eulen ein Nest. Sie legen ihre Eier einfach auf dem Boden ihrer Niststätte ab. Die Eierzahl in einem Gelege ist schwankend. Sie beträgt gewöhnlich 4 bis 6, seltener 7 bis 8 und nur ganz ausnahmsweise 10 bis 11 Eier. Die Gelegestärke ist abhängig vom Vorhandensein genügender Nahrung. Manchmal wird auch eine zweite Brut getätigt. Bei Nahrungsmangel hingegen nistet sie überhaupt nicht.

Bis zur Vollständigkeit des Geleges wird meist einen Tag um den anderen ein Ei gelegt. Da mit der Ablage des ersten Eies mit der Bebrütung der Eier begonnen wird, erstreckt sich natürlich auch der Schlupf der Jungeulen auf einen gleichlangen Zeitraum. Die langgestreckte Schlupfzeit bedingt natürlich, dass das Alter der Jungen augenfällig unterschiedlich ist. Die Jungen sind nach etwa 50 bis 60 Tagen elterlicher Pflege flügge. Im Alter von knapp 3 Monaten ziehen sie aus dem Elternrevier weg. Als fast ausschließliche Gebäudebrüter, wie oben bereits erwähnt, leiden auch Schleiereulen darunter, dass immer mehr traditionelle Einflüge verschlossen werden.

Hierzulande brüten wieder zwischen 11.000 und 17.000 Paare. Nachdem die Schleiereule in den 1970er Jahren als stark gefährdet galt, hat sich ihre Zahl dank gezielter Schutz- und Hilfsmaßnahmen erfreulich positiv entwickelt. Die Wahl zum Vogel des Jahres hatte 1977 eine Welle von Aktivitäten zum Schutz und zur Vermehrung der Schleiereulen ausgelöst, besonders durch die Schaffung von Brutplätzen.

Für Sachsen werden 350 bis 450 Brutpaare (2007) angegeben. Das Höchstalter freilebender Schleiereulen wird zwar manchmal mit etwa 20 Jahren angegeben, durch Beringung belegt wurde jedoch bisher ein maximales Alter von 17 Jahren und elf Monaten. Aus Deutschland wurde für ein Tier das Höchstalter von 15 Jahren und drei Monaten angegeben.                              

Auf offenen feuchten Wiesen in der Nähe von Teichen und Seen, oder an sumpfigen Stellen und in Torfmooren lebt die Sumpfohreule (Asio flammeus). Diese hübsche Eule, die durch ihre kurzen „Ohren“ aus verlängerten Federn auffällt, ist in ganz Nord-, West-, Mittel und Osteuropa verbreitet. Die Populationen aus den nördlichen Gebieten sind Zugvögel, in den südlicher gelegenen Regionen sind die Sumpfohreulen Strichvögel. Aber auch von dort ziehen viele Exemplare in das Mittelmeergebiet oder noch weiter bis ins tropische Afrika, um dort zu überwintern. Im März bis Mitte April kehren sie zu ihren Niststätten zurück.

Die Sumpfohreule baut im Gegensatz zu anderen Eulen ein Nest. Sie ist Bodenbrüter und baut in einer Mulde am Erdboden ein Nest aus trockenen umgeknickten Halmen (Schilf, Rohr, Seggen, Binsen), welches innen sparsam mit feinen trockenen Hälmchen ausgelegt wird. Manchmal fehlt dieser Innenbau und die Eier liegen auf dem bloßen Boden. Nach der Balz im März werden im April/Mai in Abhängigkeit vom Wühlmausangebot 4 bis 10 Eier gelegt, die vom Weibchen allein 26 bis 29 Tage bebrütet werden, während das Männchen für Nahrung sorgt. Bereits mit 15 bis 17 Tagen verlassen die Jungen das Nest und zerstreuen sich in die nähere, deckungsreiche Umgebung, wo sie von beiden Eltern versorgt werden. Sie können aber erst mit 4 bis 5 Wochen fliegen.

Sie werden oft mit den Waldohreulen verwechselt, denn sie haben ein recht ähnliches Federkleid. Die Sumpfohreule ist um etwa 4 cm länger, doch ihre „Ohren“ sind nur ganz unscheinbar. Von der Waldohreule unterscheidet sie sich auch durch die gelbe Iris und die Schaftflecken an der Bauchseite, der die Sperberung fehlt.

Die Sumpfohreule lebt in offenen, auch feuchten Landschaften mit niedriger und gleichzeitig deckungsreicher Bodenvegetation, wie Tundren, Mooren, Verlandungszonen, Feuchtwiesen, Brachen, Heiden oder Dünen.

Die Sumpfohreule ist in Mitteleuropa ein unregelmäßiger Brutvogel im nordwestdeutschen Tiefland nördlich des Teutoburger Waldes. Vereinzelt ist sie als Brutvogel in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Hessen und Bayern anzutreffen. Für Sachsen waren im Zeitraum 2004 bis 2007 1 bis 3 Brutpaare ausgewiesen. Als Durchzügler und Wintergast aus dem Norden findet man sie jedoch in ganz Norddeutschland. Dort rastet sie tagsüber truppweise in Brachland, Rüben- und Kartoffeläckern.

Die Sumpfohreule kann ein Höchstalter von bis zu 12 Jahren erreichen. Ursprünglich war sie in den Moorgebieten der norddeutschen Tiefebene häufig anzutreffen. Durch Entwässerung von Feuchtgebieten sowie Kultivierung von Heide- und Dünenlandschaften wurde der Sumpfohreule jedoch die Lebensgrundlage entzogen, so dass sie in ihrem Bestand stark gefährdet ist. In der “Roten Liste” ist sie in die Kategorie “vom Aussterben bedroht” eingestuft.

Klaus Rost

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