Aus der Vogelwelt: Kolkrabe

Bild von Alexas_Fotos auf Pixabay

Für die meisten Arten ist jetzt der Höhepunkt der Brutzeit: Die Jungen der ersten Jahresbruten werden flügge; vielfach werden Zweitbruten begonnen. Die Spätbrüter haben jetzt Eier im Nest. Das verwirrende Konzert der Vogelstimmen lässt allmählich nach. Für manchen noch nicht so sattelfesten Hobbybeobachter bedeutet dies eine spürbare Erleichterung beim Kennenlernen der Vogelstimmen, kann er sich doch wieder auf weniger Arten konzentrieren. Sichtbeobachtungen hingegen fallen in den vielen dichtbewachsenen Lebensräumen merklich schwerer, belaubte Zweige, Gräser und Kräuter verdecken die Vögel.

Die Vogelschutzfachberater des SLK trafen sich entsprechend ihres Schulungsplanes am 14. Mai 2011 zu einer Vogelstimmenführung in dem KGV „Leinestraße und dem angrenzenden ehem. Krankenhauspark Dösen. Beeindruckt waren wir von den gepflegten Gärten und der Vielzahl der angebrachten Nistkästen in den einzelnen Parzellen. Die Anbringungsart, was die Höhe der Kästen und die Ausrichtung des Flugloches nach Südost betrifft und die Bauart der Kästen selbst, lässt darauf schließen, dass hier ein gutes Verhältnis zwischen dem Vogelschutzfachberater des Vereins und den einzelnen Gartenfreunden besteht. Unter anderem kommt das auch an dem am Vereinsschuppen angebrachten Schaukasten zum Ausdruck, in dem sich die interessierten Gartenfreunde mit aktuellen Vogelschutzproblemen vertraut machen können.

In zahlreichen Nestern erblickte in diesem Monat eine neue Vogelgeneration das Licht der Welt. Da konnten wir mit Futter anfliegende Meisen und Gartenrotschwänze beobachten. In anderen wieder saßen die Vogelweibchen noch fest auf dem Gelege, bis auch dort der Nachwuchs schlüpft.

Aus dem angrenzenden Krankenhauspark hörten wir immer wieder laute tief gurgelnde „graak-“, „ kark-” oder wie „kroar” klingende Rufe. Nach intensiver Suche konnten wir feststellen, dass es sich hier um den größten heimischen Singvogel handelt, den Kolkraben. Er ist ein Jahresvogel und deshalb auch in der Lage bereits rechtzeitig mit dem Brutgeschäft zu beginnen. Bereits im Februar beginnt das Weibchen mit dem Nestbau, wobei ihm das Männchen Zweige, Moos und Halme herbeischafft. Die in ständiger Gemeinschaft lebenden Paare benutzen in der Regel dasselbe Nest mehrere Jahre lang.

Weibchen sind im Alter von 3 Jahren geschlechtsreif, brüten aber meist erst im Alter von 4 Jahren. Das Weibchen bebrütet das aus 4 bis 6 Eiern bestehende Gelege ca. 3 Wochen lang allein aus. Auf einer grünlichblauen oder hellgrünen Grundfarbe bedecken viele graue, braune oder olivfarbene Flecken und Spritzer die Eier. Die Jungenaufzucht erfolgt durch beide Eltern. Nach 40 bis 42 Tagen verlassen die Jungen das Nest. Durch seine lange Brut- und Nestlingszeit führt er nur eine Jahresbrut durch. Jungvögel schließen sich nach dem Verlassen des elterlichen Reviers zu Trupps zusammen und wandern auf der Suche nach günstigen Nahrungsquellen großräumig umher. Im Normalfall entfernen sich die Vögel dabei bis zu 200 km vom Geburtsort.

Durch die Rufe und dem Wissen der Länge der Brut- und Nestlingsdauer nahmen wir die großen hohen Parkbäume näher ins Visier und siehe, auf einer Kiefer konnten wir in ca. 18 m Höhe das Nest entdecken aus dem die Jungen nach Futter bettelten.

Der Kolkrabe ist etwa bussardgroß und im Flug fallen der recht lange keilförmige Schwanz und die deutlich gefingerten Flügel auf. Bei alten Vögeln ist das Gefieder einfarbig schwarz und je nach Lichteinfall metallisch grün oder blauviolett glänzend. Die Iris ist dunkelbraun, Beine und Schnabel sind schwarz. Die Federn an der Kehle sind verlängert und lanzettlich zugespitzt; vor allem wenn die Vögel rufen, stehen diese Federn deutlich ab. Im Jugendkleid fehlt dem Gefieder fast völlig der Metallglanz, es ist oberseits braunschwarz, auf der Unterseite braun. Allenfalls die Kehle zeigt einen schwachen Metallglanz. Die Federn der Kehle sind nicht verlängert, der Schwanz ist am Ende weniger keilförmig, sondern eher gerundet. Die Iris ist blaugrau. Nach der ersten Mauser fehlen immer noch die verlängerten Kehlfedern, erst im Alter von drei Jahren zeigen die Vögel das Altkleid. In der Gefiederfärbung gibt es keinen Unterschied zwischen den beiden Geschlechtern.

Der Kolkrabe ist ein Allesfresser, er gibt jedoch Fleischnahrung den Vorzug. Seine Hauptnahrungsquelle sind die Kadaver verendeter Tiere, aber auch kleine Lebewesen, die er mit seinem starken Schnabel tötet. Es soll aber auch nicht verschwiegen werden, dass er, wie alle Krähenvögel, auch als Nesträuber tätig wird. In der Nähe des Nestes greift er furchtlos auch größere Greifvögel an. Seine Flügelspannweite beträgt rd. 120 cm.

Kolkraben werden relativ alt. Die ältesten beringten freilebenden Vögel wurden 16 und 20 Jahre alt, in Gefangenschaft sind Höchstalter von 24 Jahren und 8 Monaten, 26 Jahren und 28 Jahren bekannt. Auch wenn er mancherorts als Nest- und Niederwildräuber verschrien ist, sollten wir stolz sein, dass sich sein Bestand in den letzten Jahren erholt hat. Gab es doch Zeiten (1950er/60er Jahre) wo er auf der Liste der vom Aussterben bedrohten Vogelarten aufgeführt war.

Mit den zunehmenden Temperaturen suchen die Vögel häufiger die Wasserstelle auf. Da sie nicht nur zum Trinken, sondern auch zum Baden benutzt wird, muss möglichst mehrmals am Tag, je nach Größe der Tränke, frisches Wasser nachgefüllt werden. Aber auch auf jede nicht abgedeckte Wasserstelle (auch Pool) soll ein Schwimmbrett aufgelegt werden um die Vögel, insbesondere die noch unerfahrenen Jungvögel, vor dem Ertrinken zu bewahren. Dazu eignet sich schon ein Stück Schaumpolystyrol.

Klaus Rost

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