Aus der Vogelwelt: Invasionsvögel – Bergfink, Birkenzeisig, Erlenzeisig

Bergfink - Bild von Jürgen Richterich auf Pixabay

Heute möchte ich Ihnen drei Vogelarten vorstellen, die im Norden und Nordosten Europas ihre Brutheimat haben, die jedoch wintersüber ohne weiteres als Wintergäste bei uns angetroffen werden können. Es ist der zur Familie der Finkenvögel gehörende Bergfink, der Erlen- und der Birkenzeisig. Sie gehören nicht nur zu den Zugvögeln, sondern auch zu den Invasionsvögeln. Von diesen spricht man, wenn in bestimmten Gebieten nur einmal im Verlauf von mehreren Jahren, dafür aber jedoch in großer Zahl die Art auftritt. So einen Massenzug kennen wir z.B. vom Kreuzschnabel, Tannenhäher, Seidenschwanz, Birkenzeisig und auch vom Bergfink (Fringilla montifringilla).

Verursacht werden solche Invasionen gewöhnlich durch Missernten mancher Samenarten im Heimatgebiet dieser Vögel oder ungünstigen Witterungsverhältnissen.

Der bunte Buchfink mit seinem kräftigen Gesang und der Grünfink mit seinen ziemlich monotonen Rufreihen sind Ihnen sicher bekannt. Diese beiden Finkenarten brüten in unseren Gärten und bleiben auch das ganze über bei uns. Anders der Bergfink, der sich nur zwischen Oktober und März in unserer Gegend aufhält. Dann kann man Bergfinken zusammen mit Spatzen, Grün-, Buchfinken und Meisen auch im eigenen Garten an der Futterstelle beobachten, wie sie sich dort Sonnenblumenkerne und Nüsse holen. Zu dieser Zeit trägt er sein Ruhekleid. Er ist aber auch in diesem leicht vom Buchfinken durch den auffallenden orangefarbigen Schulterfleck und den weißen Bürzel zu unterscheiden. 

Im Brutkleid sind beim Männchen Kopf, Nacken und Rücken schwarz, die Kehle orangefarben, der Bauch weiß, Flügel und Schwanz sind ebenfalls schwarz. Das Weibchen ist nicht so auffallend und kontrastreich gefärbt und hat vor allem weniger Schwarz am Kopf und Rücken. Im Ruhekleid haben die schwarzen Federn am Kopf und auf dem Rücken breite braune Säume. Mit 14 bis 16 cm Länge entsprechen Bergfinken in der Größe und Gestalt etwa den Buchfinken.

Bergfinken ziehen ab Mitte September von ihren Brutgebieten in den Wäldern Nordeuropas und Sibiriens nach West-, Mittel- und Südeuropa. Ihr Winterquartier deckt sich mit der Verbreitung der Buche. Bucheckern sind die wichtigste Nahrungsquelle im Winter. In unregelmäßigen Abständen finden bei uns Masseneinflüge statt. Aufsehen erregend sind die großen Schlafgemeinschaften an meist windgeschützten Lagen, die mehrere Millionen Vögel beherbergen können. Die Manöver und Einflüge an den Schlafplätzen sind ein überwältigendes Naturschauspiel.

Das lautstarke Gezwitscher tönt wie ein riesiger Wasserfall, auch nachts herrscht nie vollständige Ruhe. Ein nasal-quäkendes „dschäe“ oder ein mehr oder weniger deutlich nach oben gezogenes „djäi“ sind der charakteristische Ruf des Bergfinken.

Im Januar 2009 zum Beispiel gab es eine solche Bergfink-Invasion in der Steiermark, im Januar 2015 wurde Ähnliches aus dem hessischen Haiger berichtet.

Der Bergfink ist auch als Nordfink bekannt.

Der Birkenzeisig (Carduelis flammea) ist ein kleiner graubraun gestreifter Finkenvogel mit niedlichem, etwas schlitzäugigem Gesichtsausdruck und relativ langem, tief gegabeltem Schwanz.

Er unterscheidet sich von verwandten Arten dadurch, dass Männchen und Weibchen in allen Kleidern eine rote Stirn und eine schwarze Kehle haben. Außerdem fallen die beiden weißen Flügelbinden auf. 

In ihrem Benehmen sind es echte Zeisige, also ebenso gewandte Zweigkletterer wie der auch früher oft als Käfigvogel gehaltene Erlenzeisig. Das Männchen ist oberseits grünlichbraun mit hellen Federsäumen, die Brust ist karminrot überflogen, der Bauch weißlich mit dunklen Längsflecken an den Flanken. Das Weibchen gleicht dem Männchen, nur ist der Bauch nicht rot, sondern weißlich. Der Birkenzeisig hat einen kurzen, spitzen, zur Brutzeit dunklen, außerhalb der Brutsaison strohgelben Schnabel.

Der Birkenzeisig ist, wie die vorgenannte Art, ein ausgesprochener Invasionsvogel, d.h. er tritt in den einzelnen Jahren unregelmäßig und in wechselnder Häufigkeit als Durchzügler und Wintergast bei uns auf.

Seine Brutheimat liegt in Nordeuropa, Skandinavien und Island, wo er Birkenwälder, aber selbst noch die Tundra mit Weidenbüschen und Gestrüpp bewohnt. Die geselligen Vögel turnen lebhaft und gewandt in den Zweigen von Birken und Erlen, deren Früchte sie, z.T. kopfabwärts hängend, „entsamen“. Sie suchen jedoch auch Stoppelfelder und Ödland auf, wo sie Sämereien von Gräsern und Kräutern aufnehmen. Es werden aber auch Larven und Insekten genommen, vor allem bei der Aufzucht der Jungen.

Ein sehr wichtiges Merkmal ist der typische Flugruf, ein mehrsilbiges, etwas metallisch klingendes „dsched-dsched-dsched“, daneben hört man nasale hochgezogene „wäid” oder ähnliche Laute. Die kleinste Birkenzeisig – Rasse, der Alpenbirkenzeisig (Carduelis flammea cabaret) kommt auch in den Alpenländern als Brutvogel vor.

Die dritte Art mit der ich Sie bekannt machen möchte, ist der

Erlenzeisig (Carduelis spinus), meist auch nur Zeisig genannt. Mit dem ihm ähnlichen Girlitz gehört der Erlenzeisig zu unseren kleinsten Finkenvögeln und bewohnt Nadel-, vor allem Fichtenwälder im Flachland und ebenso in den Bergen. Auch in Parkanlagen mit Fichtenbeständen ist er anzutreffen. Er bevorzugt Stellen mit Bächen, in denen er gern ein Bad nimmt.

Der Erlenzeisig unterscheidet sich vom Girlitz durch das Vorhandensein gelber Schwanzkanten und das Männchen außerdem durch den schwarzen Oberkopf.

Der Gesamteindruck des Weibchens ist gelblichgrün, unterseits ist es heller; außer den Schwanzkanten sind noch die Flügelbinden und der Bürzel gelb. Dem Weibchen fehlt die schwarze Kopfplatte, der Gesamteindruck ist mehr graugrünlich und das Gelb weniger auffallend. Der Schnabel des Erlenzeisigs ist für einen Finken relativ lang und schmal. Er ist bestens dafür geeignet, feine Samen aus Distelköpfen oder Erlenzapfen herauszupicken.

Der Erlenzeisig ist ein Zug- und Strichvogel, der zum Teil bis in die Mittelmeerländer wandert und außerhalb der Brutzeit – oft mit anderen Finkenvögeln vergesellschaftet – überall in Deutschland angetroffen werden kann. Gern werden dann Erlenbestände an Bachufern aufgesucht und die reifen Fruchtkätzchen geplündert. Im Herbst und Winter erhalten wir außerdem noch Zuzug aus Nord- und Osteuropa.

Das Nest wird sehr hoch und weitab vom Stamm in den Zweigen von Nadelbäumen, meist Fichten, gelegentlich auch von Kiefern und Lerchen, errichtet. Es ist ein sehr kleines Nest, welches kunstvoll und dicht – aus kleinen Reisern, Halmen, Flechten, Moos und kleinen Rindenstückchen mit Gespinsten durchmischt – verwoben ist. Innen ist es tiefmuldig mit Federn, Tierhaaren und Pflanzenwolle ausgepolstert. Das Nest ist, wenn man nicht die Vögel beim Bauen und Füttern beobachtet, nur schwer zu finden.

Das Gelege besteht aus 4 bis 5 bläulich-weißen Eiern, die spärlich blassrötlich und dunkelbraun gefleckt sind. Den Nestbau und auch das Bebrüten erledigt das Weibchen allein. Während im Brutvogelatlas für Sachsen 3.000 bis 6.000 Brutpaare angeben sind, werden für den Stadt und Landkreis Leipzig keine Bruten verzeichnet.

Klaus Rost 

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