Aus der Vogelwelt: Greifvögel (2) – Mäusebussard

Bild von Paul Sprengers auf Pixabay

Ein weiterer Greifvogel, der mitunter über unseren Gärten seine Runden dreht und hauptsächlich dort auftritt, wo im Umfeld unserer Anlage die Bebauung etwas aufgelockerter ist, ist der Mäusebussard. Mit seinem abfallend „hiääh” klingenden Ruf, der oft im Flug zu hören ist, macht er auf sich aufmerksam.

Sein Erscheinungsbild ist etwa 1/3 größer als das des Turmfalken. Er ist ein mittelgroßer, eher schwerfälliger Greifvogel von gedrungener Gestalt. Im Flug fallen seine breiten Flügel und der relativ kurze gerundete Schwanz auf und der Kopf erscheint zwischen den Schultern eingezogen. Beim Kreisen im Segelflug sind die Flügel deutlich V-förmig angehoben und die Handschwingenspitzen aufgestellt.

Das Gefieder ist sehr unterschiedlich gefärbt – von schwarzbraun, über hellbraun, fast bis ins Weiß gehend. Die Unterseite ist hell, teils dunkel befleckt. Bei den Geschlechtern gibt es keine sichtbaren Unterschiede, lediglich in der Größe bzw. dem Gewicht. Die Flügelspannweite beim Weibchen beträgt bis zu 1,35 m, beim Männchen bis zu 1,20 m. Das Männchen bringt zwischen 600 und 900 g sowie das Weibchen 800 bis 1200 g auf die Waage.

Der Schnabel ist hornschwarz, nach der Wurzel zu wird er heller. Die Füße sind gelb und die Krallen hornfarben. Die Hosen sind einfarbig, gebändert oder längsgestreift. Mit Hosen werden die Gefiederpartien an den Unterschenkeln bezeichnet.

Als Brutgebiet kommen sowohl reine Laub-, Nadel- und auch Mischwälder verschiedenster Zusammensetzung in Betracht. Unsere Auwälder bieten sich deshalb regelrecht an. Nicht selten brütet der Mäusebussard auch in kleinen Waldstücken oder Feldgehölzen aller Art, kleinen Waldabschnitten nahe menschlichen Siedlungen, Alleen, Parks oder gar auf Einzelbäumen. Bevorzugte Jagdgebiete sind Felder, Wiesen, Weiden, Moore, Teichlandschaften, Kahlschläge. Mitunter werden Wegraine oder stark befahrene Verkehrswege als Nahrungsorte aufgesucht. Auf Straßenbäumen sitzend wartet er, besonders im Winter, auf Straßenverkehrsopfer (Igel, Hasen, Vögel u. ä.), von deren Aas er sich dann ernährt.

Seinen Horst errichtet er in den Stammgabeln hoher Laub- und Nadelbäume, besonders wenn diese am Waldrand stehen. In der Regel wird der Horst im unteren Teil der Krone, meist in etwa 12 bis 20 m Höhe angelegt. Als Nistmaterial finden Zweige, Heidekraut und ähnliches Material Verwendung sowie Rindenstückchen, Grashalme, Laub, kleine Baststückchen für die Horstmulde. Bisweilen wird das Horstinnere auch mit frischgrünen Zweigen ausgelegt. Der Horstdurchmesser beträgt etwa 75 cm, den der Mäusebussard jedes Jahr aufs Neue aufsucht und ausbessert.

In der Zeit von Mitte März bis Anfang April wird eine Jahresbrut durchgeführt. Die mittlere Größe der Gelege beträgt 2 bis 3, seltener 1 oder 4 Eier und ist von Jahr zu Jahr unterschiedlich aufgrund des Nahrungsangebotes. Die kurzovalen Eier sind auf trübweißen Grund mit rotbraunen Flecken und violettgrauen Unterflecken gefärbt. Die Fleckung ist entweder an einem der beiden Pole gehäuft oder mehr oder weniger gleichmäßig über das Ei verteilt. Die Jungen schlüpfen nach etwa 5 Wochen und sitzen noch 6 bis 7 Wochen im Nest. Selbst nach dem Ausfliegen werden die Jungbussarde noch 45 bis 55 Tage von den Altvögeln versorgt, bevor sie selbstständig sind. Durchschnittlich werden pro Brut zwischen 1,1 und 1,8 Junge flügge, doch 50 % sterben noch im ersten Jahr.

Der Mäusebussard ist ein ausgeprägter Wühlmausjäger, der aber, sobald die Notwendigkeit dazu besteht, unter Bevorzugung nicht zu schnell sich fortbewegender, überwiegend tagaktiver Bodentiere, die verschiedensten Kleintiere schlagen kann. Die bedeutendste Rolle spielt gewöhnlich die Feldmaus, daneben werden in erster Linie andere Kleinsäuger bis zur Größe junger Kaninchen und Feldhasen, Nestlinge bzw. eben flügge gewordene Jungvögel, Reptilien, Amphibien, Insekten und Regenwürmer geschlagen bzw. aufgelesen.

Bei der Untersuchung der Gewölle und Rupfungen befanden sich am häufigsten Drosseln, Stare, Eichelhäher, Jungkrähen, Buntspechte, Finkenvögel, Lerchen und junge Hühnervögel (Rebhuhn, Fasan, Haushuhn) unter den Beuteresten. Wenn auch immer wieder Vögel auf dem Speisezettel von Greifvögeln und auch mitunter anderer Vogelarten stehen, dann ist dies naturbedingt nach dem Prinzip „Fressen und gefressen werden”! Deshalb dürfen wir den „Vogelfressern” nicht zürnen, sie haben ALLE ihre Berechtigung im Naturgefüge.

Um ein Geschehen aus 100 Metern Entfernung genau verfolgen zu können, müssen wir Menschen uns schon technischer Hilfsmittel bedienen. Der Bussard dagegen verfügt über eine Art eingebautes Fernglas. Im Zentrum seines “Adlerauges” stehen die Sinneszellen so dicht, dass ihm auch über große Distanzen kein Detail entgeht. Beim Orten von Beute hilft dem Vogel aber nicht nur seine Scharfsichtigkeit. Das Bussardauge nimmt auch UV-Licht wahr. Ein klarer Vorteil bei der Mäusejagd, denn der Urin von Mäusen reflektiert UV-Strahlen. So kann der Bussard die “Pinkelspuren” der Nager erkennen und schon von Weitem beurteilen, ob es sich für ihn lohnt, eine bestimmte Wiese genauer “unter die Lupe zu nehmen.”

Mäusebussarde sind sehr Paar- und auch Reviertreu und werden im 2. bzw. 3. Jahr geschlechtsreif. Der älteste deutsche Ringvogel wurde 25 Jahre und 4 Monate alt. Interessant ist eine Meldung aus Sachsen: Ein am 12.06.1984 in Niederfrohna als nestjung beringter Mäusebussard wurde am 19.11.2008 tot in Burgstädt, OT Helsdorf, Mittelsachsen, aufgefunden. Mit 24 Jahren und 5 Monaten erreichte dieser Vogel ein erwähnenswertes Alter. Die geringe Entfernung zwischen diesen beiden Orten (ca. 10 km) beweißt auch die Standorttreue.

Der Mäusebussard gehört in Deutschland zu den Standvögeln, in einigen anderen Ländern wird er den Zugvögeln zugerechnet. Während des Vogelzugs im Herbst kommen viele Bussarde aus Skandinavien und überwintern in Deutschland. Man schätzt den Bestand des Mäusebussards auf etwa 70.000 Paare in Deutschland. Lokal schwanken seine Bestände zwar in Abhängigkeit vom Feldmausangebot, aber der Mäusebussard ist in Mitteleuropa der häufigste Greifvogel.

Im Winterhalbjahr mischen sich unter die Mäusebussarde auch deren nordische Vettern, die Raufußbussarde. Regelmäßig tauchen sie im Winterhalbjahr in der norddeutschen Tiefebene bis an die Mittelgebirgsschwelle auf. Sie meiden Wälder und man sieht sie nahezu ausschließlich im Offenland, wo sie regelmäßiger als Mäusebussarde rüttelnd (d.h. mit schnellen Flügelschlägen gegen den Wind „auf der Stelle stehend”) nach Nahrung suchen.

Sie sind etwas größer, wirken kräftiger und etwas „adlerähnlicher” als Mäusebussarde und haben längere Flügel mit deutlicherem „Knick” zwischen Arm- und Handflügel. Zudem schlagen die Raufußbussarde etwas langsamer mit den Flügeln.

In Sachsen kommt noch ein anderer Greifvogel vor, der die Bezeichnung „Bussard” in seinem Namen trägt – der Wespenbussard, welcher jedoch kein „echter” Bussard ist. Im Gegensatz zum durchaus ähnlichen Mäusebussard, der seine Flügel beim Segelflug flach V-förmig hält, kreisen Wespenbussarde in der Regel mit brettartig gerade gehaltenen Flügeln. Er ernährt sich zum überwiegenden Teil von Insekten und deren Larven, seine Krallen sind eher zum Ausgraben von unterirdischen Wespennestern gebaut und daher nur wenig gekrümmt, die Federn im Gesichtsbereich sind besonders fest und schuppenartig zum Schutz vor Stichen seiner Hauptbeute und seine Augen setzen mehr seitlich am Kopf an, als bei den meisten anderen Greifvögeln, was dem Wespenbussard einen fast schon tauben- oder kuckucksartigen Gesichtsausdruck verleiht.

Die Vorkommen des Wespenbussards in Sachsen erstrecken sich von der Ebene bis ins Mittelgebirge mit Brutnachweisen in nahezu allen Naturräumen. Der Gesamtbestand für Sachsen wird mit 150 bis 300 Brutpaaren angegeben.

Klaus Rost

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