Aus der Vogelwelt: Grasmücke I

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Wenn von Grasmücken die Rede ist, dann handelt es sich nicht, wie der Laie vielleicht meinen mag um Insekten, sondern in Fachkreisen sind diese auch unter dem Begriff Graue Schlüpfer bekannt. Der Name Grasmücke kommt aus dem Althochdeutschen von Grasmucka = Grauschlüpfer. Die Grasmücken sind mehr oder weniger graubraun gefärbte Singvögel, die geschickt durch niedrige Dickichte schlüpfen. Grasmücken leben in Wäldern und dichtem Gebüsch, einige Arten kommen gerne in Gärten. Ihr Gesang ist oft laut und charakteristisch, so dass man sie daran gut erkennen und unterscheiden kann.

In Deutschland kommen 5 Arten als Brutvogel vor. Es sind dies die Dorn-, Zaun-, Mönchs-, Klapper- und Sperbergrasmücke. Nicht alle fünf Arten kommen in unseren Gärten vor. Trotzdem möchte ich Ihnen die Arten im Einzelnen vorstellen.

Die Mönchsgrasmücke ist wohl von allen Grasmückenarten die in unseren Gärten am häufigsten vorkommende Grasmücke. Besonders dort wo im Außenbereich unserer Gartenanlagen umfangreiche Gebüschpflanzungen vorhanden sind, errichtet sie als Frei- oder Gebüschbrüter in 0,5 bis ca. 1,5 m Höhe ihr Nest. Der locker aus Gräsern, Moos, feinen Wurzeln, Fasern, Pflanzenwolle und Gespinsten bestehende halboffene Napf wird von beiden Partnern in 2 bis 5 Tagen errichtet. Bei der Unterscheidung der Partner hilft uns die Färbung der Kopfplatte. Während das Männchen eine schwarze Kopfplatte hat, haben die Weibchen und die Jungvögel eine rot-braune Kappe. Wegen dieses Merkmals wird sie im Volksmund auch als „Schwarzköpfchen“ oder „Schwarzplättchen“ bezeichnet. Ansonsten ist der kleiner und schlanker als ein Sperling erscheinende Vogel oberseits dunkelgrau und an der Unterseite olivgrau gefärbt. Durch diese Kopffärbung ist die Mönchsgrasmücke von den anderen Grasmückenarten zweifelsfrei zu unterscheiden.

Das Gelege kann ab Ende April/Anfang Mai gefunden werden. Es besteht meistens aus fünf Eiern, die 10 bis 15 Tage bebrütet werden. Die Färbung der Eier ist sehr variabel. Auf einer bräunlich-weißen, grünlich-weißen oder steingrauen Grundfarbe sind dunkelbraune und aschgraue Flecke. Die Eier werden von Männchen und Weibchen gemeinsam ausgebrütet, wobei das Weibchen nachts auf ihnen sitzt. Nach 11 bis 12 Tagen schlüpfen die Jungen, die nach weiteren drei bis vier Tagen ihre Augen öffnen. Die Eltern versuchen den Hunger ihrer Jungen in Form von Insekten und Beeren zu stillen. Nach 10 bis 14 Tagen verlassen die Jungvögel das Nest. Sie werden aber noch weitere zwei bis drei Wochen von den Altvögeln betreut.

Mönchsgrasmücke leben meist sehr versteckt; daher ist die Stimme ein wichtiges Zeichen, um sie zu orten. Ihre Rufe sind ein hartes „tek“ „tek“, der Gesang ist (laut) flötend; die Männchen können dabei auch „leiern“ : „ dila dila dila“.

Im Sommer besteht die Nahrung aus diversen Spinnen sowie Insekten und deren Larven; im Herbst wird sie zum Vegetarier und frisst hauptsächlich Früchte und Beeren verschiedenster Sträucher, wie von Holunder, Heckenkirsche oder Hartriegel, die dann als Hauptnahrungsquelle dienen. Untersuchungen haben gezeigt, dass Mönchsgrasmücke bei uns in Mitteleuropa die Früchte von mehr als 60 verschiedenen Straucharten zu nutzen vermögen. Diese Flexibilität hat sicher dazu beigetragen, dass ihre Bestände erfreulich stabil sind, ja gebietsweise sogar zugenommen haben. Immer öfter kann man einzelne von ihnen auch im Winter bei uns entdecken, da der Anteil an überwinternden Vögeln und solchen, die ihren Zugweg verkürzt haben, seit ein paar Jahren signifikant zugenommen hat.

In größerem Gebüsch, am liebsten in dornenbewehrten Büschen, ist die Gartengrasmücke zu Hause. Entsprechend schwierig ist es, sie zu Gesicht zu bekommen. Viel eher wird man auf ihren wohlklingenden, orgelnden Gesang aufmerksam, den sie in schier endlosen Strophen vorträgt. Ein rhythmisches “wät-wät-wät” dient als Warnruf. Ganz im Gegensatz zum Gesang ist der durchweg beige-braun gefärbte Vogel selber ausgesprochen unscheinbar. Die Oberseite der Gartengrasmücke ist olivbraun und die Unterseite weißbraun gefärbt. Nicht sonderlich auffällig sind die blassen, hellen Augenringe, die Beine sind grau gefärbt. Beide Geschlechter sehen gleich aus.

Ihr Name täuscht ein wenig. Gartengrasmücken sind in unseren Gärten sehr viel seltener zu finden als beispielsweise Mönchsgrasmücken. Sie siedeln sich lieber in Hecken, Feldgehölzen und an Waldrändern an, kommen bei ausreichend üppiger Vegetation aber auch in Parks, Friedhöfen, an Bahndämmen und in naturnahen Gärten vor.

Während zur Brutzeit Insekten, Spinnen und Raupen von Blättern und Zweigen abgelesen werden, stehen im Sommer nahrhafte Holunderbeeren und andere Früchte ganz oben auf dem Speiseplan. Dann gilt es, Kalorien für den anstrengenden Flug ins afrikanische Überwinterungsquartier zu sammeln, aus dem die Gartengrasmücken erst recht spät – Ende April bis Anfang Mai – zurückkehren. Gartengrasmücken verbringen den Winter südlich der Sahara. Und … man mag es kaum glauben: diese kleinen Vögel finden bei ihrer Rückkehr nach Europa den Weg wieder in die gleichen Büsche zurück, in denen sie in den Vorjahren ihr Nester hatten. Als sogenannte Langstreckenzieher legen Gartengrasmücken oft mehr als 20.000 Kilometer pro Jahr zurück.

Das napfförmige Nest ist ein leicht sperriger Bau aus Halmen, trockenen Stängeln und etwas Moos, der recht schlampig zusammengebaut wird. Die Nestmulde ist innen mit feineren Halmen und Tierhaaren ausgelegt. Nach der Brut zerfällt das Nest wegen seiner losen Bauweise auch schon wieder.

Es steht meist niedriger als 1 m über dem Boden. Das Gelege besteht aus vier bis fünf Eiern, die den Mönchsgrasmückeneiern zum Verwechseln ähnlich sind. In der Regel wird eine Jahresbrut durchgeführt, gelegentlich auch zwei. Auch wird hier, wie bei der Mönchsgrasmücke, das Brutgeschäft von beiden Partnern durchgeführt. Die Brutdauer liegt zwischen 11 und 16 Tagen. Bevor die  Jungen das Nest verlassen, werden sie 9 bis 14 Tage in diesem gehudert und gefüttert. Die ältesten Ringvögel wurden bisher 9 und 10 Jahre alt; in Gefangenschaft gehaltene Tiere erreichten sogar Rentenalter von 18 und 24 Jahren.

Um zusagende Lebensbedingungen für die Grasmückenarten in unseren Gartenanlagen zu schaffen, ist es sinnvoll, im öffentlichen Grünbereich unserer Anlagen freiwachsende und früchtetragende Heckengehölze anzupflanzen.

Klaus Rost

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