Die ähnliche Lebensweise und besonders die auffallende Ähnlichkeit der Nahrungsbeschaffung und -zusammensetzung führten zu der Ansicht, dass Greifvögel und Eulen nahe Verwandte seien. In Wirklichkeit sind sie sehr verschieden. Die Bezeichnung „Nachtgreifvögel“ ist darauf zurückzuführen, dass sie, ähnlich wie die Greifvögel, kräftige Läufe besitzen und mit nadelscharfen, bogenförmigen Krallen zum Ergreifen der Beutetiere geeignet sind, dass sie einen ähnlichen hakenförmig gebogenen Schnabel haben und dass ihre Nahrung zum größten Teil aus warmblütigen Wirbeltieren besteht. Eulen erreichen niemals die Dimensionen, die bei den größten Greifvögeln gegeben sind.
Von Riesen und Zwergen unter den Eulen
Die kleinste, etwa starengroße, Eule wiegt ungefähr 75 Gramm und ihre Spannweite beträgt 35 bis 40 cm. Es ist der Sperlingskauz. Die mittelgroßen Eulen, die ungefähr die Größe einer Saatkrähe, Dohle oder Taube erreichen, haben ein Gewicht von 200 bis 700 Gramm und eine Spannweite von 90 bis 110 cm. Zu ihnen gehören Schleier- und Waldohreule sowie der Waldkauz. Die allergrößten Eulen, Uhu und Schnee-Eule, wiegen 2,5 bis 3,5 kg, und ihre Spannweite erreicht 150 bis 180 cm.
Von den 13 europäischen Eulenarten siedeln Schnee-Eule, Bartkauz, Habichtskauz und Sperbereule im Norden Europas. Die Zwergohreule dagegen ist in Südeuropa beheimatet. Insgesamt 10 Eulenarten brüten in Deutschland. Mit Ausnahme der noch recht häufig vorkommenden Waldohreule und des Waldkauzes sind die übrigen Eulenarten hierzulande jedoch immer seltener anzutreffen. Die Sumpfohreule ist in einigen Gebieten vom Aussterben bedroht.
In der seit 1971 durch den NABU und den LBV initiierten Aktion „Vogel des Jahres“, bei der durch die jährliche Ausrufung eines Kandidaten auf dessen Gefährdung der Art und ihres Lebensraumes aufmerksam gemacht wird, fanden bisher der Steinkauz (1972), die Schleiereule (1977), der Uhu (2005) und der Waldkauz (2017) Einzug in diese Liste.
Der Sperlingskauz (Glaucidium passerinum) gehört zu den kleineren heimischen Eulenarten. Kennzeichnend sind neben der geringen Größe vor allem der kompakte Körperbau, ein relativ kurzer Schwanz und ein flacher, breiter Kopf. Das Gefieder ist oberseits graubraun mit weißen rundlichen Tropfenflecken, die hellere Unterseite ist mit verwaschenen braunen Längsstreifen versehen. Im Gesicht fallen die gelben Augen und breite weißliche Überaugenstreifen auf. Die Geschlechter sind anhand der Färbung nicht unterscheidbar.
Der Sperlingskauz ist dämmerungs- und tagaktiv. Häufig legt er Nahrungsdepots an. Der Gesamtbestand der in Sachsen nicht gefährdeten Art beträgt zwischen 300 und 600 Brutpaare.
Der Verbreitungsschwerpunkt des Sperlingskauzes in Sachsen ist das Bergland, vom Vogtland über Erzgebirge und Sächsische Schweiz bis hin zum Oberlausitzer Bergland und Zittauer Gebirge. Darüber hinaus gibt es auch Brutnachweise aus dem Hügelland (z.B. Westlausitzer Hügel- und Bergland) und auch aus dem Tiefland (Königsbrück-Ruhlander Heiden, Oberlausitzer Heide- und Teichgebiet).
Für die Brut werden Buntspechthöhlen in Fichten bevorzugt. Die Paare scheinen dabei reviertreu zu sein. Sie leben in monogamer Saisonehe, gelegentlich auch in Dauerehe. Der Herbstbalz im Oktober, die der Revierabgrenzung dient, folgt die eigentliche Balz Anfang März bis Mitte April. Anfang April bis Mitte Mai legt das Weibchen im Abstand von 2 Tagen 4 bis 6 weiße, schwach glänzende Eier, die es ab dem letzten Ei 28 bis 30 Tage bebrütet. Das Männchen sorgt für das Futter, das das Weibchen außerhalb der Höhle entgegennimmt und dann an die Jungen verfüttert. Nach der Fütterung reinigt das Weibchen die Bruthöhle von Nahrungsresten und Gewöllen. Am Fuß des Brutbaumes bildet sich ein Müllhaufen, ein Zeichen für die Brut. 21 bis 25 Tage nach dem Schlüpfen sieht man die Jungen am Einflugloch, nach 31 bis 34 Tagen fliegen sie aus. Danach werden sie noch weitere 4 Wochen von den Eltern versorgt.
Der Sperlingskauz erbeutet zu 2/3 Kleinsäuger, v.a. Erd-, Rötel- und Waldspitzmäuse, zu 1/3 Drittel Kleinvögel bis zur Größe einer Amsel. Im Winter und bei Mäusemangel ist der Anteil an Vögeln an der Nahrung wesentlich größer.
Der Uhu (Bubo bubo) ist mit 60 bis 75 cm Größe und einer Spannweite von 160 bis 170 cm die größte europäische Eule und deutlich größer als ein Mäusebussard. Kennzeichnend sind der massige Körper und der dicke Kopf mit auffälligen Federohren und großen, orangegelben Augen. Das Optimalbiotop des Uhus umfasst Felsen, Wälder, Freiflächen und Gewässer.
Er ist ein Halbhöhlen- oder Freibrüter und baut selbst kein Nest. Als Brutplätze nutzt er Felsen, Steilhänge, Steinbrüche, Kies- und Sandgruben. Störungsarme Brutnischen mit Überhängen und freie Anflugmöglichkeiten sind wichtig.
Der Uhu brütet aber auch auf alten Greifvogelnestern, auf Jagdkanzeln, seltener am Boden oder in Gebäuden. Schwerpunkte seines Vorkommens sind im Vogtland, der Sächsischen Schweiz und in Teilen des Erzgebirges. Im Hügelland liegen Nachweise für die Durchbruchstäler der Elbe bei Meißen und der Zwickauer Mulde sowie aus dem Westlausitzer Hügel- und Bergland, der Östlichen Oberlausitz und dem Nordsächsischen Platten- und Hügelland vor.
Der Gesamtbestand der nach der Roten Liste in Sachsen auf der Vorwarnliste stehenden Art wird mit 70 bis 100 Brutpaaren angegeben. In Deutschland gibt es nach Bestandszunahmen derzeit 2.100 bis 2.500 Uhu-Paare (im Jahre 2003 noch 900 bis 1.000).
Der Uhu erjagt kleinere Säugetiere bis zur Größe von Igeln, Hasen und Rehkitzen sowie mittelgroße Vögel (Krähen, Habicht, Graureiher und alle kleineren Eulen). Der Uhu ist Such- und Ansitzjäger. Er kann in der freien Natur mindestens 19 Jahre alt werden, in Gefangenschaft sogar bis zu 60 Jahre. Er hat in der Natur keine natürlichen Feinde. Hauptursachen für seine Bestandsgefährdung sind vor allem Unfälle an Stromleitungen sowie im Schienen- und Straßenverkehr.
Wenn sich ein Uhu-Paar gefunden hat, bleibt es für den Rest ihres Lebens zusammen. Während der Brutzeit kümmert sich das Männchen zudem um Nahrung für das Weibchen. Die angenehme, etwa wie „bu-hu“ klingende Stimme des Uhus ist meist in der Brutzeit zu hören. Schon im Dezember und Januar kommen die Paare zu ihren jahrelang benutzten Horstplätzen geflogen. Ende März und im April legt das Weibchen, auf die fast bloße Unterlage, 2 bis 4 weiße Eier. Nach 35 Tagen schlüpfen die hellen Dunenjungen aus.
Die Nahrung wird von beiden Partnern heran getragen. Mit etwa zehn Wochen sind sie flugfähig, verlassen das Nest aber bereits Wochen zuvor und zerstreuen sich in der Umgebung des Brutplatzes. Auch nach dem Ausfliegen werden die Jungvögel noch lange versorgt, bis sie im Spätsommer und Herbst schließlich selbstständig sind. Die Jungvögel siedeln sich meist nur in einer Entfernung von bis zu 80 Kilometern vom Geburtsort an.
Auf die Nahrungssuche begibt sich der Uhu nur nachts und ergreift seine Beute auf dem Boden wie auch im Flug. Er sieht und hört ausgezeichnet. Sein Jagdrevier umfasst etwa 70 km². In diesem Umkreis ist vor seinem Angriff fast kein Geschöpf sicher.
Klaus Rost