§ Sie fragen – wir antworten
Eis, Schnee, Matsch – es ist Winter. Welche Verantwortung trägt der Kleingärtnerverein für die Sicherheit der innerhalb der Kleingartenanlage befindlichen und an die Kleingartenanlage angrenzenden öffentlichen Straßen und Wege?
Dem Kleingärtnerverein (KGV) obliegen als Betreiber einer Kleingartenanlage (KGA) – ungeachtet der in der Praxis anzutreffenden Vielfältigkeit der Eigentumsverhältnisse an dessen genutzten Grund und Boden Verkehrssicherungspflichten, die den Charakter von Rechtspflichten (Handlungspflichten i.S. § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) tragen. Sachbezogen ergeben sich diese aus Rechtsvorschriften und Verträgen (siehe LGF 09/2021, S. 12). Rechtspflichten – hier Anliegerpflichten – die auf den Schutz und die Sicherheit der KGA mit ihren Kleingärten und Gemeinschaftsflächen/-einrichtungen ebenso gerichtet sind wie auf den Schutz Dritter (Gäste, Besucher, Eigentümer/Mieter angrenzende Grundstücke usw.) vor Gefahren- und Schadensereignissen, die für sie und/oder ihr Eigentum von der KGA ausgehen können. Und nicht unerwähnt kann zugleich der Schutz des KGV vor Schadensersatzforderungen Geschädigter sein. Insofern bezieht sich die Verantwortung des KGV – hier gegenstandsbezogen die Räum- und Streupflicht – nicht nur auf die innerhalb der KGA liegenden Vereinswege, sondern ggf. auch auf zur KGA zuführende, angrenzende und in Einzelfällen die KGA durchquerende “öffentliche Wege und Straßen”. Entsprechende Zuständigkeiten ergeben sich, basierend auf dem Sächsischen Straßengesetz aus den kommunalen Regelungen. Für KGV im Territorialbereich der Stadt Leipzig aus der Satzung über den Winterdienst.
Bestehen diesbezüglich Unklarheiten bzw. Unsicherheiten für den KGV als Betreiber einer KGA im Status eines Grundstückeigentümers bzw. (im Regelfall) als Pächter eines Grundstücks hinsichtlich des zu leistenden Winterdienstes, dann sollte sich der Vorstand des KGV nach Rücksprache mit dem Vorstand des SLK bzw. des KVL mit dem für den Sitz des KGV/Standort der KGA zuständigen Ordnungsamt der Stadt/Gemeinde in Verbindung setzen.
Im Rahmen der geschäftsführenden Tätigkeit des Vorstandes des KGV erstreckt sich die durch den Vorstand zu organisierende Verkehrssicherung auch auf die Kontrolle der dem Pächter eines Kleingartens (Kg) obliegenden sich aus dem Kleingartenpachtvertrag und der Kleingartenordnung ergebenden Pflichten hinsichtlich der Pflege der an den Kg angrenzenden Wege.
Hat der KGV die Gemeinschaftseinrichtung “Vereinsheim” zum Betreiben einer Gaststätte vermietet, sind aus Gründen der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für beide Vertragsparteien im Mietvertrag klare verbindliche Regelungen hinsichtlich der Zuständigkeit für den Winterdienst auf den Zugangswegen/-straßen zur Mietsache zu treffen. Gegenstand sollten auch alle die Zuständigkeiten für die Beleuchtung der Zugangswege/-straßen betreffenden Fragen sein. Gegebenenfalls ist anwaltlicher Rat bzw. anwaltliche Unterstützung bei Vertragsabschluss oder einer Vertragsänderung/-ergänzung geboten.
Aus der herrschenden Rechtsmeinung und dem in der Vereinspraxis der im SLK und dem KVL organisierten KGV realisierten Grundsatz der Öffentlichkeit der KGA kann unter anderem nicht hergeleitet werden, dass die KGA, ungeachtet der Jahreszeit bzw. der vorhandenen oder zu erwartenden Risiken für die Besucher und Gäste der KGA auf den Vereinswegen und anderen der Öffentlichkeit zugängigen Gemeinschaftsflächen/-einrichtungen zu jeder “Tageszeit” die KGA betreten werden darf bzw. Einschränkungen unzulässig sind. Die Zutrittserlaubnis kann sowohl in der Besucherordnung des KGV jahreszeitlich als auch in sich aus der aktuellen Situation gefassten Beschlüssen des KGV bzw. des hierzu berechtigten Vorstandes eingeschränkt und in Ausnahmefällen aufgehoben werden. Entscheiden ist, dass die Besuchswilligen eindeutig vor/beim Zutritt zur KGA auf den vorgesehenen Zugängen zur KGA auf das Betretungsverbot bzw. auf die aktuellen Einschränkungen hingewiesen werden. Lediglich Schilder an den Zugängen wie ” Kein Winterdienst“ , “Eingeschränkter Winterdienst !” oder “Betreten auf eigene Gefahr!” können in einem Rechtsstreit oder im Falle einer Strafanzeige den Schweregrad unter Berücksichtigung aller Umstände ggf. mindern aber die Verantwortlichkeit des KGV nur sehr selten ausschließen. Gemeint sind vor allem Fälle, wo der KGV seinen Verkehrssicherungspflichten nicht oder nur in einem unvertretbaren Umfang nachgekommen ist.
Dr. Wolfgang Rößger