Welche Verkehrssicherungspflicht gilt für Kleingärtner ? (2)

§ Sie fragen – wir antworten

Beschränkt sich die Verantwortung des Kleingartenpächters hinsichtlich der Gewährleistung der Sicherheit des Kleingartens nur auf den Personenkreis, der sich mit Zustimmung des Pächters im Kleingarten aufhält?

Wie im Teil 1 der Beitragsserie begründet, trägt jeder Pächter die Verantwortung dafür, dass von seinem Kleingarten keine Gefahren für Leben, Körper, Gesundheit anderer Menschen und deren Eigentum ausgehen und er, angepasst an das im Kleingarten vorhandene Gefahrenpotential, Sorgfalt bei dessen Nutzung u.ä. walten lässt und bei Vorhandensein von Quellen erhöhter Gefahr (wie Feuerstätte, Gartenteich, Badebecken) die ihm obliegenden Verkehrssicherheitspflichten erfüllt.

Insofern fallen unter den zu schützenden Personenkreis nicht nur Personen, die sich in seinem Kleingarten befinden, sondern auch die Gartennachbarn und Personen, die sich in der Kleingartenanlage (KGA) aufhalten. Je nach Lage des Kleingartens und anderer Umstände können auch Personen außerhalb der KGA gefährdet sein, folglich ein Schutzbedürfnis haben und bei Missachtung der Sorgfalts- und Verkehrssicherungspflichten durch den Pächter zu Schaden kommen.

Begrenzt auf das Betreten und den Aufenthalt im Kleingarten ist zwischen berechtigten und unberechtigten Zutritt und Aufenthalt und zwischen Erwachsenen und Kindern zu unterscheiden. Nach herrschender Rechtsmeinung besteht für den Pächter gegenüber erwachsenen Personen, die sich unbefugt in seinen Kleingarten begeben und aufhalten keine rechtliche Verantwortung hinsichtlich der Gewährleistung der Verkehrssicherheit. Diese Rechtsposition sollte jedoch nicht als Freibrief angesehen werden, weil im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, die Sachlage und folglich auch die Rechtslage eine andere sein kann.

Um im Schadensfall Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen, sollten klare Verhältnisse mit den Gartennachbarn geschaffen werden, wenn diese – bei fehlender Einfriedung oder Missachtung derselben – wissentlich zwischen den Kleingärten „wandeln“, ohne dass dieser Praxis (nachweislich) widersprochen, aber auch kein Einverständnis signalisiert wurde. Bei Pächterwechsel der Nachbarn sollten die Nachfolger ggf. auf Gefahrenquellen – wie Vorhandensein eines Gartenteiches – hingewiesen werden.  

Richtigerweise sind die Rechtsmeinungen – stützend auf die Rechtsprechung – zur Verantwortung und Verantwortlichkeit des Kleingartenpächters gegenüber Kindern, die ohne seiner Zustimmung den Kleingarten betreten sowie sich in diesem aufhalten und demzufolge mit Gefahrenquellen konfrontiert werden, eine andere.

Kleinkinder und Kinder im Vorschulalter verlangen wegen ihres psychischen, geistigen und körperlichen Entwicklungsstandes, ihrer Unbesonnenheit, Unbekümmertheit und Unerfahrenheit sowie ihres Erkundungsdrangs besondere Zuwendung und Vorsorgemaßnahmen. Für deren fortwährende Beaufsichtigung – und damit für die Abwendung von Gefahren – ist in jedoch in aller erster Linie der Aufsichtspflichtige verantwortlich.  

Die Verletzung der Aufsichtspflichten Schutzbefohlener führt nicht geradlinig zur Befreiung von der Verantwortung des Pächters des „Besuchergartens“ Folglich: Die konkrete Sachlage gibt auch hier die Antwort.

Bei fehlender, lückenhafter, defekter oder relativ leicht zu überwindender Einfriedung finden Kinder schnell das Interesse an bestimmten Dingen, ohne deren Standort und sich daraus ergebenden Verhaltensregeln beurteilen zu können bzw. zu wollen. Dies z.B. dann, wenn von der Sache eine besondere Neugierde geweckt wird (wie bei Vorhandensein eines Gartenteiches, eines Badebeckens, einer Spieleinrichtung).

Der Pächter und Eigentümer der Sachen mit Gefahrenpotential kann sich insofern nicht in jedem Fall auf die Verletzung von Aufsichtspflichten von Aufsichtsverpflichteten berufen, sondern zugleich stellt sich die Frage, ob er unter Berücksichtigung der konkreten Sachlage zum Schutz der Kinder seiner rechtlichen Verantwortung nachgekommen ist.

Bei Kindern älterer Altersgruppen, die unbefugt seinen Kleingarten betreten, muss der Pächter, insbesondere dann, wenn er selbst diesbezügliche Wahrnehmungen gemacht hat oder von anderen Gartenfreunden darauf hingewiesen wurde, seine Verantwortungslage kritisch betrachten und dementsprechende Vorsorgemaßnahmen zu deren Schutz treffen.

Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger

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