Verfahrensweisen bei jugendlichen Bewerbern

§ Sie fragen – wir antworten

Nicht nur Kinder und Enkelkinder unserer Gartenfreunde im jugendlichen Alter stellen an uns Vorstände Fragen hinsichtlich der Aufnahme als Mitglied im Kleingärtnerverein (KGV) und der Begründung eines Pachtverhältnisses über einen Kleingarten, sondern auch „vereinsfremde“ Personen. Eine schwierige Entscheidung – was haben wir zu beachten?

Zunächst ist erst einmal festzustellen, dass die deutsche Sprache sehr bunt ist, was die Charakterisierung von Altersgruppen der weiblichen und männlichen Personen betrifft. Auch in Gesetzen und in anderen Rechtsvorschriften sind – dem Regelungszustand angepasst – unterschiedliche Bezeichnungen / Definitionen anzutreffen. Bezüglich der Rechtsverhältnisse Mitgliedschaft im KGV und einem Pachtverhältnis über einen Kleingarten gelten die diesbezüglichen Altersgruppen-Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Und hier wird zwischen Volljährigen und Minderjährigen unterschieden.
Mit der Vollendung des 18. Lebensjahres ist eine natürliche Person volljährig (§ 2 BGB). Ab diesem Zeitpunkt ist sie voll geschäftsfähig. Minderjährigen, d.h. Personen, die das 7. Lebensjahr aber nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, sind beschränkt geschäftsfähig (§ 106 BGB).
Dieser durch den geschäftsführenden Vorstand des KGV zu beachtende Wille des Gesetzgebers ist vor allem bedeutungsvoll, weil die Abgabe einer Willenserklärung – hier der Aufnahmeantrag als Vereinsmitglied – ggf. verbunden mit dem Begehren auf Abschluss eines Kleingartenpachtvertrages – eines Minderjährigen die Einwilligung dessen gesetzlichen Vertreters als Wirksamkeitsvoraussetzung bedarf (§§ 107, 108 BGB). Das heißt: Vor oder nach der Abgabe der Willenserklärung des Minderjährigen im Regelfall durch beide Elternteile oder die/dem Alleinerziehende/n zu erteilen.
Bezogen auf die Mitgliedschaft schließt die erteilte Einwilligung des gesetzlichen Vertreters das Recht zur Wahrnehmung aller sich aus der Vereinssatzung ergebenden Rechte und die Erfüllung der sich aus der Mitgliedschaft ergebenden Pflichten ein.
Soweit geboten, sollte bei Formulierungen in der Vereinssatzung, in Beschlüssen der Mitgliederversammlung (MV) oder des Vorstandes, in Vertragstexten u.ä. auf eine diesbezügliche Rechtsklarheit geachtet werden. Eine eindeutige und rechtlich haltbare Regelung in der Vereinssatzung hinsichtlich der Alters-Voraussetzung zur Aufnahme als Mitglied: „Mitglied des Vereins kann jede volljährige und geschäftsfähige Person werden.“
Aus rechtlicher Sicht gibt es, und so wird es in der Praxis auch gehandhabt, durchaus die Möglichkeit, als Minderjähriger einem Verein – so auch einem KGV – beizutreten. Auch der Abschluss eines Kleingartenpachtvertrages, um den Vereinszweck folgend, aktiv als Kleingärtner tätig zu werden ist – wie der Abschluss eines Mietvertrages über eine Wohnung ist aus rechtlicher Sicht möglich.
Der Gesetzgeber schreibt kein Mindestalter für eine Mitgliedschaft in einem Verein und/oder eines Pachtverhältnisses vor. So ist es auch durchaus möglich, dass minderjährige Vereinsmitglieder ein Vorstandsamt ausüben oder als Beauftragter des Vorstandes tätig werden.
Die diesbezüglichen Entscheidungen hat grundsätzlich die MV zu treffen und ist als solche in der Vereinssatzung (!) zu fixieren. Tritt der KGV im Rechtsverkehr als juristisch selbstständige Person, wie es bei den KGV im Wirkungsbereich des SLK der Fall ist, auf, dann sollte auch die MV den Beschluss über die Möglichkeit des Abschlusses eines Kleingartenpachtvertrages mit Minderjährigen treffen.
Die anzutreffenden Positionen und die anzutreffende Praxis, den Beitritt zu einem KGV und den Abschluss eines Kleingartenpachtvertrages auf minderjährige Personen zu beschränken, die das 16. Lebensjahr vollendet haben, sind überzeugend und zu unterstützen. Es ist auch überlegenswert, den Abschluss von Kleingartenpachtverträgen mit Minderjährigen nur in Pächtermehrheit Eltern, Geschwistern, Großeltern des Minderjährigen oder auf Minderjährige zu beschränken, die sich in einer zur Kleingärtnerei artverwandten Berufsausbildung befinden.
Das, wie an anderer Stelle genannt, erforderliche Einverständnis des gesetzlichen Vertreters des Minderjährigen sollte grundsätzlich schriftlich vor der Entscheidungsfindung des KGV vorliegen und der Handakte des Vorstandes beigefügt werden. Für jedes gewollte Rechtsverhältnis des Minderjährigen sollte eine gesonderte Einwilligung des gesetzlichen Vertreters gefordert werden. Nicht abwegig ist auch, ein persönliches Gespräch mit dem gesetzlichen Vertreter des Jugendlichen, um ihn auf die aus dem/den Vertragsverhältnis/sen entstehenden finanziellen und anderen Verpflichtungen aufzuklären.

Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger

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