§ Sie fragen – wir antworten
Vereinsordnungen
Welche rechtliche Bedeutung haben Vereinsordnungen? Was ist hinsichtlich ihrer Erarbeitung, Inkraftsetzung, ihres Geltungsbereiches und ihrer Geltungsdauer zu beachten? Gelten Vereinsordnungen auch für Kleingartenpächter, die nicht Mitglied des Kleingärtnervereins sind?
Hinweise:
In Kleingärtnervereinen (KGV) kommen öfter auch Vereinsordnungen (VO) zur Anwendung. Aus rechtlicher Sicht sind sie nachrangige Vorschriften und auch als solche zu bezeichnen und zu behandeln.
Den KGV betreffende grundlegende Regelungen sind durch die Mitgliederversammlung zu treffen und in der Vereinssatzung zu dokumentieren (siehe Beitrag im Leipziger Gartenfreund 01/2021). Darauf sollte und muss man sich bei der Gestaltung einer Vereinssatzung auch beschränken.
Im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) oder in anderen einschlägigen Gesetzen gibt es bezüglich der Erarbeitung und des Umgangs mit VO keine speziellen Regelungen, die zu beachten sind. Daher kommt der Gestaltung der Vereinssatzung, der Fassung der VO und bei deren Anwendung/Umsetzung im Vereinsleben der Beachtung anerkannter, in der einschlägigen Rechtspraxis zur Anwendung kommender rechtlicher Vorgehensweisen große Bedeutung zu.
Vereinsordnungen können mit ihrer Gestaltung und ihrem Inhalt dem Erhalt und der Entwicklung des KGV und damit zugleich der Förderung des Kleingartenwesens dienen. Sie dürfen jedoch in der Vereinssatzung getroffene Grundsatzentscheidungen weder ersetzen noch widersprechen. Den in der Vereinssatzung festgeschrieben grundsätzlichen Willen der Mitgliederversammlung dürfen VO weder erweitern noch einschränken.
Sie sollen mit Weitsicht entworfen und beschlossen werden, um sie nicht fortwährend über-arbeiten bzw. neu fassen zu müssen.
Der Zweck von VO besteht vor allem darin, Rechte und Pflichten von Verantwortungsträgern, Detailfragen der kleingärtnerischen Nutzung der Kleingartenanlage (KGA) und damit im Zusammenhang stehender Fragen verständlich und auf eine hohe Wirksamkeit ausgerichtet auszugestalten und mittels Beschlussfassung für den Adressatenkreis zu regeln. Insofern sind VO hilfreich. Ihre Realisierung kann das rechtssichere Vereinsleben unterstützen.
Ob eine VO zur Gestaltung des Vereinslebens notwendig ist und welchem Inhalt sie haben soll, kann sich aus den Besonderheiten des KGV und der von ihm betriebenen KGA ergeben. Die Entscheidungsbefugnis für den Erlass einer VO ist in der Vereinssatzung zu regeln. Der Geltungsbereich kann sich auf alle Vereinsmitglieder bzw. auf die betroffenen Vereinsorgane/Verantwortungsträger erstrecken. Der Rechtsgehalt der VO kann aber auch für andere Personen verbindlich sein. (z.B. Pächter, die nicht Vereinsmitglied sind, Besucher, usw.)
Die beschlossenen VO müssen jedem Vereinsmitglied und das ganz gleich, wie er sich für das Vereinsleben interessiert und an diesem teilnimmt, zugängig sein. Das heißt, dass auf Verlangen Einsichtnahme zu gewähren ist.
Die KGV handeln richtig, wenn sie bspw. spezielle für das Kleingartenpachtverhältnis geltende VO dem Pachtinteressenten bei Vertragsabschluss (nachweislich) aushändigen.
Dr. Wolfgang Rößger