Störung des Vereinsfriedens

Was tun, wenn das Ehrenamt missachtet wird?

Wir ehrenamtlich tätigen Vorstände setzen uns unter persönlichem Einsatz, mit Aufwand an Zeit und Geld sowie gesundheitlicher Belastung für die Belange unseres KGV ein – und sind mitunter Beschimpfungen, Bedrohungen, Handgreiflichkeiten und haltlosen Anzeigen von Gartenfreunden ausgesetzt. Wie können wir dagegen vorgehen?

Von den Vorständen unserer KGV wird immer wieder auf den teils rüden Umgangston unter den Gartenfreunden ebenso hingewiesen wie auf die aus der Fragestellung ersichtlichen Verhaltensweisen gegenüber Mitgliedern des Vorstandes und/oder deren Beauftragte. Das hat nicht mit einem sich aus der Pflicht zur Vereinstreue adäquaten Verhalten, der Achtung der Repräsentanten unserer KGV und der demokratischen Meinungsfreiheit zu tun!

Zum Meinungsstreit, auch zur Abwehr von Kritik, sich Vorwürfen zu widersetzen u.a.m. gehört eine Kultur des mündlichen oder schriftlichen Wortes. In solchen Situationen steht zur Wahrung bzw. Wiederherstellung des Ansehens und der Wirksamkeit des Vorstandes sowie des Vereinsfriedens und nicht so sehr die Frage nach den rechtlichen Möglichkeiten im Vordergrund, sondern in erster Linie die Schaffung einer Atmosphäre der Ablehnung derartiger Verhaltensweisen durch alle (!) Gartenfreunde und einer konstruktiven Atmosphäre auf Basis der gegenseitigen Achtung, kameradschaftlichen und kultivierten Umgangs.

Jedem Gartenfreund muss klar sein: Ohne Existenz eines KGV gibt es keine durch das Bundeskleingartengesetz (BKleingG) geförderte und geschützte Kleingartenanlage (KGA)! Ohne Vorstand keinen KGV! Wenn Gartenfreunde unter den geschilderten Umständen nicht mehr zur Übernahme oder der weiteren Ausübung eines Vorstandsamtes bereit sind, kann dies zum Ende des KGV, der KGA und somit jedes Kleingartenpachtverhältnisses mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen führen.

Als rechtliche Möglichkeiten stehen dem KGV gegenüber einem Vereinsmitglied die in der Vereinssatzung vorgesehenen Vereinsstrafen und gegenüber dem Kleingartenpächter die sich aus dem BKleingG und dem Kleingartenpachtvertrag ergebenden Reaktionen zur Verfügung.

Die anzutreffende Praxis, wonach KGV in ihrer Satzung als Grund für einen Ausschluss die gröbliche/massive/schwere Beleidigung von Mitgliedern des Vorstandes oder deren Beauftragten und ein solches Verhalten auch als Grund für die Kündigung des Kleingartenpachtverhältnisses im Kleingartenpachtvertrag vorsehen, ist auch wegen ihrer präventiven Wirkung eine durchaus zu unterstützende Konsequenz. Vereinsstrafen, wie der Ausschluss aus dem KGV, können jedoch nur dann zur Anwendung gebracht werden, wenn sie in der Satzung des KGV vorgesehen sind. Eine fristlose Kündigung des Kleingartenpachtvertrages wegen einer Beleidigung kann auch nur ausgesprochen werden, wenn die Beleidigung den Charakter einer schwerwiegenden Pflichtverletzung trägt (z.B. bei der Herbeiführung von Körperverletzungen bzw. Gesundheitsschäden, schwerer und nachhaltiger Rufschädigung u.ä.) und dadurch der Frieden in der Kleingärtnergemeinschaft so nachhaltig gestört wird, dass dem KGV als Verpächter die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Das Fehlverhalten muss  folglich immer den Kündigungsvoraussetzungen nach § 8 Ziff. 2 BKleingG   entsprechen.

Das von einer Beleidigung betroffene Vorstandsmitglied kann mit schriftlichem Strafantrag (§ 158 StPO) gegen die namentlich bekannte Person oder bei anonymen Personen gegen den zu ermittelnden Täter bei einem Gericht, der Staatsanwaltschaft oder der Polizei die Strafverfolgung wegen Beleidigung (i.S. § 185 StGB) o.a. strafbarer Handlungen auslösen. Wird der Vorstand als Organ des KGV beleidigend diskreditiert, ist auch so zu verfahren.

Beleidigungen sind Antragsdelikte. Generell ist besonnenes, konsequentes und unverzügliches Handeln gegenüber den Gartenfreunden gefragt, die durch ehrverletzendes Verhalten geschützte Persönlichkeitsrechte der Mitglieder des Vorstandes angreifen.

Oft liegt ein überlanger Zeitraum zwischen Fehlverhalten und Reaktion. Im Falle des Rechtsstreites zwischen gekündigtem Pächter (Kläger) und KGV (Beklagter) – z.B. wegen fristloser Kündigung des Kleingartenpachtverhältnisses nach § 8 Ziff. 2 BKleingG kann sich das negativ für den KGV auswirken.

Das wird auch dann der Fall sein, wenn keine Zeugen benannt werden können, die tatsächlich gefallene wechselseitige Worte, Anlass und Verlauf der Auseinandersetzung – so auch die Intensität der verbalen Attacke – objektiv schildern können, keine sofort eingeholten ärztlichen Atteste über Art und Schwere beigefügter Verletzungen vorgelegt werden können, wenn trotz wiederholter ähnlicher Vorkommen nicht mit (schriftlicher) Abmahnung reagiert wurde u.a.m.

Diese Hinweise sind auch für den Fall gewollter Strafverfolgung bedeutsam. An das Vorliegen einer Beleidigung, die sich in einer Kundgabe der Nichtachtung, Geringschätzung oder Missachtung der strafrechtlich geschützten Würde einer anderen Person zeigt, werden hohe Anforderungen durch die Gerichte gestellt.

Es zählt demzufolge nicht, ob man sich beleidigt fühlt, sondern ob z.B. die Beschimpfungen tatsächlich den Charakter einer Beleidigung i.S. § 185 StGB haben und damit die genannten möglichen rechtlichen Konsequenzen (Ausschluss aus dem KGV; Kündigung des Kleingartenpachtverhältnisses; Strafverfolgung) tragen.

Vor Anwendung bzw. Inanspruchnahme genannter rechtlicher Möglichkeiten sollte der KGV bzw. die betroffene Person die vom Stadtverband Leipzig der Kleingärtner angebotenen rechtlichen Beratungsmöglichkeiten (Sprechzeiten Schlichtergruppe, Rechtssprechstunde für Vereinsvorstände) nutzen. Das wird immer hilfreich sein, vor allem wenn Schadensersatzansprüche – auch Schmerzensgeld wegen schwerwiegenden Angriffs auf die Persönlichkeitsrechte – geltend gemacht werden sollen.

Dr. Wolfgang Rößger

Print Friendly, PDF & Email

Weitere interessante Beiträge

blank

Teilnahme an der Mitgliederversammlung

§ Sie fragen – wir antworten Besteht für mich als Vereinsmitglied ein Recht oder die Pflicht zur Teilnahme an der Mitgliederversammlung? Vorbemerkung: Die Mitgliedschaft im Kleingärtnerverein (KGV) nur aus dem…
blank

Kleingartenpachtverhältnisse mit Senioren

§ Sie fragen – wir antworten Ich bin im höheren Lebensalter, leide nunmehr alleinstehend. Der Bedarf an Gartenfrüchten ist daher sehr begrenzt. Der Kleingartenpachtvertrag läuft auf meinen Namen. Den Garten…
blank

Erteilung Hausverbot  

§ Sie fragen – wir antworten Was hat der Vorstand des Kleingärtnervereins bei der Erteilung eines Hausverbots zu beachten? Das Gebot der Wahrung des Hausfriedens in der Kleingartenanlage (KGA) hat…
blank

Außerordentliche Mitgliederversammlung   

§ Sie fragen – wir antworten Ein nicht geringer Teil der Mitglieder unseres Kleingärtnervereins erachtet es für notwendig, nicht erst bis zur turnusmäßigen Mitgliederversammlung mit der Lösung anstehender ernsthafter Vereinsprobleme…
blank

Notvorstand

§ Sie fragen – wir antworten In welcher Situation ist die Bestellung eines Notvorstandes geboten und möglich? Vorbemerkung: Es ist anzutreffenden Positionen zu widersprechen, wonach die Rechtsfähigkeit des Kleingärtnervereins (KGV)…