§ Sie fragen – wir antworten
Für welche an den Kleingartenpächter gerichteten Schreiben des Kleingärtnervereins sollte der Vorstand den Nachweis ihres Zugangs sichern und wie ist dieser Nachweis zu erbringen ?
Eindeutig trifft dies auf Schreiben zu, die eine fristlose Kündigung (§ 8 BkleingG) oder eine ordentliche Kündigung des Kleingartenpachtvertrages (§ 9 BKleingG) zum Gegenstand haben.
Wird im Falle eines Zivilprozesses (Klage auf Räumung und Herausgabe) deren Erhalt vom Kleingartenpächter als Beklagter vor Gericht bestritten, dann hat der Kleingärtnerverein den Beweis des Zugangs des Kündigungsschreibens beim Beklagten (Pächter) zu erbringen.
Aber auch bei schriftlicher Mahnung im Falle der Nichtzahlung der Pacht (i.S. § 8 Ziffer 1 BKleingG) sollte der Nachweis des Zugangs ebenso gesichert werden wie bei schriftlichen Abmahnungen, die wegen der gerügten gravierenden Gesetzes- oder Vertragsverletzungen bei Nichtabstellung zu einer Kündigung des Kleingartenpachtvertrages führen oder in einem anhängigen Zivilprozess für den Ausgang des Verfahrens (z.B. bei Klage auf Abriss oder Rückbau von Baulichkeiten oder auf Beseitigung von Anpflanzungen von der Pachtsache) von Bedeutung sein können. Die Übermittlung der genannten Schreiben per Telefax oder ihre Übermittlung durch E-Mail oder SMS löst die gewollten rechtlichen Wirkungen nicht aus.
Ist der Gartenfreund bspw. in der Kleingartenanlage oder in seiner Wohnung erreichbar, ist die persönliche Übergabe des Vorstandsschreibens an den Kleingartenpächter durch den Vorstand geeignet. Der Vorstand sollte sich den Empfang des Kündigungsschreibens am sichersten auf einer Kopie quittieren lassen. Wird die Empfangsbestätigung abgelehnt, dann sollte die Übergabe unter Zeugen erfolgen, die in einem Zivilprozess die Aushändigung des Kündigungsschreibens bekunden können.
Vorstandsmitglieder sind als Zeugen ungeeignet, andere Vereinsmitglieder schon. In diesen Fällen ist es sinnvoll, ein Protokoll über den Geschehensverlauf anzufertigen, welches der Zeuge ebenfalls unterzeichnen sollte. Der Aushändigung genannter Schreiben an im Haushalt lebender Personen sollte eine anwaltliche Konsultation vorangehen. Im Haushalt lebende Personen sind nicht gleichzusetzen mit Personen, die bspw. die Wohnungstür öffnen.
Bei bekannter Wohnanschrift ist die “einfache Briefsendung” wenig sinnvoll, weil der Erhalt bestritten werden kann. Der Einwurf in den Hausbriefkasten ist möglich. In diesen Fällen sollte ein Zeuge zugegen sein, der vor Gericht ggf. den Einwurf eines Kündigungsschreibens bestätigt. Auch hier sollte ein wie oben geschildertes Protokoll angefertigt werden.
Im Unterschied zu genannten “einfachen Briefsendung” ist der nachweislich zugestellte Versand als Einschreiben ein sicherer Beweis. In Abhängigkeit von der in Betracht zu ziehenden Reaktion des Empfängers sollte zwischen den Einschreibeformen “Einschreiben mit Rückschein”, “Einschreiben-Einwurf” oder “Einschreiben-Eigenhändige Übergabe” gewählt werden. Der Kleingärtnerverein sollte sich unmittelbar nach der Auftragserteilung um den Zustellungsnachweis bemühen.
Ist die aktuelle Wohnanschrift nicht bekannt oder konnte die aktuelle Wohnanschrift oder der aktuelle Aufenthaltsort nicht in Erfahrung gebracht werden, dann sollte ohne weitere nicht zum Erfolg führende Aktivitäten die “Öffentliche Zustellung” ausgelöst werden. In diesen Fällen sollte anwaltlicher Rat eingeholt oder die weitere Vorgehensweise mit einem Gerichtsvollzieher besprochen werden.
Die verschiedentlich anzutreffende Annahme, dass der Aushang eines nicht zustellbaren Schreibens in den Vereinsschaukästen einer “öffentlichen Zustellung” gleichzusetzen ist, ist nicht nur fehlerhaft, sondern kann aus datenschutzrechtlichen Gründen zum Rechtsstreit mit negativen Rechtsfolgen führen.
Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger