Rasenmähen und andere lärmverursachende Gartenarbeiten

§ Sie fragen – wir antworten

Immer wieder gibt es Auseinandersetzungen zwischen den Gartennachbarn, weil einige von ihnen am Sonntag ihren Rasen mit der Begründung mähen: “Schließlich gehen wir arbeiten und diesbezügliche Verbotsregelungen des Vereins sind ohnehin überzogen, wenn nicht sogar haltlos”. Wie ist die tatsächliche Rechtslage?

Lärm – ja selbst Geräusche – werden von den Menschen sehr differenziert wahrgenommen und lösen bei ihnen nicht nur unterschiedliche emotionale Reaktionen – so auch gegenüber Gartennachbarn – aus, sondern können zu negativen gesundheitlichen Wirkungen führen. Daher sind Lärmschutz und Lärmbekämpfung ein staatliches und ein gesamtgesellschaftliches Anliegen, welches sich nicht nur auf den Straßen, Bahn-, Flug- und Baulärm konzentriert.

Einen weiteren Schwerpunkt bilden der Einfluss auf den Großstadtlärm und den Schutz der Flächen im Stadtgebiet vor (übermäßigen, reduzierbaren) Lärm, die den Menschen (Einwohner, Gäste, Besucher) zur Entspannung, Erholung und Begegnung zur Verfügung stehen. Gemeint sind die öffentlichen Grün- und Erholungsanlagen. Zu diesen zählen nicht nur allgemein zugängliche Anlagen (z.B. Parks), sondern auch gärtnerisch gestaltete Anlagen. Somit auch die der Öffentlichkeit zugängigen Kleingartenanlagen (KGA) der im Stadtverband Leipzig der Kleingärtner e.V. (SLK) organisierten Kleingärtnervereine (KGV), deren Betreiber sie sind. Diese KGA sind Teil des „öffentlichen Grüns“ der Stadt Leipzig.

Zu den staatlichen Instrumentarien des Lärmschutzes und der Lärmbekämpfung zählen nicht nur die bundes- und landesrechtlichen Rechtsakte, sondern ebenso auch die diesbezüglichen kommunalen Ordnungsvorschriften. Die Polizeiverordnung über öffentliche Sicherheit und Ordnung in der Stadt Leipzig (PolVO) in der Fassung vom 21. Februar 2015 ist auch für die Kleingärtnerorganisationen (SLK und KGV), die die Verantwortung für die KGA tragen, eine verbindliche Grundlage für die Gestaltung der Rahmenkleingartenordnung (KGO) und der Kleingartenordnungen der KGV und verpflichtet insgesamt zum Einschreiten.

In Punkto Lärmschutz sind die Regelungen im § 10 (Haus- und Gartenarbeiten) der PolVO bedeutungsvoll und verbindlich. Aus ihnen ergibt sich, an welchen Tagen und zu welchen Zeiten motorbetriebene Garten- und Bodenbearbeitungsgeräte betrieben/nicht betrieben werden dürfen.

Die Kleingartenordnung (KGO) des SLK bestimmt unter 2.3.3. (allgemein verständlich): „An Sonn- und Feiertagen dürfen motorbetriebene Garten- und Bodenbearbeitungsgeräte und lärmerzeugende Gartengeräte nicht benutzt sowie sonstige lärmerzeugende Arbeiten nicht durchgeführt werden. Ihre Benutzung bzw. Durchführung ist werktags (Montag bis Samstag) in der Zeit von 7 bis 13 Uhr und von 15 bis 19 Uhr gestattet. In wohngebietsnahen KGA sind auch werktags (Montag bis Samstag) die in der jeweiligen Polizeiverordnung festgelegten Zeiten zum Schutz gegen Lärmbelästigung einzuhalten“.

Dem Schutzbedürfnis von Wohngebieten und damit auch von Kliniken, Krankenhäusern, Altenheimen u.ä. in der KGO Rechnung zu tragen, ist völlig korrekt.

Diese sich aus der KGO für jeden Pächter ergebende Pflichtenlage geht bezogen auf den Frieden in der Kleingärtnergemeinschaft der durch lärmerzeugende Gartenarbeiten außerhalb des erlaubten Zeitraumes gestört wird einher mit der Ausgestaltung der Vertragspflichten im Kleingartenpachtvertrag. In dem in den KGV zur Anwendung kommenden Vertragsformular wird daher in § 8 (14) bestimmt: “Der Pächter hat sich in der Kleingärtnergemeinschaft, in seinen Beziehungen zum Verpächter und zu Nachbarn so zu verhalten, dass Streitigkeiten vermieden und vorhandene Konflikte, die den Frieden in der Kleingärtnergemeinschaft stören, beigelegt werden“.

Der hin und wieder auch andere Regelungen der KGV betreffende Vorwurf, dass sie überzogen und haltlos Forderungen darstellen, ist folglich unbegründet.

Vor dem Gesetz (im weitesten Sinne des Wortes) sind auch alle Kleingärtner gleich! Insofern ist eine Differenzierung nach arbeitenden und nicht arbeitenden Gartenfreunden (bei allem Verständnis für die Probleme im Einzelfall) völlig unrealistisch.

Die Ernsthaftigkeit der behandelten Problematik gebietet es auch darauf hinzuweisen, dass Verstöße gegen einschlägige Gesetze und Rechtsvorschriften – so auch gegen die genannte PolVO – für den Verursacher zu negativen Rechtsfolgen (z.B. zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten) führen kann. Die Verletzung von Vertragspflichten als Pächter kann zu negativen Rechtsfolgen – wie Abmahnung oder im Wiederholungsfall Kündigung – nach dem Bundesklengartengesetz (BKleingG) führen.

Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger

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