§ Sie fragen – wir antworten
Man sieht sie – Tauben fliegen aus und in die Gartenlaube oder aufgestellte Stallungen. Man sieht sie nicht, aber man hört sie – Wachteln in der Gartenlaube. Man riecht es – Kaninchen im Kleingarten.
Ist der Kleingartenpächter zu einer Kleintierhaltung berechtigt?
Hinweis: Gegenstand dieses Beitrages ist nicht die Tierhaltung auf Gemeinschaftsflächen der Kleingartenanlage (KGA) und das Mitführen von Tieren in der KGA oder/und im Kg.
Es erreichen uns in letzter Zeit (wieder) verstärkt Hinweise und Anfragen zur Tierhaltung in Kleingärten (Kg). Hierbei werden auch Befürchtungen, dass dadurch Tierkrankheiten/-seuchen ausgelöst oder verbreitet werden können oder die Tierhaltung mit einer Tierquälerei verbunden ist, geäußert.
Nicht selten werden die Kleingärtnervereine (KGV) in ihrer rechtlichen Stellung als Betreiber von KGA und als Verpächter von Kg vor vollendete Tatsachen gestellt. Sei es die missbräuchliche Nutzung der Gartenlaube (z.B. zur Hundeaufzucht, Zucht von Schildkröten, Meerschweinchen) oder das eigenmächtige Aufstellen von Tierunterkünften/ Stallungen auf der Pachtfläche. Teils sind diese Hinweise gepaart mit Informationen einer aus Sicht des Informators fehlenden oder einer in der Endkonsequenz unzureichenden Reaktion des KGV — der Mitglieder-/ Pächtergemeinschaft und seines Vorstandes.
Gespräche, geforderte Stellungnahmen, Reaktionen auf disziplinarisches Vorgehen zeigen: Vielfach liegen mangelnde oder fehlerhafte Rechtskenntnisse vor, so vor allem hinsichtlich des Inhalts des Kleingartenpachtvertrages und der zum Kleingartenpachtvertrag zugehörenden aktuell gültigen Kleingartenordnung (KGO) und nach dem WARUM ihres rechtlichen Gehalts. Die Situation eskaliert, wenn wider besseren Wissens, die sich aus einschlägigen Rechtsvorschriften und/oder Kleingartenpachtvertrag eindeutig für den Pächter ergebenden Pflichten ignoriert werden.
Blicken wir zurück:
Bis auf die nach dem 03.10. 1990 angelegte KGA galten bis zum Inkrafttreten des Bundeskleingartengesetzes (BKleingG) am 03.10.1990 in allen KGA die Beschlüsse des Verbandes der Kleingärtner, Siedler und Kleintierzüchter (VKSK) der ehemaligen DDR. So auch dessen jeweils gültige KGO. Wenn auch an Bedingungen geknüpft – so auch an eine Genehmigung durch den Vereinsvorstand – galt der Grundsatz nach Abschnitt 5 der KGO:(Kleintierzucht und -haltung): “Die Kleintierzucht und -haltung ist in den Kleingartenanlagen grundsätzlich zu fördern. Sie kann in einzelnen Gärten erfolgen”.
Weil die Kleintierzucht und -haltung in den KGA – und dies nicht nur in den KGA der Kleintierzüchter der ehemaligen DDR “Fakt”, war und in mehr oder weniger großem Umfang betrieben wurde, hat der Gesetzgeber, obwohl er die Tierhaltung in KGA im BKleinG nicht ausdrücklich regelt, dem geschilderten Umstand Rechnung tragend im § 20a Ziff. 7 BKleingG (Überleitungsregelungen aus Anlass der Herstellung der Einheit Deutschlands) bestimmt: “Die Kleintierhaltung in Kleingärten bleibt unberührt soweit sie die Kleingärtnergemeinschaft nicht wesentlich stört und der kleingärtnerischen Nutzung nicht widerspricht.”
Das heißt:
Bestandsschutz besteht (nur !) für Kleingartenpächter, die mit schriftlicher Genehmigung des ehemaligen Spartenvorstandes, das heißt einer (unanfechtbaren) schriftlichen Ergänzung zum Kleingarten-Nutzungsvertrag/ Kleingarten-Pachtvertrag über Art und Umfang der Kleintierzucht bzw. -haltung diese am 03.10.1990 tatsächlich betrieben haben.
Eine Wideraufnahme einer unterbrochenen Kleintierzucht/-haltung fällt ebenso nicht darunter wie eine solche erstmalig nach dem 03.10.1990 vorgenommene Tierhaltung – berufend auf eine vor dem 03.10.1990 erteilte Genehmigung.
In allen KGA, die nach dem 03.10.1990 neu angelegt wurden oder für Kleingartenpachtverhältnisse (KgPV), die nach dem 03.10.1990 begründet wurden gilt der durch die einschlägige Rechtsprechung gestützte Grundsatz der Bewirtschaftungspflicht der Pachtsache im Rahmen einer gesetzes- und vertragskonformen kleingärtnerischen Nutzung i.S. § 1 Abs. 1 Ziff. 1 BKleingG. Sie ist – und das ist zu unterstützen – das dominierende Charakteristikum der Nutzung des durch des BKleingG geförderten und geschützten Kg. Das sollte man nicht übersehen.
Ausgenommen von diesem Verbot ist die Bienenhaltung auch im Kg unter den vom Betreiber der KGA festgelegten Bedingungen wegen ihrer großen ökologischen Bedeutung. Sie ist insofern Bestandteil der gärtnerischen Nutzung der Pachtsache. ..
Es sei auch darauf hingewiesen. dass aus der nach einschlägigen rechtlichen Regelungen und ggf. erteilter notwendiger Erlaubnis zur Tierhaltung in Wohnungen bzw. in Wohngrundstücken nicht geschlussfolgert werden kann, dass diese Tiere auch in Kg gehalten oder für die Dauer des Aufenthalts im Kg mitgebracht werden dürfen . Ganz gleich, ob es sich um Tiere handelt, die sich in der Wohnung frei bewegen, in Käfigen, Terrarien u.a. Tierunterkünften gehalten werden.
Der Grundsatz des Verbots der Tierhaltung in Kleingärten ist eine sich für alle Mitglieds-vereine des SLK aus dessen Kleingartenordnung (KGO) ergebenden Vertragspflicht für jeden Pächter eines Kg (siehe Ziff. 2.4.4.). Nicht unerwähnt kann bleiben, dass sich daraus auch Konsequenzen für die Vorstandstätigkeit der KGV ergeben.
Der Grundsatz des Verbots der Tierhaltung in Kg verlangt von den Vereinsvorständen mit aller Konsequenz gegen jede Verletzung dieses Verbots, welches unter Umständen mit der Errichtung von Tierunterkünften oder der missbräuchlichen Nutzung der Gartenlaube beginnt, vorzugehen.
Dr. Wolfgang Rößger