§ Sie fragen – wir antworten
Der Hausfrieden gehört zu den geschützten Rechtsgütern nach Artikel 13 Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (Unverletzlichkeit der Wohnung).
Dieser Rechtsschutz bezieht sich nicht nur auf Wohnungen, sondern auf alle im § 123 StGB (Strafgesetzbuch / Hausfriedensbruch) genannte Örtlichkeiten, so auch „das befriedete Besitztum“. Hierzu zählen die KGA. Sie sind nach Ziff. 5.1.1. der Kleingartenordnung (KGO) des Stadtverbandes Leipzig der Kleingärtner e.V. (SLK) seitens der Kleingärtnervereine (KGV) als deren Besitzer einzufrieden. Insofern für jedermann erkennbar umgrenzt und vor außerhalb der Öffnungszeiten (bzw. bei verschlossenen Zugängen) vor unbefugten Zutritt durch Einzelpersonen oder Personengruppen geschützt.
Oberster Grundsatz für das Verhalten in einer KGA ist die Verpflichtung zur gegenseitigen Achtung und Rücksichtnahme – zu einem insgesamt friedvollen Verhalten. Ausdrücklich gefordert von den Vereinsmitgliedern mit § 5 Abs. 1 der Mustersatzung des SLK: „… alles zu unterlassen, was geeignet ist, das Ansehen des Vereins zu gefährden, den Vereinsfrieden und den Frieden in der Kleingärtnergemeinschaft zu stören.“ Ebenso konkret ergibt sich diese Verhaltensanforderung an die Kleingartenpächter aus Ziff. 2.2.1. der KGO des SLK und in dem in den KGV im Wirkungsbereich des SLK zur Anwendung kommenden Kleingartenpachtvertrag in § 1 Ziff. 3 und § 8 Ziff. 14 und 15 bezüglich ihres eigenen Verhaltens und den sich in ihrem Kleingarten befindlichen Personen.
Dieser in der KGO fixierte Verhaltensgrundsatz gilt nach Ziff. 1.4. der KGO auch für alle Personen, die sich in einer KGA aufhalten. Ganz gleich, ob als Gast, Besucher oder Passant.
Insofern ist es immer wieder sinnvoll darauf hinzuweisen, dass es im Interesse der Abwehr von Gefahren, Streitigkeiten u.a.m. sowie zur Minderung der Prozessrisiken bei Rechtsstreitigkeiten mit den Personen, denen ein Hausverbot erteilt wurde, geboten ist, im Rahmen einer Besucherordnung die Verhaltensanforderungen an ihre Person zu bestimmen und deren Hauptinhalte den Besuchern der KGA durch Aushang/Hinweisschilder an den Zugängen zur KGA kundzutun. Zumindest aber die sich für die Besucher aus der KGO ergebenden Hauptpflichten z.B., dass sich aus Ziff. 2.3.4. ergebende Verbot: „Das Mitführen und die Benutzung von Waffen jeglicher Art sind in der KGA verboten.“
Das Gebot der Wahrung des Hausfriedens in der KGA hat zwar sehr enge inhaltliche Berührungspunkte zu der in Vereinsbeschlüssen geforderten Wahrung des Vereinsfriedens“ und des „Friedens in der Kleingärtnergemeinschaft“, jedoch seinen spezifischen Inhalt und insofern einen erweiterten Adressatenkreis.
Es gibt immer wieder Anlässe, gegen Störungen des Hausfriedens innerhalb der KGA gegen einzelne (vereinsfremde) Personen oder Personengruppen vorzugehen. Das vor allem dann, wenn Gemeinschaftsflächen zu politischen Zwecken oder anderweitig missbraucht werden, Schlägereien oder anderweitige Gewalthandlungen, Alkoholexzesse praktiziert werden oder Personen auf Vereinsflächen oder in „freien Gärten“ nächtigen oder anderweitig missbräuchlich in Anspruch nehmen oder gegen die sich aus der KGO (Ziff. 2.3.4.) ergebenden Pflichten bezüglich des Mitführens von Tieren in der KGA verstoßen.
All das löst berechtigte Reaktionen bei den Verantwortungsträgern aus. Hausherr ist – bezogen auf die KGA – der KGV als deren Betreiber und Verpächter von Einzelgärten u.U. auch einer Vereinsgaststätte. In dessen Auftrag übt der geschäftsführende Vorstand (und/oder von ihm Beauftragte) das Hausrecht aus. Hinsichtlich der Pachtgegenstände Kleingarten und Vereinsgaststätte haben die jeweiligen Pächter – bezogen auf ihre Pachtsache – ebenfalls das Hausrecht.
Auch dem Versammlungsleiter einer Mitgliederversammlung des KGV wird – begrenzt auf den Veranstaltungsraum – ein solches Recht zugebilligt.
Diesem Personenkreis obliegt die Verantwortung zur Gewährleitung des Hausfriedens, auch durch Anwendung des Hausrechts.
Die Anwendung des Hausrechts ist grundsätzlich auf die Schaffung sowie den Erhalt des Hausfriedens und Schutz des KGA in ihrer Vielfalt gerichtet. Es ist bei der Ausübung des Hausrechts zu unterscheiden zwischen Maßnahmen, die bestimmte Personen den Zutritt – wie an anderer Stelle beispielhaft genannt – generell untersagen und solchen Maßnahmen, wie Ermahnungen, rechtlichen Hinweisen, Belehrungen und der Aufforderung zum sofortigen Verlassen der KGA, und/oder des Verbots, die KGA künftig zu betreten, im Ergebnis der Störung des Hausfriedens.
Geht die Störung des Hausfriedens von einem Vereinsmitglied/Kleingartenpächter oder von ihm auf seiner Pachtsache geduldeten Personen aus, dann stehen dem KGV in seiner rechtlichen Stellung die in der Vereinssatzung vorgesehenen Vereinsstrafen und gegenüber dem Kleingartenpächter die sich aus dem Bundeskleingartengesetz (BKleingG) ergebenden Sanktionen zur Verfügung. Unberührt hiervon bleiben Vorstandsaussprachen, rechtliche Hinweise u.ä. Dem Pächter kann kein Hausverbot erteilt werden.
Bei einer Störung des Hausfriedens durch vereinsfremde Personen ist der Hausherr nicht nur zu Ermahnungen, rechtlichen Hinweisen, u.ä. befugt. Im Einzelfall kann polizeiliche Unterstützung angefordert bzw. Strafanzeige erstattet werden, wenn der „Störenfried“ zum sofortigen Verlassen der KGA aufgefordert wird, dieser Aufforderung aber nicht Folge leistet oder z.B. körperliche Gewalt anwendet. Polizeiliche Unterstützung anzufordern kann u.U. ebenso geboten sein wie körperlicher Einsatz in einer Notwehrsituation bzw. Notstandssituationen i.S. § 32 ff. StGB.
Das Hausverbot kann mündlich oder schriftlich, zeitlich begrenzt oder unbegrenzt ausgesprochen werden. Bei bekannten Personen ist für den Fall späterer Rechtsstreitigkeiten der Schriftform (mit nachweislicher Zustellung) der Vorrang zu geben. Aushänge an den Zugängen zur KGA oder in Vereinsschaukästen sind zu unterlassen. Widersetzt sich der/die Betroffene/n den ihnen erteilten Hausverbot, ist eine strafrechtliche Verfolgung als Hausfriedensbruch oder schwerer Hausfriedensbruch nach §§ 123, 124 StGB eine Option. Die Strafverfolgung als Hausfriedensbruch nach § 123 setzt zwingend einen Strafantrag und nicht die bloße Strafanzeige voraus.
Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger