Bienenhaltung in Kleingartenanlagen des Stadtverbandes

§ Sie fragen – wir antworten

Unter welchen Voraussetzungen dürfen Bienen in einer Kleingartenanlage (KGA) gehalten werden ?

Das Hauptanliegen der Bienenhaltung in KGA besteht nicht in der Erzeugung von Honig, Wachs, Bienengift u.a. Produkte. Dies würde ohnehin eine Bienenhaltung in größerem Umfang erfordern, die wiederum die rechtliche Problematik der unzulässigen gewerblichen Nutzung der Pachtsache aufruft. Vielmehr geht es in diesem Beitrag um den unumstritten großen Nutzen der Bienen für die Bestäubung von blühenden pflanzlichen Kulturen – wie Obstgewächsen, Zier- Heil- und Gewürzpflanzen – in unseren KGA und darüber hinaus sowie für den Artenschutz der Bienen. Diese Grunderkenntnisse waren es, die dazu führten, dass nach der Gründung der Kleingärtnervereine (KGV) und ihrer KGA die Bienenhaltung über Jahrzehnte zu einem festen Bestandteil der Nutzung der Vereinsflächen wurde.

SLK-Foto: Dr. Wolfgang Rößger [li.] und Heinz Geppert

Obwohl eine naturnahe Bewirtschaftung und gärtnerischen Nutzung der KGA Forderung an die KGV und ein Grundanliegen der KGV selbst ist, spielt die Bienenhaltung gegenwärtig vielfach eine unbegründet untergeordnete Rolle. Die Bienenhaltung in KGA – ggf. den Standort abgestimmt mit anderen KGV eines Kleingartenparks – sollte wieder einen festen Stellenwert in der Vereinstätigkeit erhalten und durch den SLK und die KGV gefördert werden. Die Bienenhaltung ist der gärtnerischen Nutzung der KGA dienlich und widerspricht ihr nicht.  Die geordnete Bienenhaltung setzt jedoch voraus, dass sich Gartenfreunde für die Bienenhaltung bereit erklären, das notwendige Verantwortungsbewusstsein mitbringen, sich die erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten durch Kontakte zu Imkervereinen und den Besuch von Schulungen und Lehrgängen aneignen und selbst an einer vertrauensvollen Atmosphäre innerhalb der Kleingärtnergemeinschaft arbeiten. Vereinsmitglieder, die sich für die Bienenhaltung in ihrer KGA interessieren und sich der Imkerei widmen wollen, sollten sich mit den Vorständen ihres KGV in Verbindung setzen und gemeinsam mit dem Fachberater der Imker des SLK die notwendigen Schritt für eine geordnete Bienenhaltung einleiten.

Die Bereitstellung von Vereinsflächen für vereinsfremde Imker (Bienenwanderimker) und das Aufstellen von Bienenwanderwagen wird abgelehnt.

Unstreitig ist die Bienenhaltung in KGA ein „Reizthema“, welches die Schaffung einer zustimmenden Atmosphäre unter den Gartenfreunden und tragfähige Entscheidungen seitens der KGV erfordert. Es versteht sich von selbst, dass hierbei rechtlich geschützte Interessen der Gartenfreunde und anderer von der Bienenhaltung Betroffenen zu berücksichtigen sind. Gemeint sind insbesondere nachweisliche gesundheitliche Aspekte wie eine ärztlich diagnostizierte „Bienenallergie“.

Eine unbegründet subjektive Ablehnung der Bienenhaltung, bloßes Unbehagen, Angst, Panikzustände u.ä. einzelner Gartenfreunde kann eine Entscheidung des KGV nicht so beeinflussen, dass von der Bienenhaltung generell abgesehen wird. Auch das Einfliegen von „gehaltenen“ Bienen ist eine naturgegebene Erscheinung, die in einer KGA von den Gartenfreunden hingenommen werden muss, weil sie keine wesentliche Beeinträchtigung des Aufenthalts und der Nutzung der Pachtsache im Sinne § 906 BGB, von vorn herein keine Störung des Friedens in der Kleingärtnergemeinschaft darstellt.

In der Praxis sind Meinungen anzutreffen, wonach die Bienenhaltung unter das gesetzliche Verbot der Tierhaltung in KGA fällt. Dem ist zu widersprechen. Eine solche gesetzliche Grundlage gibt es nicht. Rechtsprechung und herrschende Rechtsmeinung lehnen die Bienenhaltung zwar in Wohngebieten, jedoch nicht in ländlichen Gebieten und Gartenanlagen ab.

Voraussetzung für eine Bienenhaltung in KGA ist jedoch die positive Entscheidung des KGV, die Genehmigung zum Aufstellen von Bienenvölkern zum Zwecke der (dauerhaften) Bienenhaltung.

Der SLK hat in der Vergangenheit, so auch in der aktuellen (Rahmen-) Kleingartenordnung, zur Bienenhaltung eine klare Rechtsposition bezogen. In der Ziffer 8.2. heißt es: „Die Tierhaltung in Kleingärten ist nicht gestattet. Ausgenommen ist … die genehmigte Bienenhaltung. Im Zusammenhang mit der genehmigten Tierhaltung … kann der Kleingärtnerverein Auflagen an den betreffenden Kleingartenpächter erteilen.“ Diese Rechtsposition ist in Übereinstimmung mit der geltenden Rechtslage.

Auflagen beinhalten vorrangig Forderungen hinsichtlich des zulässigen Standorts für die Aufstellung der Bienenvölker (Grenzabstände zu Nachbarn, Sicherheitsabstände zu Spielplätzen, Wegen und Straßen, Ausflugrichtung, Anpflanzung von Schutzhecken oder Aufstellen von Schutzwänden u.ä.). Liegen KGA in oder in unmittelbarer Nähe von Wohngebieten, ist vor Erteilung der Zustimmung (folglich vor Beginn der Bienenhaltung) mit den zuständigen Ämtern der Stadt Leipzig Rücksprache zu nehmen.

Dem Bienenhalter obliegt eine besondere Sorgfaltspflicht. Schon die Auswahl des Zuchtmaterials („sanftmütige Bienen“) ist wesentlich. Dem Halter ist dringend der Abschluss einer Haftpflichtversicherung zu empfehlen, da er gemäß §  833 BGB für jeden Schaden haftet, der aus der Bienenhaltung entsteht. 

Aus eigenem Interesse ist dem Bienenhalter auch ein Versicherungsschutz zu empfehlen, der ihm im Falle der amtsärztlich angeordneten „Vernichtung“ der Bienenvölker vor finanziellen Verlusten schützt.

Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger

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