Beendigung des Vorstandsamtes (2)

§ Sie fragen – wir antworten

Ist die Amtsniederlegung von einzelnen Vorstandsmitgliedern oder des gesamten Vorstandes statthaft und an welche Bedingungen ist sie geknüpft? Kann mittels Satzungsreglungen die Handlungsfähigkeit des Kleingärtnervereins gesichert werden?

Im vorangegangenen Beitrag wurde auf die große Verantwortung aller Vereinsmitglieder für den Erhalt und die Entwicklung des Kleingärtnervereins (KGV) hingewiesen. Hierbei bildet einen Schwerpunkt des Vorhandensein und verantwortungsbewusste Wirken eines Vorstandes als Existenzgrundlage des KGV zu sichern.

Nicht immer endet die Amtszeit des Vorstandes mit Ablauf einer Wahlperiode. In Ausnahmefällen ist eine vorzeitige Beendigung der Amtszeit aus der Sicht des KGV oder des Amtsinhabers durch Abberufung/Abwahl seitens der Mitgliederversammlung (MV) oder die Amtsniederlegung eines Vorstandsmitgliedes eine für beide Seiten sinnvolle Entscheidung, z.B. dann, wenn sich zeigt, dass das Vorstandsmitglied bei allem guten Willen und persönlichen Einsatz überfordert ist.

Grundsätzlich ist eine Amtsniederlegung (der Rücktritt vom Vorstandsamt) statthaft. Ihre rechtliche Grundlage bildet § 671 BGB.

Die Entscheidung hat jedes Vorstandsmitglied für sich selbst zu treffen und persönlich zu erklären. Die Rücktrittserklärung ist vergleichsweise wie eine Kündigung eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung. Insofern kann es auch bei einem kollektiven Rücktritt des Vorstandes keinen Vorstandsbeschluss als Rechtsgrundlage für die Amtsniederlegung geben. Er ist rechtsunwirksam !

Es ist eine anerkannte Rechtspraxis, dass einzelne Vorstandsmitglieder, wenn dies gegenüber der MV nicht möglich ist, ihre Amtsniederlegung dem verbleibenden Vorstand gegenüber erklären können. Bei einem kollektiven Rücktritt sind die Erklärungen der Vorstandsmitglieder gegenüber der MV – dem Berufungsorgan – abzugeben.

Die Einberufung einer außerordentlichen MV wird daher in der Regel zwingend sein, um die Voraussetzungen für einen rechtswirksamen Rücktritt zu schaffen. Im Einzelfall wird die rechtswirksame Rücktrittserklärung erst gegenüber einem bestellten und durch das Amtsgericht eingesetzten Notvorstand (§ 29 BGB) abgegeben werden können.

Paragraph § 671 BGB beinhaltet jedoch nicht nur die Berechtigung für eine vorzeitige Beendigung der Amtsausübung, sondern der Gesetzgeber bestimmt hier zugleich, was durch den Rücktrittswilligen zu beachten ist, will er mögliche negative rechtliche Konsequenzen von sich abwenden.

Ganz gleich, ob die Amtsniederlegung eines Vorstandsmitgliedes, mehrerer oder aller Vorstandsmitglieder vorgenommen wird, darf sie nicht zur „Unzeit“ erfolgen. Das heißt, dass bei einem Rücktritt eines einzelnen Vorstandsmitgliedes der Vorstand – unter Ausschöpfung der ihm mit der Vereinssatzung gegebenen Möglichkeiten – ausreichend Zeit haben muss, das Vorstandsamt neu zu besetzen und bei einem Vorstandsmitglied, welches mit einer Vertretungsbefugnis ausgestattet ist, tragfähige Lösungen zu finden.

Bei einer kollektiven Rücktrittsabsicht des Vorstandes muss dem höchsten Organ des KGV – der MV – angemessene Zeit eingeräumt werden, einen neuen Vorstand zu wählen oder in bestimmten Situationen beim Amtsgericht/Vereinsregister die Notbestellung eines Vorstandes durch das Amtsgericht nach § 29 BGB zu beantragen.

Der gewählte amtierende Vorstand ist hier nicht frei von seiner Verantwortung. Nach der Rechtsprechung kann deren Verhalten als treuewidrig bewertet werden und im Endergebnis zur Verweigerung des Vereinsregisters zu einer wirksamen Eintragung im Vereinsregister führen. Eine zur „Unzeit“ gegenüber dem Vorstand (bei einzelnen Vorstandsmitgliedern) bzw. der MV (bei einer kollektiven) erklärte Amtsniederlegung ist zwar wirksam, kann aber seitens des KGV zu Schadenersatzansprüchen gegenüber dem/den ehemaligen Vorstandsmitglied/ern führen. Es sei denn, es liegt für den Amtsinhaber ein die Amtsniederlegung rechtfertigender „wichtiger“ Grund vor.

Diese können in der Person des Rücktrittswilligen (wie Krankheit, altersbedingte Überforderungssituation, familiäre Probleme, Arbeitsplatzwechsel verbunden mit Veränderungen des Wohnsitzes) ebenso liegen, wie im Wirkungsbereich des Amtsinhabers (Tätlichkeiten und Bedrohungen im Zusammenhang mit der Amtsausübung, „nervende“ Besserwisserei anderer Vorstandsmitglieder, Verächtlichmachung seiner Person oder andere Gründe für einen Vertrauensverlust).

Für einen kollektiven Rücktritt des Vorstandes sind beispielhaft solche (schwerwiegenden) Zerwürfnisse im Vorstand oder mit der MV als „wichtiger Grund“ zu nennen. Der Vorstand gelangt im Ergebnis der Abwägung aller Umstände und unter Berücksichtigung beiderseitiger Interessen, d.h. der Interessen des KGV und der des Vorstandes, zu der Erkenntnis, dass die Fortsetzung der Vorstandstätigkeit bis zum Ende der Amtszeit für den KGV wegen der gravierenden Zerwürfnisse unzumutbar und mit den Vereinsinteressen nicht vereinbar ist.

Alle Veränderungen in der Zusammensetzung des Vorstandes, so auch die Abberufung oder die Amtsniederlegung von Vorstandsmitgliedern bzw. des Vorstandes sind dem Amtsgericht/Vereinsregister umgehend anzuzeigen.

Dieses prüft den der Entscheidungen zugrundeliegenden Sachverhalte sowie die Rechtslage und kann im Endergebnis zu der Einschätzung gelangen, dass z.B. der erfolgte kollektive Rücktritt unwirksam ist, weil dieser nicht dem mit der Satzung bestimmten Berufungsorgan abgegeben wurde.

Das kann ebenso zur Verweigerung der Eintragung im Vereinsregister führen, wie eine Verletzung der Regeln von Treu und Glauben (§ 242 BGB), ein festgestellter Missbrauch der gesetzlichen Rücktrittsregelungen. Es ist z.B. davon auszugehen, dass mit dem Rücktritt beabsichtigt wird, dem KGV Schaden zuzufügen oder die Offenbarung vereinsschädigender Handlungen verhindert werden soll. Die Konsequenz – keine wirksame Amtsniederlegung.

Abgesehen von diesen Ausnahmefällen endet das Vorstandsamt bei einer Amtsniederlegung mit sofortiger (!) Wirkung und nicht in Etappen und/oder nach den Vorstellungen des Betreffenden selektiv. Das/die ehemalige/n Vorstandsmitglied/er sind zur unverzüglichen Aufarbeitung bestehender Rückstände in der Buchführung, zur Übergabe aller ihre Amtstätigkeit betreffenden Vereinsunterlagen (wie u.a. Kontoauszüge und Protokolle), einer lückenlosen Abrechnung der Finanzen und Rückgabe aller finanziellen Mittel und Wertsachen des KGV verpflichtet. Die Forderung nach Rückgabe der Vereinsunterlagen bezieht sich auf alle (!) Unterlagen, die bei Amtsantritt übernommen, während der Amtszeit neu verfasst oder vervollständigt wurden.

Weil die Amtsniederlegung – wie verdeutlicht – nur im begrenzten Umfang gesetzlichen Regelungen unterliegt, ist die in der Rechtspraxis der Vereine anzutreffende Vorgehensweise zur Wahrung und zum Schutz der Vereinsinteressen – vor allem seiner Handlungsfähigkeit – in der Vereinssatzung die Amtsniederlegung ordnende Regelungen zu treffen, zu unterstützen. Es ist jedoch unzulässig die Berechtigung zur Amtsniederlegung außer Kraft zu setzen.

Solche – verschiedentlich in der Praxis anzutreffenden – die Amtsniederlegung ordnenden Satzungsregelungen könnten sein:

  • Die Pflicht des Vorstandes zur sofortigen Einberufung einer außerordentlichen MV bei beabsichtigter kollektiver Amtsniederlegung oder bei Amtsniederlegung mehrerer Vorstandsmitglieder, die dazu führen, dass die Handlungsfähigkeit des KGV nicht mehr gewährleistet ist;
  • Das Erfordernis der schriftlichen Erklärung der Amtsniederlegung unter Angabe für den KGV nachvollziehbarer/überprüfbarer Gründe bei einer Amtsniederlegung, die ihre Ursachen im Wirkungsbereich hat;
  • Die Rücktrittserklärung bei Nichtvorleigen eines „wichtigen Grundes“ im Sinne des § 671 BGB – also zur Unzeit – nur zu einem bestimmten Zeitpunkt möglich ist bzw. eine Frist für den Eintritt deren Wirksamkeit bestimmt, um den KGV den notwendigen Zeitraum für die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung seiner Handlungsfähigkeit gibt.

Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger

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