§ Sie fragen – wir antworten
Ist die Amtsniederlegung von einzelnen Vorstandsmitgliedern oder des gesamten Vorstandes statthaft und an welche Bedingungen ist sie geknüpft? Kann mittels Satzungsreglungen die Handlungsfähigkeit des Kleingärtnervereins gesichert werden?
Die Amtsniederlegung einzelner Vorstandsmitglieder oder des gesamten Vorstandes des Kleingärtnervereins (KGV) führt, wie die fehlende Bereitschaft von Vereinsmitgliedern zur Übernahme eines Vorstandsamtes bei bevorstehenden Neuwahlen, nicht selten zu einem „Schockzustand“ und für den KGV zu einer unter Umständen seine Existenz bedrohlichen Situation.
Diskussionen zeigen, dass es zu dem umfangreichen Problemkreis der Beendigung der Vorstandstätigkeit unter den Vereinsmitgliedern, aber auch unter den Amtsinhabern vielerlei Unklarheiten gibt und die Ernsthaftigkeit der Auswirkungen für KGV nicht immer ausreichend erkannt und beherzigt wird.
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Der Gesetzgeber bestimmt: Der KGV muss einen Vorstand haben (siehe § 26 Abs. 1 BGB). Er ist die Existenzgrundlage für den KGV als Organisationsform seiner Mitglieder (Personenvereinigung). Der KGV ist ohne Vorstand, dies sei in aller Deutlichkeit gesagt, handlungsunfähig, denn er hat keinen gesetzlichen Vertreter und kein geschäftsführendes Organ. Dies kann, wenn alle Möglichkeiten einer Vorstandswahl – und das ganz gleich, ob nach Ablauf der Amtszeit oder bei einer Amtsniederlegung – ergebnislos verlaufen, nicht nur zum Ende des KGV führen.
Ohne KGV und ohne seine Organe gibt es auch keinen gesicherten Fortbestand der Kleingartenanlage (KGA), dessen Betreiber der KGV ist. Folglich auch keine durch das BKleingG geschützten und geförderten Pachtverhältnisse über Kleingärten mit einer sozial orientierten Pacht mehr. Das kann wiederum zu vielfältigen Verpflichtungen – auch finanziellen Belastungen – für den/die Kleingartenpächter im Zusammenhang mit der ungewollten Beendigung des Kleingartenpachtverhältnisses führen (siehe LGF 07/2011).
Die Gewährleistung des Fortbestandes und der Entwicklung des KGV in seiner Vielfältigkeit fällt daher in die Verantwortung aller (!) Vereinsmitglieder.
Die Dauer der Amtszeit des Vorstandes richtet sich ausschließlich nach den Regelungen in der Satzung des KGV. In der für die im Stadtverband Leipzig der Kleingärtner (SLK) organisierten KGV gültigen Mustersatzung wird eine Amtszeit für die Dauer von 5 Jahren vorgesehen. Der Vorstand ist in der Pflicht, noch vor (!) Ablauf seiner Amtszeit alle notwendigen Maßnahmen zur Neuwahl bzw. seiner Wiederwahl zu treffen. Und dies ungeachtet der Satzungsregelung, wonach der Vorstand nach dem in der Satzung dokumentierten Willen bis zur nächsten Wahl im Amt bleibt.
Es versteht sich von selbst, dass aus dieser sinnvollen Regelung zur Sicherung der Handlungsfähigkeit des KGV nicht geschlussfolgert werden kann, dass zwischen dem regulären Ablauf der Amtszeit des Vorstandes und einer Mitgliederversammlung (MV) zur Neuwahl eines bzw. der Wiederwahl des Vorstandes nur ein vertretbarer – relativ kurzer – Zeitraum liegen darf und kann. Auszudehnen auf die Dauer einer weiteren Wahlperiode steht außerhalb jedweder tragfähiger Überlegungen.
Die kurzfristige Einberufung einer außerordentlichen MV ist in der Regel unumgänglich. Aus den zweckmäßigen Regelungen in der Mustersatzung, wonach der Vorstand bei vorzeitigen Ausscheiden eines Vorstandsmitgliedes berechtigt ist, ein Vereinsmitglied für die verbleibende Amtszeit bis zur Neuwahl in die Vorstandsfunktion zu berufen und das Recht hat, ein Vorstandsmitglied – mit Ausnahme des Vorsitzenden – bei groben Pflichtverletzungen bis zur Klärung des Sachverhalts von seinem Amt vorläufig zu entbinden (Suspension), kann nicht geschlussfolgert werden, dass der Vorstand generell zur Berufung und Abberufung von Vorstandsmitgliedern berechtigt ist.
Wahl und Abwahl des Vorstandes oder einzelner Vorstandsmitglieder fallen nach der Mustersatzung in die Kompetenz der MV.
Die Amtszeit des Vorstandes oder einzelner Vorstandsmitglieder vor Ablauf der Amtszeit zu widerrufen, kann durch Entscheidungen der MV erfolgen. Mit der Abberufung/Abwahl endet das Vorstandsamt mit sofortiger Wirkung. Die rechtliche Grundlage bildet § 27 Ziffer 2 BGB. Nicht unerwähnt sollen Beendigungsformen bleiben, wie der Tod des Vorstandsmitgliedes oder der Eintritt dessen Geschäftsunfähigkeit i.S. § 104 Ziffer 1 BGB – die freie Willensbildung ist infolge krankhafter Störung des Geistestätigkeit nicht mehr möglich. Mit glaubhafter Kenntniserlangung (z.B. durch die gezielte Information eines eingesetzten Betreuers) endet das Vorstandsamt und bedarf weder einer Abberufung noch einer Rücktrittserklärung (u.a. durch eine bevollmächtigte Person).
Eine in der Praxis nicht so selten vorkommende Beendigungsform der Vorstandstätigkeit ist die Amtsniederlegung – der Rücktritt einzelner oder mehrerer Vorstandsmitglieder, weniger der Rücktritt des gesamten Vorstandes (kollektiver Rücktritt) vom Vorstandsamt.
Das einzelne Vorstandsmitglied bzw. der gesamte Vorstand, welches/r sich mit Rücktrittsgedanken, also zur vorzeitigen Beendigung des Vorstandsamtes, trägt, sollte unbedingt seine Emotionen paaren mit sachlichen Überlegungen, die auch die Frage nach den Auswirkungen für den KGV und möglichen negativen Rechtsfolgen für ihn/sie bei nicht haltbaren Rechtfertigungsgründen für eine Amtsniederlegung, einschließen. Das kann die Einholung anwaltlichen Rats oder anwaltlichen Rats oder anwaltliche Unterstützung gebieten.
wird fortgesetzt
Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger