Aus der Vogelwelt: Krähen (2): Aaskrähe

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Vielleicht sagt Ihnen der Name Aaskrähe nicht viel, aber zur Aaskrähe gehören zwei Rassen, die Rabenkrähe und die Nebelkrähe. Diese Namen haben Sie jedoch bestimmt schon einmal gehört.

Die Aaskrähe ist in ganz Europa stark verbreitet. Es gibt zwei Unterarten – die schwarze Rabenkrähe (Corvus corone corone), die West- und Südwesteuropa sowie einen Teil Mitteleuropas bewohnt, und die graue Nebelkrähe (Corvus cornix cornix), die im westlichen Europa beheimatet ist, aber auch in Schottland und Irland vorkommt. Die Verbreitungsgebiete dieser beider Arten überlappen sich nur in Mitteleuropa. Die Grenze dieser beiden Rassen in Deutschland bildet die Elbe.

Die Rabenkrähe ist westlich der Elbe ansässig und die Nebelkrähe östlich. Natürlich bildet die Elbe keine scharfe Grenze. In einem Streifen von etwa 65 km Breite, kommen beide Rassen vor und verpaaren sich auch und erzeugen fruchtbare Mischlinge. Hier können dann auch Bastarde auftreten, die man sehr gut erkennen kann, da sie in der Färbung zwischen beiden Arten stehen. Unsere Rabenkrähe ist sehr scheu, während die Nebelkrähe wesentlich neugieriger ist.

Die Rabenkrähe hat ein durchgehend schwarzes Gefieder, welches je nach der Beleuchtung purpurn oder bräunlich schillert. Die Unterseite besitzt diesen Glanz nicht. Auffallend ist auch der kräftige Schnabel, der über dem Ansatz befiedert ist. Im Gegensatz zur kleineren Saatkrähe fehlt die graue Schnabelwurzel. Männchen und Weibchen sehen gleich aus, wobei das Weibchen etwas größer und schwerer ist. Die Rabenkrähe ist mit etwa 47 cm Größe deutlich kleiner als der Kolkrabe und etwas größer als die Saatkrähe. Die Flügelspannweite liegt bei 95 bis 100 cm.

Rabenkrähen bevorzugen Gebiete, in denen in offener Landschaft kleinere Wälder, Haine und Baumgruppen abwechseln. Sie nisten aber auch in der Nähe menschlicher Siedlungen, in Parks, auf Friedhöfen und in Alleen. In Wälder besiedeln sie nur die Ränder. Oft werden auch Gittermasten von Hochspannungsleitungen, als Brutplatz ausgewählt.

Im Gegensatz zur Koloniebrütenden Saatkrähe ist die Rabenkrähe ein Einzelbrüter. Ihr Nest bauen sie im zeitigen Frühjahr, noch bevor die Blätter ausschlagen, hoch in den Baumkronen in einer starken Astgabel oder direkt am Stamm. Es ist ein kompakter, mächtiger Bau mit einem Durchmesser von ungefähr 60 cm, dessen Unterbau stärkere trockene Äste bilden, die mit Rasen, Halmen und anderen Pflanzenteilen durchsetzt sind. In der ca. 10 cm tiefen Nestmulde liegt immer feineres Material wie Haare, Moos und trockenes Gras. Das Nest (Horst) wird von beiden Partnern gebaut, wobei sie sich die Arbeit teilen. Das Weibchen verbaut das vom Männchen herangetragene Material. Das Männchen sammelt dabei die trockenen Äste nicht auf dem Boden, sondern bricht sie ab.

Zum Gelege gehören vier bis fünf blaugrüne Eier, die graugrüne, olivgrüne und schwarzbraune Punkte und Flecken aufweisen. Gebrütet wird 17 bis 18 Tage, wobei das Weibchen in der ersten Woche den ganzen Tag, später nur noch nachts auf den Eiern sitzt. Die Jungen bleiben 31 bis 32 Tage im Nest und verhalten sich sehr still. Da die Alten ebenfalls sehr vorsichtig sind, ist es schwer, ein Rabenkrähennest zu entdecken. Weil die Bebrütung der Eier bereits mit der Ablage des ersten bzw. zweiten Eis beginnt, sind die Jungen verschieden groß, dadurch werden dann auch die kleineren von den größeren unterdrückt, bei den Fütterungen beiseitegedrängt oder gar aus dem Nest geschoben. Unmittelbar nach dem Schlüpfen wiegen die Jungen 11 Gramm, nach 32 Tagen aber, wenn sie das Nest verlassen, bringen sie 500 Gramm auf die Waage. Im Laufe dieser Zeit beanspruchen sie eine ansehnliche Menge an Futter. Rabenkrähen-Nestlinge werden sehr abwechslungsreich mit Regenwürmern, Käfern, Fliegen, Schmetterlingsraupen, Spinnen, Vogelnestlingen, Getreide, Kleinsäugern und Aas ernährt. Nach dem Verlassen des Nestes werden sie in aller Regel noch mindestens vier Wochen von ihren Eltern geführt und gefüttert. Rabenkrähen verfügen über eine stark ausgeprägte Brutfürsorge. Zu Boden gefallene Jungvögel werden dort weiter bewacht, gefüttert und beherzt verteidigt.

Die Rabenkrähen ist ein besonders vielseitiger Allesfresser. Im Winterhalbjahr werden überwiegend Beeren, Sämereien und Aas verzehrt, im Sommerhalbjahr leben Rabenkrähen von tierischer Nahrung, darunter Schnecken, Regenwürmer, Insekten, Kleinsäuger und gelegentlich Vogeleier. Sehr geschickt sind Rabenkrähen bei der Jagd nach Insekten. Sie nutzen dabei aus, dass Weidetiere häufig kleine Tiere aufschrecken. Aus diesem Grund kann man Rabenkrähen häufig auf Viehweiden beobachten. Sie gehen aber auch an Futterstellen von Singvögeln, wo sie sich gern die Meisenknödel klauen. Dass auch Eier und Jungvögel anderer Arten auf ihrem Speiseplan stehen, hat nicht zu ihrer Beliebtheit beigetragen. Dabei muss es als ein natürliches Verhalten angesehen und akzeptiert werden. Unzählige Studien haben inzwischen gezeigt, dass ihr Einfluss auf die Bestände anderer Vogelarten lange Zeit überschätzt worden ist.

In Sachsen untersteht die Rabenkrähe dem Jagdrecht und kann in der Zeit vom 1. August bis 15. März bejagt werden.

Die Rabenkrähen sind dafür bekannt, dass sie alle Fremdlinge, wie z.B. den Seeadler, den Rotmilan oder den Turmfalken aus ihrem Revier vertreiben. Sobald sich Greifvögel in der Nähe ihres Reviers aufhalten oder brüten, versuchen sie diese mit allen Mitteln zu vertreiben.

Überall dort, wo die Namensbezeichnung Rabenkrähe steht, könnte auch der Name Nebelkrähe (Corvus cornix cornix) stehen mit Ausnahme des Aussehens und des Verbreitungsgebietes.

Alles andere Beschriebene trifft auch für die Nebelkrähe zu, denn beide Vogelrassen gehören, wir erinnern uns an das eingangs Ausgeführte, zu einer Art, der Aaskrähe.

Auch ist die Nebelkrähe, wie bereits ausgeführt, in ihrem Aussehen weder mit der Rabenkrähe noch mit den übrigen Arten der Gattung zu verwechseln, da Rücken, Schultern, Teile der Brust sowie der Bauch hellgrau gefärbt sind. Lediglich der Rest des Gefieders ist schwarz.

Hinsichtlich des Sozialverhaltens gibt es bei den Nebelkrähen eine Trennung der Population in Brutvögel, die Territorien besitzen, und locker zusammenhaltenden Nichtbrütertrupps. Letztere bestehen aus ein- bis fünfjährigen Vögeln. Im Alter von rund sieben Jahren rücken die Angehörigen der Nichtbrütertrupps in die Brutgesellschaft nach.

Die Nahrung wird im Flug oder aber zu Fuß gesucht. Systematisch werden z.B. Hecken oder Straßenränder abgegangen oder auch abgeflogen. Muschel- oder Krebstiere werden im Flug auf einen harten Untergrund geworfen. Ebenso kann man häufig beobachten, dass Raben-, Nebel- wie auch Saatkrähen von erhöhten Plätzen aus Wallnüsse auf Straßenbeläge werfen, um sie von ihrer harten Schale zu befreien, um an das Innere zu gelangen. Auch das Abjagen der Beute anderer Tieren kommt vor. Nestausplünderungen untereinander sind genauso an der Tagesordnung, vor allen durch nicht brütende Nebelkrähen.

Übrigens konkurrieren Nebelkrähen und Elstern stark um Nistplätze, so dass dort, wo Nebelkrähen zunehmen, gleichzeitig die Elstern weniger werden.

Klaus Rost

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