Aus der Vogelwelt: Krähen (1): Saatkrähe

Bild von Kathy Büscher auf Pixabay

Zu Wintersanfang erscheinen große Schwärme von Saatkrähen (Corvus frugilegus), die aus Nord- und Osteuropa südlich ziehen. Die Saatkrähen aus Mittel- und Westeuropa sind Strichvögel. Besonders am Abend kann man am Himmel riesige Schwärme dieser Vögel sehen, die sich tagsüber auf Feldern und Wiesen aufhalten und abends in größere Wälder und Parks fliegen, um dort auf den Bäumen zu übernachten. Fast immer haben sich Dohlen den Krähenscharen angeschlossen. Durch ihre hellen „Kjack-Rufe“, durch schnellere Flügelschläge und ihr kleineres Flugbild verraten sie jedem Kenner ihre Artzugehörigkeit.

Seit einigen Jahren befindet sich so ein beliebter Winterschlafplatz im Scheibenholz an der Galopprennbahn. Dabei lassen sie sich überhaupt nicht von dem dort herrschenden Verkehrsaufkommen der Bundestraße B 2 und der Ost-West-Tangente stören. Der Boden unter den Schlafbäumen ist dann meist mit gelb-bräunlichen Gewöllen dicht übersät. Sie bestehen in der Hauptsache aus Ährenspelzen und anderen Getreideteilen.

Zu Frühjahrsbeginn lösen sich diese großen Gemeinschaften auf und einzelne kleinere Schwärme suchen ihre gewohnten Nistplätze auf, wo die Saatkrähen in Kolonien leben.

Die Saatkrähe ähnelt sehr der Rabenkrähe, besonders die jungen Saatkrähen sind kaum von ihr zu unterscheiden, da deren Schnabelgrund noch befiedert ist. Diese Befiederung verliert sich erst mit zunehmendem Alter, so dass alte Saatkrähen gut daran zu erkennen sind.

Das Gefieder der Altvögel ist einheitlich schwarz, welches je nach Lichteinfall stahlblau bis violett glänzend schillert. Die Jungvögel sind mattschwarz, nur an den Flügeln glänzend und mit, wie oben genannt, normal befiederter Schnabelwurzel. Bei fliegenden Saatkrähen in größerer Entfernung sowie bei Jungvögeln mit noch befiedertem Gesicht macht die Unterscheidung von der Rabenkrähe Schwierigkeiten.

Mit ihren ca. 47 cm und mit einer Flügelspannweite von 98 cm ist sie kleiner als die Rabenkrähe. Männchen und Weibchen sehen gleich aus. Das Weibchen ist etwas größer und schwerer, der Schnabel ist sehr kräftig und am Ansatz ist er hellgrau. Die Augen sind dunkel sowie auch die Beine und diese haben starke Krallen.

Die Saatkrähe zählt, wie alle Rabenvögel, zu den Singvögeln, aber nur wenige Menschen kennen den leise vorgetragenen Gesang der meist nur zur Paarungszeit zu hören ist.

Eine offene Landschaft mit Baumbestand zur Nistmöglichkeit wird von ihr vorgezogen. Ursprünglich war die Saatkrähe wohl ein Steppenbewohner. Ackerlandschaften mit gutem Nahrungsangeboten sind für sie ideal. Mittlerweile ist die Saatkrähe ein Kulturfolger. Sie siedeln sich bevorzugt in der Nähe des Menschen an. Die Saatkrähen brüten in Kolonien.

Das lautstarke Krächzen, mit denen sich die Vögel einer Kolonie verständigen, ist für viele Anwohner eine große Belästigung und kann besonders in der Nähe von Schulen oder Krankenhäusern problematisch werden. Hinzu kommt die Verschmutzung, z.B. von parkenden Autos, Spielplätzen oder Parkbänken unterhalb einer Kolonie.

Im Frühjahr (März) kann man die Balzflüge beobachten. Bei den Balzflügen hört man auch viele verschiedene Rufe. Während der Balz gibt es vom Partner Balzgeschenke (Nahrung), und das Gefieder wird sich gegenseitig geputzt. Haben die Paare sich zusammengefunden, bleiben sie ein Leben lang zusammen.

Ihre Nester befinden sich in der Krone von Laubbäumen. Die Nester liegen sehr dicht beieinander. Saatkrähen bauen ihre Nester aus kleinen Zweigen und legen es mit etwas Gras, Moos und trockenen Blättern aus. Die Nester werden über Jahre genutzt und im Frühjahr wieder ausgebessert. Der Nestbau wird durch beide Partner ausgeführt.

Der Bau beginnt mit dem gelegentlichen Eintragen einzelner Zweige, die an einer geeignet scheinenden Stelle im Gezweig abgelegt werden. Erst, wenn mehrere derartige Fundamentzweige liegen geblieben sind, versuchen die Vögel weiteres Material fester zu verankern. Die dem Nestbau dienenden dürren und frischen Zweige sind 20 bis 50 cm lang und werden alten Nestern entnommen bzw. aus unbewachten Nestern entwendet oder in anderen Baumkronen abgebrochen, aber selten vom Boden aufgelesen. Gegenseitiges Nistmaterial stehlen, ist in der Kolonie an der Tagesordnung. Meist bleibt ein Partner als Nistwache vor Ort.

Saatkrähen haben eine Jahresbrut in der Zeit von März bis Juni. Sie legen meistens vier grünliche Eier mit braunen Flecken. Die Eier werden vom Weibchen allein 18 Tage lang erbrütet. Das Männchen bringt ihn dabei die Nahrung zum Nest und das Weibchen fliegt ihm manchmal entgegen, um sie ihm abzunehmen.

Wenn die Jungen schlüpfen, füttert das Männchen einige Tage lang die ganze Familie und etwa nach sechs Tagen übernimmt diese Pflichten auch das Weibchen. Die Saatkrähe bringt den Jungen die Nahrung in einem besonderen Kehlsack. Die Nahrung für die Jungen besteht fast zu 90% aus Insekten, vor allem Maikäfern. Die jungen Saatkrähen gehören zu den Nesthockern und bleiben ca. vier Wochen im Nest.

Saatkrähen sind Allesfresser, die sich überwiegend von Regenwürmern und Insekten ernähren. Im Frühjahr während der Koloniegründung stehen vorwiegend Mäuse, Insektenlarven, Stalldünger und alte Maiskolben auf dem Speiseplan. Saatgut und Keimlinge spielen bei der Aussaat des Sommergetreides eine große Rolle, weiterhin werden auch Nüsse, Eicheln und Früchte verzehrt. Aber auch kleine Echsen und Jungvögel stehen auf dem Speiseplan.

Die Nahrungssuche erfolgt oft in großen Schwärmen auf gepflügten Feldern und Weiden. Der spitze starke Schnabel dient als Universalwerkzeug und wird zum Graben, Stochern und Hacken verwendet. Durch diese Tätigkeit des Schnabeleinsatzes werden auch die Federn um den Schnabel abgenutzt und es wird diese graue Schnabelwurzel sichtbar, an der wir die Altvögel als Saatkrähen bestimmen können.

Durch Irrglauben kam es immer wieder zu Reduzierungen der Bestände. Die Landwirtschaft ging davon aus, dass bei der Jungsaat große Schäden durch die Saatkrähe entstehen. Aber auch wegen der Schmutz- und Lärmbelästigung in den Dörfern und Städten kam es verstärkt zu Zerstörungen der Nistkolonien. Erst strenge Schutzmaßnahmen haben zu einer Wiederbelebung der Bestände beigetragen.

Man ist heute allgemein davon abgekommen, unsere Vögel nach der früher üblichen Weise in „schädliche“ und „nützliche“ Vögel einzuteilen. Schließlich hat jedes Lebewesen seine Daseinsberechtigung und wir wollen nicht vergessen, dass auch die Krähen durch Vertilgung von Mäusen, Insekten, Schnecken und Würmern den von ihnen angerichteten Schaden wenigstens teilweise wieder ausgleichen. Eine Bekämpfung der allzu großen Bestände von Nebel- und Rabenkrähen sowie der Elster ist durchaus gerechtfertigt, es wäre aber falsch, diese Arten gänzlich ausrotten zu wollen.

Saatkrähen sind nach § 10 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) besonders geschützt. Ferner stehen Sie unter dem Schutz der EG-Vogelschutzrichtlinie. Nach § 42 Abs.1 BNatSchG ist es verboten, Saatkrähen nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen, zu töten oder ihre Nist- und Brutstätten zu beschädigen oder zu zerstören. Die Saatkrähe ist eine bei uns natürlich vorkommende, wildlebende, nicht jagdbare und naturschutzrechtlich besonders geschützte Vogelart.

Klaus Rost

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