Aus der Vogelwelt: Großtrappe

Foto: www.volganet.ru - CC BY-SA 3.0

Dort, wo heute nördlich von Leipzig, infolge des Braunkohleabbaus, eine Seenlandschaft mit den Schladitzer, Werbeliner, Zwochauer, Grabschützer und mehrer kleiner Seen entstanden ist, existierte bis Anfang der 1970er Jahre eine waldarme Region in der Leipziger Tieflandsbucht mit eher landwirtschaftlicher Prägung.

Bis zu diesem Zeitraum war dort auch der größte Hühnervogel, die Großtrappe (Otis tarda), als Brutvogel heimisch. 

Die Trappe gehört mit zu den schwersten flugfähigen Vögeln, alte Hähne werden 11 bis 13 kg schwer. Die Hennen sind wesentlich kleiner und demnach auch leichter und erreichen nur ein Gewicht von 5 bis 6 kg, einen derartig großen Größen- und Gewichtsunterschied kennen wir sonst bei keiner Vogelart. Sie kann bis zu einem Meter groß werden. Weibliche Vögel werden nur etwa 50 cm groß und können deshalb leicht von der männlichen Großtrappe unterschieden werden.

Zudem haben ältere Hähne einen Federbart, der ihnen ein besonders elegantes Aussehen verleiht. Die Großtrappe ist am Rücken und auf den Flügel-Oberseiten braun bis rostrot gefärbt und zeigt eine deutliche schwarze Querbänderung. Unterseite, Hals, Kopf und die kräftigen Beine der Großtrappe sind grau bis weiß. Im Vergleich zur Körpergröße sind die Füße auffallend klein, und die Standfestigkeit der Tiere ist verhältnismäßig gering, besonders auch infolge des Fehlens der Hinterzehe. Das Flugbild mit vorgestrecktem Hals und nach hinten gestreckten (manchmal etwas hängenden), den Schwanz nicht überragenden Beinen erinnert an etwas gänsehaftes.

Wie manche Hühnervögel leben auch die Großtrappen in „Keinehe“, die Schaubalz der Hähne dient lediglich zum Heranlocken der fortpflanzungsfähigen Hennen, die sich, wenn sie von einem Hahn getreten worden sind, wieder vom Balzplatz entfernen und ihre meist zwei, in seltenen Fällen auch drei graugrüne bis olivbraune Eier in eine flache, mit wenig Nestmaterial ausgelegte Mulde am Boden legen. Die Brutdauer beträgt 21 bis 26 Tage.

Die Jungen sind Nestflüchter, werden zunächst von der Henne gefüttert, ernähren sich im Alter von 10 bis 14 Tagen aber schon weitgehend allein.

Sie werden mit etwa 5 Wochen flügge. Bis zum Herbst werden sie von der Henne geführt, bevor sie sich dann mit anderen Hennen und Jungtieren zusammenschließen. Weibliche Großtrappen werden mit ungefähr 4 Jahren geschlechtsreif. Hähne dagegen selten vor ihrem 5 oder 6 Lebensjahr.

Weithin hörbare Rufe, wie bei anderen Arten, fehlen. Die Balz erfolgt stumm, doch wird das Aufblasen, Nachfüllen und Entleeren des Kehlsackes von dumpfen „umb“-Lauten begleitet, die an leise Rufe der Rohrdommel erinnern.

In West- und Mitteleuropa ansässige Großtrappen sind Stand- und Strichvogel. Mitteleuropäische Populationen verhalten sich je nach den ökologischen Bedingungen ihrer Brutgebiete recht unterschiedlich. Die meisten bleiben in milden und vor allem schneearmen Wintern im engeren Brutgebiet oder suchen nahegelegene Flächen mit grüner, krautiger Vegetation auf.

Auf Nahrungssuche geht die Großtrappe am Tage. Zur bevorzugten Nahrung gehören insbesondere Sämereien, Gräser und Kräuter, Wurzeln, Knospen sowie gelegentlich tierische Nahrung, wie Würmer, Schnecken, Asseln, Insekten und deren Larven. Auch kleinere Wirbeltiere (Mäuse) werden nicht verschmäht. Gelegentlich auch Junge und Eier bodenbrütender Sperlingsvogelarten. In den ersten zwei Lebenswochen fressen die jungen Großtrappen, die frisch geschlüpft kaum 20 Zentimeter groß sind, etwa 10 000 Insekten, fast ein Kilo.

Seit Beginn der 1990er Jahre leidet der Großtrappenbestand, ähnlich wie der vieler anderer Bodenbrüter, zusätzlich unter einem stark angewachsenen Druck von Beutegreifern. Eine große Anzahl der Gelege und Jungtrappen werden von Fuchs, Marderhund, Waschbär und Rabenvögel erbeutet. Um hier Einhalt zu gebieten, entstanden in allen drei Schutzgebieten eingezäunte Areale. Zwischen 15 und 30 Hektar sind die eingezäunten Bereiche groß, bei denen Reste aus der Berliner Grenzanlage Verwendung fanden.

In Mitteleuropa werden mehr als 50% (in manchen Gebieten vielleicht bis zu 90%) aller Gelege vorwiegend durch landwirtschaftliche Maßnahmen zerstört. Selbst bei ungestörten Bruten wächst von 2 geschlüpften Jungen meist nur eines heran, da Sterblichkeit in den ersten Lebenstagen und Verluste durch nasskaltes Wetter oder Raubwild erheblich sein können und die Henne anscheinend oft nicht mehrere Jungvögel gleichmäßig und ausreichend zu versorgen vermag. Großtrappen können bis zu 20 Jahre alt werden.

Die Großtrappe kam in Mitteleuropa früher auf Heide-, Öd- und Brachflächen vor. Ihr Lebensraum sind heute Ackerflächen, die Kultursteppe und Grünwiesen mit einer möglichst vielseitigen Kulturform. Großtrappen brauchen ein möglichst weiträumiges und offenes Gebiet, auf dem es möglichst wenig zu Störungen kommt. Die Ursachen des rapiden Rückgangs sind im Wesentlichen auf die ständige Verbauung, Zerstückelung und Beunruhigung der Brutgebiete sowie die Intensivierung der Landwirtschaft mit einer zeitlich hohen Dichte an Bearbeitungsvorgängen und damit zu einer Störung der Brutvögel zurück zu führen. Nachteilig wirken sich auch der Umbruch von Grasländern in Ackerflächen, die Aufgabe der Dreifelderwirtschaft und der zunehmende Anbau von Mais bei gleichzeitigem Rückgang der Luzerne aus. Im Jahr 1940 lebten noch 4100 Großtrappen in Niedersachsen, Thüringen, Sachsen-Anhalt, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen. Um 1960 wurden noch rund 1200 Tiere gezählt.

1969 werden in der Literatur für Sachsen, und hier insbesondere im Kreis Delitzsch, ein zahlenmäßig geringes Vorkommen von 35 Exemplaren genannt. In der ehemaligen DDR war die Großtrappe weit verbreitet. Nach der deutschen Wiedervereinigung ging durch Veränderungen in der Landwirtschaft, z.B. neue Anbaumethoden, der Bestand dramatisch zurück. 1998 gab es in ganz Deutschland nur noch 90 Tiere! Es wird versucht, den Bestand zu erhalten und zu vergrößern. Der Föderverein Großtrappenschutz e.V. betreibt seit etwa 25 Jahren den Schutz dieser Population in Brandenburg und Sachsen-Anhalt. Heute gibt es die Großtrappe mit knapp 200 Exemplaren nur noch in Brandenburg (Havelländisches Luch, Belziger Landschaftswiesen) und Sachsen-Anhalt (Fiener Bruch).  Damit steht die Großtrappe in Deutschland auf der Liste der vom Aussterben bedrohten Arten!

Erklärtes Ziel des Großtrappen–Schutzes ist es, mit der Auswilderung die wildlebenden Bestände zu stützen. Und zwar nur so lange, bis eine natürliche Reproduktion dies überflüssig macht. In den drei Siedlungsgebieten Havelländisches Luch, Belziger Landschaftswiesen und Fiener Bruch werden die seltenen Vögel von Hand aufgezogen und mithilfe spezieller Volieren ausgewildert. Brut und die zielgerichtete Auswilderung in geeignete Lebensräume sind aktuell unverzichtbar, um das Aussterben der Großtrappen zu verhindern. Denn noch werden nicht genügend Trappen in freier Wildbahn flügge.

Nach einer Bestandserhebung im Jahr 2016 betrug die Zahl der Großtrappen 232 Individuen. Davon wurden 88 Großtrappen im Havelländischen Luch und jeweils 72 in den Belziger Landschaftswiesen und im Fiener Bruch gezählt.

Klaus Rost

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