Aus der Vogelwelt: Ammern (5) Grau-, Zaunammer

Bild von Vasil Tanev auf Pixabay

Die Grauammer (Emberitza calandra) ist die größte Ammer Europas. Der ehemals häufige Singvogel wird leider zunehmend von der intensivierten Landwirtschaft bedroht.

Wie das Wort Calandra andeutet („Lerche“ auf Griechisch), ähnelt diese Ammer der Feldlerche, aber sie unterscheidet sich von dieser durch ihren großen, kegelförmigen Schnabel und dem Fehlen einer Haube. Wie viele Ammern hat die Grauammer einen plumpen Körper. Anders als die verwandte Goldammer hat sie jedoch eine eher un-scheinbare bräunliche Färbung. Rücken, Bürzel und Kopf sind mittelbraun mit schwarz-brauner Strichelung, während der Bauch hellbeige mit dunklen Strichen ist. Den großen Kopf zieren ein hellbeiger Überaugenstreif, ein gelblicher Schnabel und tiefschwarze Augen. Dieses fast durchgängig braune Gefieder findet sich sowohl beim Männchen als auch beim Weibchen. Mit ihren 18 cm und einer Flügelspannweite von ca. 30 cm ist sie ein recht großer Singvogel. Sie ist wesentlich größer als unser heimischer Spatz. Grauammer Männchen und Weibchen sehen im Gefieder gleich aus. Man unterschei-det Männchen und Weibchen nur durch Größe und Gewicht. Das Weibchen ist größer und schwerer.

Die Grauammer besiedelt offene Landschaften, wie z.B. extensive Grünländer, Feldrai-ne, Straßen- und Wegränder, Böschungen und Brachen mit einzelnen Gehölzen, höhe-ren Stauden, Freileitungen oder Koppelpfählen als Singwarte. Anscheinend sagen ihr jedoch feuchte Wiesen, Klee- und Luzernefelder in Flussnähe am meisten zu. Das Weib-chen legt das Nest in einer kleinen Bodenvertiefung an, in einer Wiese, im Klee in der Luzerne, auf Feldrainen und in Gräben, manchmal auch im Gebüsch und zwischen Stauden. Es liegt bis zu 30 cm hoch über dem Boden und ist aus Halmen, Blättern und Wurzeln gebaut und mit Wolle, feineren Pflanzenteilen, Haaren, Rosshaaren und ein-zelnen Federn gepolstert. Die Grauammer brütet von Ende April bis Juli zweimal. Ihr Gelege enthält gewöhnlich 4 – 5 Eier. Die Eier tragen auf graurötlichem, grauweißem oder schmutzig fleischfarbenen Grund rötlichgraue Schalenunter- und rotbraune Schalenoberflecken. Außerdem enthält ihre Zeichnung für die Grauammer typische, haarfeine wurmartigen Gebilde. Das Weibchen setzt sich auf das Nest, noch bevor das Gelege vollständig ist. Es wird vom Männchen weder abgelöst noch gefüttert.

Gebrütet wird 12 – 14 Tage. Ungefähr einmal die Stunde verlässt das Weibchen die Eier, um Nahrung zu suchen. Die Jungen werden fast ausschließlich vom Weibchen gefüttert und bleiben ungefähr 9 – 12 Tage in Nest. Bevor sie in die Umgebung auseinanderflie-gen. Dass sich die Männchen bis auf wenige Ausnahmen weder am Nestbau noch am Brut-geschäft und am Füttern beteiligen, hängt offensichtlich damit zusammen, dass die Männchen in Vielehe leben. Wieweit diese Erscheinung jedoch bei den Grauam-mern verbreitet ist, ob es vereinzelt oder allgemein verbreitet auftritt, ist bisher noch nicht geklärt.

Samen von allerlei Wildpflanzen sowie Getreide sind Ernährungsgrundlage der Grauam-mer. Daneben fressen sie im Frühjahr und Sommer auch vielerlei Insekten wie Käfer und Heuschrecken, ferner Spinnen. Junge Grauammern werden hauptsächlich animalisch mit Schmetterlingen, Heuschrecken, Käfern und Spinnen gefüttert, sie erhalten aber auch Samen von Wildkräutern. Außerhalb der Brutzeit sind Grauammern vorwiegend auf Stoppel-feldern, Äckern, in nicht gemähtem Grasland, auf Salzwiesen und Spülge-lände anzutreffen, Stoppeläcker und Brachland haben dabei – auch für andere Feld-vögel – eine besonders große Bedeutung.

Aufgrund seines eher unscheinbaren Gefieders bliebe dieser Vogel leicht unbemerkt, wenn die Männchen nicht die Angewohnheit hätten, sich gut sichtbar auf der Spitze von Sträuchern oder auf Freileitungskabeln niederzulassen, die ihnen als Singwarte dienen. Wenn eine Grauammer singt, dann klingt das ungefähr so, als wenn man einen Schlüsselbund schüttelt: eine Reihe tickender Laute, die in einem klirrenden Knirschen enden. Diese kurze Strophe trägt sie aber häufig und mit Inbrunst vor.

In Sachsen kommt der Brutvogel im Gegensatz zu früher nur noch lückenhaft im Tief- und Hügelland vor. Begünstigt sind die wärmeren Regionen Nordwestsachsens, das Riesa-Torgauer Elbtal, die Gohrischheide sowie die nordöstliche und östliche Oberlau-sitz. Höhen über 200 m ü. NN werden kaum besiedelt.
Der sächsische Bestand beläuft sich auf 1.200 bis 2.400 Brutpaare, sodass die Grauam-mer auf der Vorwarnliste zur Roten Liste zu finden ist. Die Gründe für den Rückgang dieser Vogelart liegen auf der Hand: Die Intensivierung der Landwirtschaft mit der damit verbun-denen Entwässerung feuchter Wiesen und dem Verlust extensiv genutzter Flä-chen und Landschaften. Zudem wurde durch den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln die Nahrungs-grundlage der Grauammern erheblich vermindert. Immer noch werden zu früh die Wiesen und Grabenböschungen gemäht, dadurch wird die erste Brut von der Grauammer und anderen Vogelarten zerstört.

Die Grauammer ist Jahresvogel und auch im Winter in Deutschland anzutreffen. Die ältesten wieder gefundenen Ringvögel waren 10 Jahre und 5 Monate bzw. 9 Jahre und 10 Monate alt.

Das Verbreitungsgebiet der Wärme liebenden Zaunammer (Emberitza cirlus) berührt Deutschland nur im äußersten Südwesten, wo sie noch in den milden Gegenden des oberen Rheingrabens und im Bodenseegebiet vorkommt. Im Mittelmeerraum ist sie relativ häufig und vertritt dort gebietsweise ihre sehr nahe verwandte Goldammer, ist aber etwas kleiner, gedrungener und kurzschwänziger.

Im Aussehen ähnelt sie der Goldammer, aber Kinn und Kehle sind schwarz, der Bürzel ist oliv-braun. Markantes Merkmal der Männchen ist der schwarze Augenstreif, der vom Schnabelansatz bis in den Nacken reicht. Oben und unten ist der schwarze Streifen gelblich eingefasst. Weibchen erinnern stark an Goldammerweibchen, jedoch stets mit unauf-fällig bräunlichgrauem, nicht rostbraunem Bürzel. Manchmal sind die Ober-schwanzdecken auch leicht rostbraun überflogen. Bei beiden Geschlechtern ist das Gefieder ober- wie unterseits mit einer bräunlichen Strichelung versehen. Der kräftige Schnabel weist eine gräuliche Färbung auf.

Ihr Verbreitungsgebiet erstreckt sich über den Süden Europas und Nordafrika. In Süd-deutschland gibt es kleine Bestände in wärmeexponierten Lagen. Zaunammern bevor-zugen offene, buschreiche Landschaften. Ihre Nahrung besteht aus kleineren Samen und Insekten. Die Zaunammer ist ein Standvogel – im Herbst und Winter streift sie in kleinen Gesellschaften im weiteren Brutgebiet umher. Im April finden sich die Paare wieder an ihren Brutplätzen ein.

Die GeIegegröße beträgt bei Erstbruten in der Regel 4 Eier, seltener nur 3. späte Gelege haben häufiger nur noch 3 oder 2 Eier. Die Brutdauer liegt bei 12 und 13 Tagen, die Nestlingszeit beträgt 10 – 14 Tage. Die Jungen sind erst im Alter von 15 Tagen in der La-ge, über größere Strecken gut zu fliegen, im Alter von 18 Tagen beginnen die Jungen selbständig nach Nahrung zu picken, sie werden aber noch im Alter von 20 Tagen re-gelmäßig gefüttert.

Die Zaunammer ist Standvogel und gelegentlicher Teilzieher. Ein großer Teil der Popula-tion harrt den ganzen Winter über in seinen Revieren aus. In der Roten Liste ist sie als stark gefährdet ausgewiesen!

Der Brutbestand in Deutschland wird auf 220 -250 Brutpaare geschätzt, wobei davon allein 200 Brutpaare für Reinland-Pfalz angegeben werden.

Bestandsgefährdungen entstehen hauptsächlich durch den Verlust und Veränderung des Lebensraums durch Verringerung der Strukturvielfalt, Ausräumung von Rebgelände, Entfernung von Hecken, Ausdehnung von Siedlungen, sowie Gebietsweise der Rück-gang von Stoppelbrachen im Winter als Nahrungsgrundlage.

Der älteste Ringvogel erreichte ein Alter von 8 Jahren, während das durchschnittliche Alter mit 3, 3 Jahren angegeben wird.

Klaus Rost

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