Abmahnungen – Teil 1

§ Sie fragen – wir antworten

In dieser und der nächsten Ausgabe beantworten wir weitere Fragen zum Thema Abmahnung.

Abmahnung des Pächters eines Kleingartens – oft gestellte Fragen / Teil I

In welchen Rechtsverhältnissen findet die Abmahnung (A) allgemein Anwendung und wer ist hierzu befugt? Beispielhaft sollen das Arbeitsverhältnis, das Mietverhältnis und das Pachtverhältnis – so auch über einen Kleingarten (KgPV) – genannt sein. Bei einem KgPV fällt der Ausspruch der A. in die Zuständigkeit des Verpächters. Das heißt, zuständig für den  Ausspruch der A. sind die vertretungsbefugten Mitglieder des geschäftsführenden Vorstandes des Kleingärtnervereins (KGV) auf der Grundlage eines vorangegangenen Beschlusses des Vorstandes.. 

Welchen Rechts-Charakter hat die A.? Sie ist eine gegen den Pächter gerichtete Diszipli-nierungsmaßnahme des KGV in seiner Rechtsstellung als Verpächter wegen der Nichtbefol-gung/-erfüllung ihm als Pächter obliegender gesetzlicher und/oder (Pacht-) vertraglicher Pflichten. Auch als Maßregelung, Verhaltens-Missbilligung bezeichnet, die ihn an seine ihm als Pächter obliegenden Pflichten erinnert, ihn zu deren Befolgung ermahnt und zugleich vor negativen Rechtsfolgen – so einer möglichen Kündigung des KgPV – bei einem „Weiter so“ warnt. Daraus folgt, dass eine A. keine Sanktion des Verpächters darstellt.

Welche Hauptanwendungsgebiete haben A.? Abgemahnt werden insbesondere Pflicht-verletzungen, die die Bebauung und Gestaltung der Pachtsache, ihre Bewirtschaftung, die (andauernde) Nichterfüllung finanzieller Verpflichtungen als Pächter und das Verhalten in der Kleingartenanlage betreffen.

Ist die A. des Gartenfreundes in seiner Rechtsstellung als Pächter zugleich eine Ver-einsstrafe für ihn als Vereinsmitglied? Nein!Unstrittig ist, dass der Gartenfreund nicht nur Pflichten als Pächter sondern zugleich sich für ihn aus der Vereinssatzung ergebende Pflich-ten verletzt. Hervorzuheben sind die Pflichten: „den abgeschlossenen Kleingartenpachtver-trag und die Kleingartenordnung … einzuhalten und nach diesen Grundsätzen sich innerhalb des Vereins kleingärtnerisch zu betätigen“ und an anderer Stelle: „das Ansehen des Vereins zu wahren und zu fördern und alles zu unterlassen , was geeignet ist, das Ansehen des Ver-eins zu gefährden, den Vereinsfrieden und den Frieden in der Kleingärtnergemeinschaft zu stören.“ (Vgl. Mustersatzung des SLK § 5)) Vereinsstrafen kommen nur dann zur Anwen-dung wenn sie in der Vereinssatzung vorgesehen sind. Des Weiteren erfordern sie die Durch-führung des in der Vereinssatzung ausgestalteten Verfahrens.   

Müssen der A. Vorstandsgespräche oder andere letztlich erfolglose Aktivitäten des Verpächters vorausgehen? Nein!Sie müssen es nicht, denn unter bestimmten Umständen ist der unverzügliche Ausspruch einer A. – ebenso wie in bestimmten Fällen die sofortige Kündigung des KgPV ohne Einhaltung einer Kündigungszeit (fristlose Kündigung) nach § 8 BKleingG – die richtige und notwendige Option. Vielfach gehen der A. jedoch Belehrungen, Ermahnungen, Verwarnungen, (rechtliche) Hinweise, Aufforderungen u.ä. voraus, die letztlich alle wirkungslos blieben oder nur zu Teilerfolgen führten. Es ist eine positive Praxis in der Vorstandstätigkeit, bei rechtlich relevanten Pflichtverletzungen den/die Pächter „im Vor-

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feld“ zu einem Vorstandsgespräch einzuladen, um ggf. auch Informationen über die Gründe der kritikwürdigen Sachlage zu erhalten und ggf. gemeinsame Schritte zu deren Veränderung zu beraten und zu beschließen. Doch die Bereitschaft der betroffenen Pächter, Einladungen zur Vorstandssitzung Folge zu leisten, Einsichten erkennen zu lassen und mitzuwirken an konstruktiven Lösungen ist nicht unbedenklich.

Wie ist bei Pächtermehrheit zu verfahren? Bei Pächtermehrheit ist es immer erforderlich, dass jeder Pächter einzeln – bei einer schriftlichen Abmahnung – mit einem gesonderten Schriftstück abgemahnt wird. Im Einzelfall kann die Abmahnung durchaus nur gegenüber einem Pächter ausgesprochen werden – z.B. bei einer ausschließlich einem Pächter anzu-lastenden relevanten Störung des Friedens in der Kleingärtnergemeinschaft oder eines un-gebührlichen, vereinsschädigenden Verhaltens gegenüber Gästen/Besuchern der Kleingar-tenanlage.

Wann sollte mit einer A. reagiert werden?

Da eine Abmahnung nach allgemeinen Rechtsempfinden und vor allem nach der herrschenden Rechtsmeinung auf einen beachtlichen Schweregrad vertrags-/gesetzeswidrigen Verhaltens hinweist, sollte sie auch nur in solchen Fällen zur Anwendung kommen, wo es bei weiteren ähnlichen oder noch schwerwiegenderen Verstößen unumgänglich ist, die Beendigung des KgPV oder andere rechtliche Schritte ernsthaft in Erwägung zu ziehen.

 Welche „andere rechtliche Schritte“ sind gemeint?  Dem Verpächter steht es frei, an-stelle einer Kündigung des Kg PV zunächst mittels Unterlassungsklage wegen vertragswi-drigem Gebrauch nach § 541 i.V. mit § 581 Abs. 2 BGB gegen den Pächter vorzugehen oder bei einer anderen Sach- und Rechtslage die Inanspruchnahme eines Gerichts in Erwägung zu ziehen. Es ist zu empfehlen, sich ggf. anwaltlichen Rat einzuholen bzw. anwaltliche Unter-stützung in Anspruch zu nehmen. Nicht wenige Vereinsvorstände nutzen bei einer kompli-zierten Sach- und Rechtslage vor ihrer Entscheidungsfindung bzw. vor der Umsetzung der getroffenen Entscheidung die Möglichkeit der Konsultation im Rahmen der monatlichen Rechtssprechstunde beim SLK.  

Sind vor Ausspruch einer Kündigung des KgPV mehrere A. den gleichen Kritikgegen-stand betreffend möglich und sinnvoll? Nicht erforderlich, aber durchaus sinnvoll und nicht nur zu beschränken – wie in der Praxis auch vielfach gehandhabt – bei Vorliegen  schwerwiegenden Bewirtschaftungsmängeln, die zwar nach den Vorstellungen des Pächters beseitigt wurden, aber die Realität weit davon entfernt ist. So kann bspw. hinsichtlich der ausbleibenden Reaktion des abgemahnten Pächters entschuldbare Gründe vorliegen – wie nach seinen Erklärungen kein Zugang der A., unvermittelte schwere psychische oder körper-liche Erkrankungen u.ä. Letzteres bei alleinstehenden Pächtern mit weiteren Problemen hinsichtlich der Kontaktaufnahme zum Verpächter verbunden. In derartigen Fällen sollte nach Ablauf der durchaus mit der A. gesetzten Frist zur Erfüllung der Forderungen kurzfristig mit einer weiteren A. reagiert werden.  

Wird fortgesetzt

Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger

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