Abmahnung – Rechtsanwendung durch den Vorstand

§ Sie fragen – wir antworten

Abmahnung des Kleingartenpächters: Welcher Zeitraum kann zwischen Bekanntwerden des vertragswidrigen Verhaltens und dem Ausspruch der Abmahnung sowie zwischen dem Ausspruch einer Abmahnung und der Kündigung des Klengartenpachtvertrages (KgPV) liegen?

In der Vorstandstätigkeit hat die Durchsetzung gesetzlicher und vertraglicher Pflichten durch den Pächter einen wichtigen Stellenwert. Die ggf. notwendige Abmahnung der Pächter ordnet sich mit ihrer Warnfunktion in die vielfältigen Aktivitäten des Vorstandes ein. Vielfach gehen ihre Ermahnungen, Verwarnungen, (rechtliche) Hinweise, Aufforderungen u.ä. voraus, die letztlich alle wirkungslos blieben oder nur zu Teilerfolgen führten.

Der Gesetzgeber bestimmt im BKleingG (§§ 8; 9) die zulässigen Gründe für eine Kündigung des KgPV durch den Verpächter. Die ordentliche Kündigung des KgPV nach § 9 Abs. 1 Ziff. 1 ist an eine vorangegangene erfolglose schriftliche Abmahnung gebunden.

Eine Abmahnung beinhaltet eine durch den bzw. bei Pächtermehrheit durch die Pächter sehr ernst zu nehmende Reaktion des Kleingärtnervereins (KGV) als Verpächter auf sein/ihr gesetzes- und/oder vertragswidriges Verhalten. Der Verpächter beanstandet bzw. missbilligt mit ihr ein konkret bezeichnetes rechtlich relevantes Fehlverhalten und fordert den/die Pächter zu einem veränderten Tun oder Unterlassen auf. Vielfach werden mit ihr auch Forderungen ausgesprochen, innerhalb eines festgesetzt – angemessenen – Zeitraums den kritikwürdigen Zustand der Pachtsache zu beseitigen. Zugleich werden die möglichen/zu erwartenden rechtlichen Konsequenzen bei Nichterfüllung aufgezeigt.

Bei Pächtermehrheit ist es immer erforderlich, dass jeder Pächter einzeln – bei einer schriftlichen Abmahnung – mit einem gesonderten Schriftstück abgemahnt wird. Im Einzelfall kann die Abmahnung durchaus nur gegenüber einem Pächter ausgesprochen werden – z.B. bei einer ausschließlich einem Pächter anzulastenden Störung des Friedens in der Kleingärtnergemeinschaft oder eines ungebührlichen, vereinsschädigenden Verhaltens gegenüber Gästen/Besuchern des KGV.

Die vom Verpächter mit der Abmahnung erteilte Aufforderung zu einem gesetzes- und/oder vertragsgemäßen Verhalten muss nicht zwangsläufig zu einer Kündigung des KgPV führen.

Dies dann nicht, wenn z.B. der/die Pächter sein/ihr missbilligtes Verhalten bzw. den missbilligten Zustand der Pachtsache abgestellt haben.

Auch eine erfolglose Abmahnung oder eine nur bedingt erfolgreiche Abmahnung schließt nicht aus, dass vor der Kündigung des KgPV eine weitere Abmahnung ausgesprochen wird oder mit anderen rechtlichen Mitteln (Zivilklage) vorgegangen und auf eine Kündigung des KgPV (zunächst) verzichtet wird.

Der Gesetzgeber bestimmt nicht, ob und innerhalb welchen Zeitraums auf eine bekanntgewordene Gesetzes-/Vertragsverletzung mit einer Abmahnung reagiert werden kann oder muss und er bestimmt auch nicht deren Wirkungsdauer. Folglich bestimmt er auch nicht, welcher Zeitraum zwischen – einer letztlich erfolglosen – Abmahnung und einer Kündigung des KgPV nicht überschritten werden darf.

Wird eine Abmahnung in Erwägung gezogen, weil sie für den Verpächter unumgänglich ist, sollte sie unverzüglich – also zeitnah – ausgesprochen werden! Ein Kriterium einer kritischen Bewertung des Vorgehens des KGV gegenüber dem Pächter ist folglich der Zeitraum, der zwischen der (möglichen) Kenntniserlangung des Fehlverhaltens des Pächters durch den Vorstand und seiner Reaktion auf das gesetzes- und/oder vertragswidrige Verhaltens des Pächters liegt. Auch bei mehreren Abmahnungen in der gleichen Sache sind überlange Zeiträume zwischen den Abmahnungen zu vermeiden!

Letzt endlich ist der Einzelfall mit seinen vielfältigen zu beachtenden Details, in der Person der/des Pächter(s) liegender Umstände u.a.m. die Bewertungsgrundlage für eine vermeintlich überlange Zeitdauer zwischen bekannt werden des relevanten Sachverhalts und dem Einschreiten durch den Vorstand.

Unumgänglich ist: Bevor eine Abmahnung gegenüber dem/der Pächter ausgesprochen wird, ist der dem Vorstand zur Kenntnis gelangte Sachverhalt aufzuklären und durch Besichtigungsprotokolle, Bildmaterial, Videoaufnahmen, Zeugenaussagen allseitig zu sichern und zu dokumentieren!

Entscheidungen für den Vorstand stehen dann an, wenn nach Fristablauf einerseits festgestellt wird, dass die mit der Abmahnung gestellten Forderungen nur bedingt erfüllt, nicht erfüllt wurden oder deren Erfüllung im Ausnahmefall verweigert wird. Die ohne größere Zeitverzüge vorzunehmende Prüfung der Sachlage kann letztlich zu der Entscheidung einer weiteren Abmahnung ebenso führen wie zu dem Vorstandsbeschluss: Beendigung des Kleingartenpachtverhältnisses durch Kündigung des KgPV.

Bei einer aus der Sicht des Vorstandes unumgänglichen Kündigung des KgPV auf dem Wege der ordentlichen Kündigung nach § 9 Abs. 1 Ziff. 1 BKleingG sind die vom Gesetzgeber im § 9 Abs.1 Ziff. 2 BKleingG bestimmten Kündigungsmodalitäten zu beachten: Kündigung nur für den 30. November eines Jahres und spätestens am dritten Werktag im August des Jahres.

Die bis zum dritten Werktag im August des Jahres mögliche Kündigung des KgPV auf der Basis der erfolglosen Abmahnung um ein Jahr „zu verschieben“ bzw. ihre Wirksamkeit auf einen späteren Zeitpunkt zu bestimmen, ist wegen möglichen Prozessrisiken abzulehnen. In derartigen Situationen sollte vor weiteren Entscheidungen ggf. anwaltlicher Rat eingeholt werden.

Sollte(n) der/die betroffenen Pächter ggf. zu keiner einvernehmlichen Beendigung des KgPV bereit sein und in der Sache in der Vergangenheit mehrfach abgemahnt worden sein und weitergehende Auswirkungen eingetreten sind, sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung des KgPV zu prüfen.

Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger

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