§ Sie fragen – wir antworten
Ich bin Pächterin eines Kleingartens und habe das 83. Lebensjahr vollendet. Weil ich altersbedingt keine Gemeinschaftsstunden mehr leisten kann, verlangt der Kleingärtnerverein von mir für jede nicht geleistete Stunde eine Vergütung in Höhe von 15 Euro. Damit bin ich nicht einverstanden, weil mir der geforderte Geldbetrag ebenso überhöht erscheint wie die Verpflichtung zu fünf Gemeinschaftsstunden. Ist meine Position vertretbar?
Es wird keinesfalls verkannt, dass es sich hierbei um eine äußerst sensible Problematik handelt, deren Lösung sowohl den KGV als auch das Vereinsmitglied – resultierend aus der wechselseitigen Treuepflicht – fordert. Die ablehnende Haltung ist nicht vertretbar.
Ob und wie viele Gemeinschaftsstunden von den Vereinsmitgliedern/Pächtern von Kleingärten bspw. zur Errichtung, zum Erhalt oder zur Verschönerung von Gemeinschaftsanlagen, zur Pflege freier Kleingärten oder zur Gestaltung von Vereinsfesten zu leisten sind, entscheidet – soweit die Vereinssatzung keine andere Zuständigkeit vorsieht – die Mitgliederversammlung.
Die tatsächlich zu leistenden Gemeinschaftsstunden werden von KGV zu KGV aus eben genannten objektiven Gründen voneinander abweichen. Weil es weder für ältere noch für schwerbeschädigte oder behinderte Gartenfreunde einen durchsetzbaren Rechtsanspruch auf Befreiung von Gemeinschaftsarbeiten noch ein Recht gibt, sich selbst eine Aufgabe auszuwählen bzw. für sich zu bestimmen, sind die KGV gehalten und bemüht, vielfältige (auch leichte) Tätigkeiten anzubieten, so dass jeder Gartenfreund der Leistungspflicht nachkommen kann.
Offensichtlich ist es dem KGV nicht möglich, der Fragestellerin eine Gemeinschaftsarbeit anzubieten, die sie trotz ihres hohen Lebensalters und Gesundheitszustandes erfüllen kann, oder angebotene Tätigkeiten werden von ihr aus fehlerhafter Bewertung der Sach- und Rechtslage oder anderen persönlichen Gründen abgelehnt. Gemeint ist bspw. eine Tätigkeit in einem zu vereinbarendem Zeitraum, die der Gartenarbeit im eigenen Pachtgarten entspricht.
Der KGV ist folglich berechtigt, die Zahlung eines Ersatzbetrages – im Sinne einer Vergütung – für nicht geleistete Gemeinschaftsstunden zu verlangen. Ein Betrag in Höhe von 15 Euro für jede nicht geleistete Gemeinschaftsstunde ist dabei keine überhöhte Forderung.
Beschlüsse der Mitgliederversammlung gelten grundsätzlich für alle Vereinsmitglieder. Ihre Erfüllung hängt nicht von persönlicher Meinung oder eigenem Abstimmungsverhalten in der Mitgliederversammlung ab. Vielmehr ist entscheidend, dass in der Satzung des KGV die Verpflichtung zur Gemeinschaftsarbeit und die Pflicht zur Vergütung für nicht geleistete Gemeinschaftsstunden verankert ist und die Anzahl der zu leistenden Gemeinschaftsstunden und die Höhe der Vergütung für nicht geleistete Stunden durch das satzungsgemäß zuständige Vereinsorgan beschlossen wurde.
Es ist bewährte Praxis, dass in den Pachtverträgen über Kleingärten in den KGV des SLK die Verpflichtung zur Gemeinschaftsarbeit ungeachtet der Regelungen in der Vereinssatzung Vertragsgegenstand ist.
Dr. jur. habil. Wolfgang Rößger