Die historische Schrebergartenanlage zum Anfassen
Das Kleingärtnermuseum im Zentrum von Leipzig wird im Jahr von mehreren tausend Gästen besucht.
Da die Dauerausstellung in den Räumen des ersten Obergeschosses liegen, ist es leider gehbehinderten Besuchern oder Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, nicht möglich dorthin zu gelangen.
Die Schaugärten hingegen sind weitestgehend barrierefrei. Die Möglichkeit einen Fahrstuhl an oder in das Gebäude zu installieren wurden geprüft, scheitern aber aus denkmalschutzrechtlichen Gründen.
Über unsere Netzwerkpartner und Museumskollegen erfuhren wir von der Möglichkeit Fördergelder für Projekte im Bereich der Inklusion zu beantragen.
Unter dem Titel „Lieblingsplätze für alle“ wird seit 2014 vom Freistaat Sachsen ein Investitionsprogramm für Barrierefreies Bauen aufgelegt.
Ziel des Programms ist die Förderung von kleinen Investitionen zum Abbau bestehender Barrieren, insbesondere im Kultur-, Freizeit-, Bildungs- und Gesundheitsbereich. Diese Förderung wurde beim Leipziger Amt für Wohnungsbau und Stadterneuerung beantragt.
Nach dem Erhalt der Förderzusage Anfang des Jahres 2025 begann die Auftragserteilung und somit die konkrete Zusammenarbeit mit den Künstlerinnen.
In zahlreichen Treffen wurden Detailfragen geklärt und Anforderungen definiert.
Als Vorstufe für den Bronzeguss entstand in sehr kleinteiliger Arbeit ein Modell aus schwarzem Wachs im Maßstab 1:350. Diese verkleinerte Darstellung der aktuellen Ausdehnung und Gestaltung des Areals des Kleingärtnervereins zeigt detailgetreu die zentralen Elemente, um welche die Gartenanlage gruppiert ist.
Als Ergänzung zu dieser Darstellung wurde ein umlaufender Fries mit Darstellungen aus der Botanik gestaltet: Linde, Tulpe, Kamille, Kürbis und Erdbeere.
Dieser Bereich wurde mit einer Beschriftung in taktiler Profilschrift (Schriftfond gemäß den Richtlinien des Deutschen Blinden und Sehbehindertenverbandes) sowie in Braille ergänzt.
Ende Oktober erfolgte die Lieferung des Sockels aus Sandstein. Im Vorfeld wurde dazu der Untergrund befestigt und geebnet sowie die dort vorher befindlichen Blumenkübel umgestellt.
Das Modell selbst wurde am Ende November geliefert und fest mit dem Sockel verbunden.
Die offizielle Einweihung erfolgte am 11.12.2025 in Anwesenheit von ca. 40 Gästen – darunter Vertreter der Stadt, des Blinden und Sehbehindertenverbandes sowie der Kleingartenverbände von Stadt, Umland und Freistaat.
Blinde und sehbehinderte Menschen können nun durch das Betasten des Bronzemodells eine räumliche Vorstellung von den Formen, Strukturen und Verteilung der Bestandteile bekommen.
Neben den zentralen Elementen der Gartenanlage (Vereinshaus, Einzelgärten) werden anhand spezieller zugewiesener Strukturen für Wege, Wiese, Bäume insgesamt die Dimensionen dargestellt.
Das Tastmodell ist ein gelungenes Angebot, welches sowohl eigenständig von allen Besuchern der Gartenanlage genutzt werden kann als auch zukünftig in die Führungen und museumspädagogischen Veranstaltungen des Museums eingebunden wird.
Die Schreberbewegung als ein stadtgeschichtliches bedeutendes Alleinstellungsmerkmal wird somit zukünftig dauerhaft als inklusives Kultur- und Teilhabeangebot allen Interessierten zur Verfügung stehen und die Gartenanlage ist so als lebenswerter Lieblingsort nachhaltig erfahrbar
Caterina Paetzelt • Leiterin / Dipl. Museologin (FH)
• Deutsches Kleingärtnermuseum • Aachener Straße 7 • 04109 Leipzig
www.kleingarten-museum.de
Bilder und Text: Kleingarten Museum
