Eine Pflanze, die europaweit angetroffen werden kann, ist das Taubenkropf-Leimkraut (Silene vulgaris). Es ist eine Pionierpflanze, die trockene, sonnige auch steinige Standorte liebt und auf Wiesen, an Wegrändern, Magerrasen und Böschungen wächst. Die Pflanze ist auch unter den Namen Klappertopf, Klatschnelke, Knirrkohl oder Wiesenspinat bekannt und gehört zur Familie der Nelkengewächse.
Das Taubenkropf-Leimkraut ist eine ausdauernde Pflanze, die eine Höhe von 20 bis 60 cm erreichen kann. Sie gehört zu den Hemikryptophyten, d.h., die oberirdischen Triebe verwelken im Herbst und der neue Trieb entwickelt sich im Frühjahr aus den Knospen am Grund des vorjährigen Triebes. Die Stängel sind verzweigt und kahl, die Blätter stehen wechselständig, wobei sich immer zwei gegenüber stehen, sind lanzettförmig und spitz. Die Blütezeit erstreckt sich von Mai bis September. Recht interessant sehen die Blüten aus. Die fünf Kronblätter sind am Grund verwachsen und tief gespalten. Die Blütenfarbe ist meist weiß, selten rosa. Die ebenfalls fünf Kelchblätter sind zu einem eiförmigen, weit offenen und kahlen Kelch mit netzartig verbundenen Nerven verwachsen. Der Kelch wirkt wie aufgeblasen. Die Blüten sind überwiegend zweihäusig, den gesamten Tag über geöffnet und verströmen nur nachts einen kleeartigen Duft, um Insekten anzulocken. Langrüsselige Bienen und Nachtfalter übernehmen die Bestäubung. Hummeln beißen nur ein Loch in den Kelch, um an den Nektar zu kommen, befruchten aber nicht. Etwa 2 mm große Samen können von Juli bis Oktober geerntet werden.
An Inhaltsstoffen konnten Bitterstoffe, Saponine, Mineralstoffe und Vitamine nachgewiesen werden, die sich in den Trieben, dem Kraut und den Wurzeln befinden.
Als Arzneipflanze hat das Taubenkropf-Leimkraut kaum noch Bedeutung, obwohl die Auszüge aus den Blättern positive Wirkung bei Diabetes Typ II haben. Auch wirken Zubereitungen u.a. auswurffördernd, erweichend, hustenhemmend, immunstimulierend, schleimlösend und stoffwechselanregend. Wurzelabkochungen dienen zu Waschungen oder Bädern bei spröder, trockener und leicht entzündlicher Haut. Auch als Seifen und Waschlaugen können die Wurzeln verwendet werden.
Als Wildkraut scheint die Bedeutung der Pflanze größer zu sein. Der Geschmack ist erbsenartig, der im Laufe des Jahres bitterer wird. Doch die jungen Triebspitzen und Blätter geben Salaten, Butterbrot oder Quarkzubereitungen eine besondere Note. Ein milderer Geschmack wird durch Zugabe von Salz oder Überbrühen mit Wasser erzielt. So können schmackhafte Füllungen für Teigtaschen und Aufläufe hergestellt werden oder die zarten Triebe werden der Kartoffelsuppe oder dem Spinat beigesetzt. In Italien sind die in Butter gedünsteten Blätter eine Spezialität.
Der Gattungsname Silene erinnert an Silenos. Dieser war der Lehrer und Begleiter von Dyonysos, dem griechischen Gott des Weines. Häufig wurde Silenos dickbäuchig dargestellt. Der aufgeblasene Kelch erinnert daran.
Dr. Hannelore Pohl