Eine Pflanze, die in der Vergangenheit sehr viel Diskussionsstoff bot, ist das Süßkraut, Honigkraut, Zuckerkraut oder Süßblatt (Stevia redbaudiana). Die Pflanze gehört zu den Korbblütlern, ist eine Kurztagpflanze, blüht demzufolge im Herbst /Winter, kann frostfrei überwintert und im Sommer im Freien kultiviert werden.
Die Blätter der Pflanze, die Steviablätter, sind schon seit Jahrhunderten ein traditionelles, kalorienfreies Süßungsmittel der Ureinwohner Südamerikas.
1887 entdeckte der Schweizer Bertonoi die Pflanze und gab ihr den Namen. Seit 1920 wird Stevia in großen Plantagen in Brasilien und Paraguay kultiviert. Bereits während des Zweiten Weltkrieges wurde sie auch in Europa angebaut, danach aber wieder aufgegeben.
Interessant ist, dass sich über 100 Wirkstoffe in den Blättern befinden. Zu nennen sind Steviosid (5- 10 %), Rebaudiosid A und C, äth. Öl und Flavonoide. Steviosid ist ein feines, gelblich weißes Pulver, ein Zuckerersatzstoff, der die 300-fache Süße aufweist wie Saccharose (Rohrzucker). Es wird beschrieben, dass Steviosid in richtiger Dosierung neutral und vollmundig schmeckt, zu hoch dosiert jedoch unangenehm und bitter. Geschätzt wird die Koch- und Backfestigkeit von Steviosid bis 200 ºC. Der höchste Wirkstoffgehalt ist in den älteren Blättern zu finden.
In den vergangenen Jahren war der Einsatz von Stevia in Europa als Lebensmittelzusatzstoff stark umstritten. Außerhalb der EU war die Nutzung als zuckerfreies Süßungsmittel möglich. Seit dem 2. Dezember 2011 hat Stevia im gesamten Gebiet der EU die Zulassung als Lebensmittelzusatzstoff.
Auch pharmazeutisch hat Stevia Bedeutung. Die Inhaltsstoffe sind herzstärkend, pilz- und bakterienhemmend (Blätter wurden deswegen zur Gesichtsmaske empfohlen), wirken gefäßerweiternd, gegen hohen Blutdruck und Sodbrennen, gegen Zahnfleischbluten, Karies und Zahnbelag. Als kalorienfreies Süßungsmittel ist es für Diabetiker geeignet und bei Übergewicht zu nutzen. Stevia ist eine sehr geschätzte Pflanze, die in Zukunft sicher noch wesentlich mehr Bedeutung erlangen wird.
Die abgebildete Pflanze hat den Winter bisher überstanden, im November/Dezember geblüht und treibt schon wieder aus. Ich denke, dass sie mich auch den kommenden Sommer erfreuen wird. Sie soll ab und zu gedüngt werden, ist mäßig zu gießen und um einen buschigeren Wuchs zu erhalten, sollten die Spitzen ausgekniffen werden.
Stevia darf nicht mit dem Aztekischen Süßkraut verwechselt werden, das zu den Eisenkrautgewächsen gehört und deren getrocknete Blätter nicht mehr süßen.
Dr. Hannelore Pohl