An warmen Tagen halten wir uns gern unter schattigen Bäumen auf. Die Roßkastanie (Aesculus hippocastanum), die einen Durchmesser bis zu 2 m, Höhen bis zu 30 m und ein Alter bis zu 300 Jahren erreichen kann, ist ein solcher Schattenspender. Wurde sie doch in Bayern auf Bierkellern angepflanzt, um den Boden schattig und kühl zu halten. Die Roßkastanie, auch unter den Namen Pferdekastanie, Säukestene, Wilde Kestene, Kastangel oder Keschte bekannt, gehört zu der Familie der Seifenbaumgewächse. Heimisch ist sie in den Schluchten des Balkangebirges, des Kaukasus, des Himalaja und im Norden des Iran. Bei uns haben sich die Kastanien eingebürgert und mit ihnen auch seit etwa 1984 die Kastanienmoniermotte, die den Bäumen leider arg zusetzt.
Kastanien wurden den Pferden, den Rössern, zur Linderung bei Husten und Atemnot gegeben. Auch als Futter dienten die Samen. Von daher rührt der Name Rosskastanie. Interessant ist, dass von den Kastanien fast alle Teile arzneilich Verwendung finden können. Hauptinhaltsstoffe sind Saponine und Cumarine.
So eignen sich die Kastanienblüten als Tee. Er hilft als schleimlösendes Mittel bei festsitzendem Husten. Je dünner der Tee aufgebrüht ist, desto intensiver soll seine entspannende Wirkung auf die Seele und den Geist sein. Auch wird dieser Tee als gutes Mittel zum Einschlafen empfohlen.
Bekannter ist allerdings die Nutzung der Samen. Diese enthalten vorwiegend das Saponin Aescin. Saponine und Flavonoide beeinflussen die Gefäße positiv, fördern die Durchblutung und dichten die Wände der Gefäße ab. Die Flüssigkeit kann dann nicht in das umliegende Gewebe treten. Der Druck in den Gefäßen normalisiert sich und diese werden gestärkt. Der venöse Kreislauf wird angeregt und Entzündungsprozesse heilen ab.
So kann aus den Kastaniensamen eine Tinktur bzw. ein Gel zum Einreiben bei rheumatischen Schmerzen, Krampfadern, Blutergüssen, Wadenkrämpfen, Stauchungen und Prellungen sowie müden und schweren Beinen und zur Vorbeugung bei längeren Autofahrten oder Flugreisen hergestellt werden.
Dazu werden frische Samen abgewaschen, zerkleinert, in ein Schraubglas gegeben und mit gutem Alkohol übergossen. Nach etwa drei Wochen wird das Gemisch abgegossen, gefiltert und in dunklen Flaschen aufbewahrt. Die Tinktur kann pur oder mit einigen Tropfen eines guten Hautöls zu Einreibungen Verwendung finden.
Zu Herstellung eines Venengels ist die Tinktur die Grundlage. 20 ml Tinktur werden mit 80 ml Wasser aufgekocht und wieder abgekühlt. Zugegeben wird ein Gelbildner, der in der Apotheke zu erhalten ist. 1 g davon wird über das Gemisch gegeben und mit dem Schneebesen geschlagen, bis sich der Gelbildner gleichmäßig verteilt hat .Durch Zugabe von Rosmarinöl verstärkt sich die durchblutende Wirkung noch.
Auch ein Badzusatz, der schäumt und angenehm wirkt, ist aus Kastaniensamen herzustellen. Dazu wird ein halber Eimer frischer Kastanien gewaschen, geschnitten und in Wasser eingeweicht. Am folgenden Tag werden die Kastanien aufgekocht und der Sud in das Badewasser gegeben. Kastanien in der Hosentasche getragen, sollen vor Rheuma schützen.
Dr. Hannelore Pohl