Heilende Pflanzen vor unserer Haustür
Sehr interessant sind die verschiedenen Getreidearten, die in unserer Ernährung eine wichtige Rolle spielen. So wollen wir den Roggen (Secale cereale) genauer betrachten.
Roggen gehört zur Familie der Süßgräser und zu den einkeimblättrigen Pflanzen. Diese zeichnen sich durch die Ausbildung eines Keimblattes und der parallel laufendenden Blattnervatur aus. Als Samen werden Karyopsen gebildet.
Der Ursprung des Roggens liegt im Orient, im nahen Osten, in Kleinasien. Dort war Roggen als ein Wildgras bekannt. Die ältesten Funde sollen 7.000 Jahre alt sein und schon seit etwa 4.000 Jahren wird Roggen zur Ernährung der Bevölkerung angebaut. Zu Beginn des Mittelalters kam er nach Mitteleuropa und war mehr als 1.200 Jahre das wichtigste Getreide in Deutschland.
Roggen ist eine recht anspruchslose Pflanze, die sich auf leichten Böden wohl fühlt, mit relativ wenig Wasser und Nährstoffen zurecht kommt. So wird Roggen gern auf den leichten und sandigen Böden im Norden angebaut. Meist wird Roggen als Winterroggen kultiviert, d.h., die Aussaat liegt in der Zeit von Mitte September bis Mitte Oktober. Auch ein Anbau als Sommerung mit einer Aussaat im März ist möglich, doch liegen da die Erträge niedriger. Um zu Blühen und Samen anzusetzen, wird beim Winterroggen eine Kälteperiode benötigt. Als kleine bestockte Pflanze geht der Roggen in den Winter. Die Blüte ist im Mai zu erwarten. Roggen ist ein Fremdbestäuber. Die Bestäubung selbst erfolgt durch den Wind. Wird ein blühendes Roggenfeld betrachtet, ist oft der Pollen zu sehen. Die Pflanzen sind dann umgeben von Pollen und die Antheren, in denen der Pollen gebildet wird, hängen aus den Ähren. Die begrannten Ähren sind vierkantig und können bis zu 10 cm lang werden. Die Ernte der reifen Körner beginnt im Juli. Die Farbe der Halme, Ähren und Grannen ist blaugrün. Auch die geernteten reifen Körner sind nicht hell wie bei Weizen sondern weisen ebenfalls diese blaugrüne Färbung durch Anthocyane auf. Dies ist der Grund, dass die Backwaren aus Roggenmehl dunkel sind. Durch Züchtung ist es jedoch möglich, helle Roggenkörner zu erhalten und zu verarbeiten. Die Backwaren haben dann eine helle Farbe, bestehen aber dennoch aus reinem Roggenmehl und schmecken hervorragend. Geerntet wird das reife Korn, das dann vermahlen und zu Backware verarbeitet wird.
Roggenmehl ist ein ernährungsphysiologisch sehr wertvolles Mehl. An interessanten Inhaltsstoffen konnten die Vitamine B1, B2, B3, B5, B6, B9 und E1, sowie Calcium, Kalium, Magnesium, Phosphor, Eisen, Zink, Kupfer, Mangan, Schwefel, die essentielle Aminosäure Lysin und ungesättigte Fettsäuren nachgewiesen werden. Auch enthält Roggen viele Ballaststoffe, sind doch 4,5 g Ballaststoffe in einer Scheibe Roggenbrot enthalten. Roggenmehl hat einen geringen glykämischen Index, d.h., der Blutzuckerspiegel und damit die Insulinproduktion steigen nicht so schnell an und fallen auch nicht so schnell wieder ab. Die stetige und längere Freisetzung von Zucker hilft uns, Energie über einen längeren Zeitpunkt zu halten und länger leistungsfähig zu bleiben. Bei der Verarbeitung von Roggenmehl ist Sauerteig nötig. Backwaren aus Roggenmehl schmecken kräftiger als Produkte aus Weizenmehl. Auch bleiben die Produkte länger frisch. Ein Grund, öfter Roggenprodukte zu verzehren.
Weltweit werden etwa 15 Millionen Tonnen Roggen geerntet. In Deutschland etwa 3,5 Millionen Tonnen, vor Polen, Rußland, Belarus und Dänemark.
Roggen ist ein hochwertiges Tierfutter, ein Teil wird auch in der Bioethanolprduktion verarbeitet und ist im Benzin zu finden. Ebenfalls zur Herstelllung von Branntweinen, wie Wodka und Korn ist Roggen Ausgangsprodukt.
In Halle legte im Jahr 1878 Ludwig Kühn eine Feldstudie, das „Ewige Roggenfeld“ an. Diese Fläche wurde ständig mit Roggen bestellt und nach wie vor sind noch relativ gute Erträge möglich.
Roggen, eine tolle Pflanze!
Auch im neuen Jahr möchten wir Ihnen wieder interessante Veranstaltungen anbieten. Wir freuen uns über reges Interesse.
Freundeskreis Botanischer Garten Oberholz e.V-
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Hannelore Pohl