Pflanzennamen weisen oftmals auf Besonderheiten der entsprechenden Pflanze hin. So habe ich den Meisterwurz (Peucedanum ostruthium) schon oft gesehen, doch bisher kaum näher betrachtet. Der Meisterwurz, auch unter Anstrenze, Kaiserwurzel, Magisterwurz oder Ostruz bekannt, gehört zur Familie der Doldenblütler.
Sie ist eine ausdauernde Pflanze, kann bis zu 1 m groß werden, trägt nur wenig Laubblätter, blüht von Juni bis August und ist mit einem dicken, braunem Wurzelstock, von dem dünne Ausläufer abgehen, im Boden verankert. Meisterwurz ist eine alte Heilpflanze, die vorwiegend im Gebirge beheimatet ist. In der Antike war sie unbekannt, erlangte aber ab 1560 große Bedeutung, die bis ins 19. Jahrhundert anhielt.
Meisterwurz ist offensichtlich ein Allheilmittel. Verwendet wird vorwiegend die Wurzel, die vor allem ätherisches Öl mit Terpenen, Bitterstoffe, Gerbstoffe, Harze, Flavonoide und Furanocumarine (die bei empfindlichen Personen Allergien auslösen können) enthält.
Meisterwurz ist eng mit Angelika verwandt und wird auch ähnlich angewendet. Die Wurzel schmeckt aromatisch feurig und ruft starken Speichelfluss hervor. Die Droge kann helfen bei Magen-, Darm-, Galle- und Leberbeschwerden, weiterhin bei Gicht, Rheuma und Fieber.
Die Inhaltsstoffe wirken u.a. entzündungshemmend, anitbakteriell, harntreibend, kräftigend sowie stärkend, schleimlösend, beruhigend, appetitanregend und verdauungsfördernd. Die Wurzel scheint wirklich eine Meisterin in ihrer Wirkung zu sein. Auch wird ihr nachgesagt, dass Meisterwurz „dem Meister auf die Meisterin hilft“ und somit als „Ginseng des Ostens“ bezeichnet wird.
Die Droge wird als Pulver, Tinktur, zu Tee oder Abkochungen, in Salben oder Pillen angewendet. Meisterwurz soll auch bei Lebensmittelvergiftungen helfen und ein gutes Vorbeugungsmittel bei Reisen in die Tropen sein. Ist doch bei Reisen in ferne Länder die Herkunft der Gerichte manchmal undurchsichtig. Zur Vorbeugung genügt es, mehrmals täglich eine Messerspitze getrocknete Meisterwurz zu nehmen. In meinem Reisegepäck in ferne Länder wird jetzt immer Meisterwurz vorhanden sein.
In der Tiermedizin findet die Pflanze auch Verwendung, soll sie doch gegen Maul- und Klauenseuche helfen.
Magische Kräfte werden der Pflanze ebenfalls nachgesagt. Trägt man die Wurzel bei sich, soll dies Körperkraft und Willenskraft verleihen. Ein Räuchern mit Wurzeln soll Hexen vertreiben. Um Kühe und Pferde zu beruhigen, wurden diese mit Meisterwurz gefüttert. Doch Vorsicht! Doldenblütler sind sehr schwer zu bestimmen.
Dr. Hannelore Pohl