Noch vor einigen Jahren fiel mir auf, dass oft wunderschön blau blühende Felder zu sehen waren. Beim genauen Hinsehen konnten zarte, mehr oder weniger stark verzweigte Pflanzen mit kleinen Blüten gesehen werden. Lein oder Flachs (Linum usitatissimum) wurde in die Fruchtfolgen eingebaut.
Lein, der zu der Familie der Leingewächse gehört, hat schon eine lange Anbautradition. Befunde belegen den Anbau schon vor 6000 bis 8000 Jahren. Lein hatte bzw. hat Bedeutung als Faserpflanze, wird als Heilpflanze eingesetzt und im Lebensmittel- und technischen Bereich benötigt.
Lein ist eine einjährige Pflanze. Unter einer langen Sonnenscheindauer (mind. 14 Std. Helligkeit) blüht sie recht schnell. Kommt der Samen im zeitigen Frühjahr in die Erde, wird die Pflanze länger und verzweigt sich besser. Die Leinblüte zieht sich etwa 14 Tage hin, wobei eine Blüte nur wenige Stunden blüht. Die Fülle der Blüten ist faszinierend. Der begehrte Leinsamen reift in kleinen Kapseln, die zur Ernte braun gefärbt sind. Auch die Samen weisen vorwiegend eine braune glänzende Farbe auf. Die Samen enthalten 30- 40% fettes Öl, mit einem hohen Anteil ungesättigter Fettsäuren wie Linol- und Linolensäure, 20- 30% Eiweiß und besonders in der Samenschale 3- 10% Schleime.
Allgemein bekannt ist sicher, dass Leinsamen ein mild wirkendes Laxan sind. Durch die Schleime quellen die Samen im Darm auf, vergrößern dadurch das Darmvolumen, so dass die Peristaltik – die Darmbewegung – angeregt wird. Das fette Öl wirkt dabei als Gleitmittel. Leinsamen reizen den Darm nicht und führen auch nicht zu einer Mineralstoffverarmung. Leinsamen darf nicht bei Darmverschluss genutzt werden!
Wegen des Schleimgehaltes hilft ein Aufguss mit Samen als Gurgelmittel bei Entzündungen im Mund- und Rachenraum. Auch bei Reizhusten, Heiserkeit und Magenschleimhautentzündungen hat sich Leinsamen bewährt. Das Auflegen von Brei aus Leinsamen lindert Schmerzen bei Furunkeln und Geschwüren.
Das aus den Samen gewonnene Öl findet Verwendung in der Medizin, im Lebensmittel- und technischen Bereich. Äußerlich aufgetragen heilt es Schrunden (Fersenrisse), Restherde der Schuppenflechte, trockene Hautausschläge und lindert Schmerzen der Gürtelrose. Auch bei Hühneraugen und Warzen soll es wirksam sein.
Für manche Liebhaber ist Leinöl eine Delikatesse. Doch sollte es stets frisch verwendet werden, da es schnell ranzig wird.
Im technischen Bereich hat Leinöl Bedeutung bei der Herstellung von Farben, Lacken und Linoleum. Die erhaltenen Pressrückstände dienen als Viehfutter.
Interessant ist, dass die Leinpflanze beim Knicken nicht zerbricht. Das liegt an den Fasern, die sich im Stängel befinden. Diese Fasern werden gewonnen und sind Rohstoff für die Textil- oder Baustoffindustrie (als Dämmstoffe).
Lein, eine interessante Pflanze, die zu 100% genutzt werden kann. Schauen Sie sich diese Pflanze doch etwas genauer an.
Dr. Hannelore Pohl