Eine der ersten blühenden Pflanzen im Jahr ist das Buschwindröschen (Anemone nemorosa). Unter unzähligen Namen ist diese hübsche Pflanze bekannt, einige davon möchte ich nennen: Alte Weiber, Bettseicher, Blitzblümchen, Fleischblume, Hexenblume. Kaffeeblume, Kühhunger, Schafblümchen, Osterchen, Schneegacke, Weißes Hundsveilchen.
Das Buschwindröschen gehört zur Familie der Hahnenfußgewächse. Zu finden ist die Frühjahrsblume in krautreichen Laub- und Nadelwäldern, auf Bergwiesen sowie frischen und nährstoffreichen humosen Böden. Zahlreiche weiße Blüten erfreuen uns, wenn im Frühjahr die Baumkronen noch unbelaubt sind. Die einfallenden Sonnenstrahlen genügen den Pflanzen als Lichtquelle. Die Pflanzen sind ausdauernd und überwintern mit einem unterirdisch kriechenden Rhizom als Speicher- und Überdauerungsorgan. Die Blütezeit erstreckt sich von März bis Mai. Nach der Bestäubung entwickeln sich Samen, die verstreut werden. Danach ziehen die oberirdischen Teile der Pflanze ein. Die Nährstoffe für die kommende Vegetationsperiode werden in den Rhizomen gespeichert.
Die Blüten halten sich nicht in der Vase, da die Pflanzen keinen Verdunstungsschutz besitzen und sofort die „Köpfe hängen lassen“. Die nötige Feuchtigkeit zum Blühen erhalten sie aus dem Boden.
Buschwindröschen wurden ausschließlich in der Volksheilkunde genutzt. Als Inhaltsstoff ist das Protoanemonin zu nennen. Dieser Stoff sowie die gesamte Pflanze sind giftig! Eingesetzt wurde die Pflanze äußerlich zur Behandlung von Gelenkbeschwerden, Brustfellentzündung und Bronchitis. Homöopathische Zubereitungen aus frischen Blüten werden bei zu starken Menstruationsblutungen und bei Hauterkrankungen empfohlen. Blätter und Blüten haben einen brennenden Geschmack und verursachen Blasen, wenn sie auf die Haut gelegt werden.
Nach dem Volksglauben mancher Gegenden soll das Einreiben der Augen mit den im Frühjahr zuerst gefundenen Anemonen das ganze Jahr vor Augenkrankheiten schützen. Auch bei Schmerzen im Magenbereich, bei Gicht, Rheuma und Hautkrankheiten soll sich das Buschwindröschen bewährt haben.
In der Literatur war zu finden, dass die Kamtschadalen (Ostsibirien) ihre Pfeile mit dem Saft des Buschwindröschens einrieben, bevor sie zur Jagd gingen. In China wurde das Buschwindröschen als Pflanze des Todes bezeichnet.
Bei den Römern wurden die ersten Pflanzen als Zauber gegen Fieber genutzt. Um Krankheiten abzuwehren, wurden die Blüten gepflückt und dazu der Spruch gesagt: „Ich sammle das gegen alle Krankheit“. Die Blüten wurden dann zu einer Kette gefädelt und diese dem Erkrankten um den Hals gehangen.
Interessant ist auch die Bedeutung des Namens. Anemone, dass an das griechische ánemos > Wind angelehnt ist, weist auf die schnell abfallenden Blütenblätter hin. Die Bezeichnung Neurose bezieht sich auf waldreich, bewohnend und deutet auf den bevorzugten Standort der Pflanze hin -eine vom Wind gebogene Pflanze- Windröschen. Bald wird sie uns wieder erfreuen.
Dr. Hannelore Pohl